Ortstermin Moers
Das moers-festival bekommt ein neues Zuhause
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper, moers-festival
Auf Hochtouren laufen zurzeit die Ausbauarbeiten in einer ehemaligen großen Tennishalle, die bald als „Festivalhalle“ für Moers-Festival zu Pfingsten vom 6. bis 9. Juni in neuem Glanz erstrahlen wird. Also können der künstlerische Leiter des Festivals Reiner Michalke sowie Ulrich Greb von der Moers Kultur GmbH nach wie vor ruhig schlafen - wie sie beim Besichtigungstermin auf der Baustelle für den Hallen-Umbau einhellig bekundeten. Dies gilt auch für den Architekten Bodo Marciniak, der mit der Umgestaltung der Halle im letzten Jahr beauftragt worden war.
Noch prangt der Schriftzug „Schlosstheater“ über dem Eingang, wurde doch die ehemalige Tennishalle unweit der Moerser Eissporthalle als Theaterhalle genutzt. Soeben sind ganze Lkw-Ladungen an Dämmmaterial in die gewölbte Dachkonstruktion eingebacht worden, nicht zuletzt, um eine optimale Schalldämmung und Akustik in die große, langgestreckte Halle zu bekommen. Die akustische Dämpfung wird vor allem eine wesentlich bessere Isolierung nach draußen gewährleisten, so dass vor allem die leisen und sensiblen Konzerte nicht mehr durch den Festivaltrubel im Außenbereich beeinträchtigt sind.
Jetzt wird diese Dämmschicht mit weißen Holzplatten verkleidet, danach folgt eine farbliche Gestaltung, die künstlerisch attraktiv zu werden verspricht. Heizung und Lüftung stehen noch aus, und schließlich wird die Gesamtlänge der verlegten Kabel circa 40 Kilometer betragen. Aus statischen Gründen muss das Dach noch mit schrägen Zusatzpfeilern abgestützt werden. Zumindest dieses Detail wird an das ehemalige Zirkuszelt im Moerser Park erinnern. Auch die künftige Zuschauertribüne wird wie gewohnt nach oben hin ansteigen - aber es wird vermutlich nicht mehr so laut knarzen, wenn während des Konzertes mal einige Besucher hin- und herlaufen.
Insgesamt sind – und das deckt sich mit den vorfreudigen Erläuterungen von Reiner Michalke und Ulrich Greb - in der neuen Halle wohl die denkbar besten Aufführungsbedingungen für Musik zu erwarten, die das 1972 als „New Jazz Festival“ gegründete Ereignis jemals hatte. Damit sei für Reiner Michalke ein optimaler Rahmen gegeben, um weiterhin in Bezug auf höchstes künstlerisches Niveau keine Kompromisse zu machen. Zumal die Sorgen um Zukunft und Fortbestand des Festivals jetzt nicht mehr die künstlerischen Planungen beeinträchtigen. Alle Überlebensängste in Bezug auf das Festival angesichts der knappen Moerser Kassen scheinen mit dieser räumlichen Neuausrichtung passé. Und Michalke als künstlerische Leiter kann auch deshalb ruhiger schlafen, weil sein Vertrag soeben vom Aufsichtsrat der Moers Kultur GmbH bis ins Jahr 2020 verlängert wurde. 1,3 Millionen Euro hat das Land NRW für den Hallen-Neubau springen lassen, eine halbe Million kam vom Bund hinzu und den Rest, der für eine Gesamtsumme von circa 2,3 Millionen Euro nötig ist, muss die Moers Kultur GmbH selber erwirtschaften. Eine Festivalhalle als nachhaltige Investition lasse sich ja auch das ganze Jahr über kulturell nutzen und habe daher einen Mehrwert für die Stadt. Trotzdem sei der Zuschuss einzig und allein wegen der weltweiten Ausstrahlung des Moerser Festivals geflossen, wie Geschäftsführer Ulrich Greb während des Rundgangs durch die unfertige Halle noch einmal ausdrücklich betonte.
Weiter schärfen kann „Moers“ damit sein Profil als ambitioniertes Konzertfestival, zu dem Musikbegeisterte auch aus dem weiten Ausland anreisen. Man darf dabei den respektvollen Blick auf die Geschichte des Festivals nicht verlieren. Das intensive atmosphärische Flair der riesigen Zeltstadt im Moerser Park, dieser organisch gewachsene Kosmos, zu der auch das altbewährte Zirkuszelt mit der Konzertbühne gehörte, hat dieses Festival zu etwas besonderem gemacht, was es heute über alle Grenzen hinaus repräsentiert. Es besteht auf jeden Fall eine große Verantwortung, den freiheitlichen, ungezwungenen Geist des Festivals weiterleben zu lassen - oder im Idealfall sogar neu zu beleben!
Man muss den Festivalmachern zu Gute halten, dass sie vieles aufbieten, um der neuen Örtlichkeit einen würdigen Rahmen für so etwas zu geben. Es gibt weiterhin Campingareale, allerdings vorrangig für Konzertbesucher, die dann aber auch bewacht sind. Für alle anderen ist der „Umsonst- und draußen“- Charakter durch eine erhöhte „Nur-Camping“-Gebühr deutlich teurer geworden. Dafür kann aber auch ein kleiner Badesee beim Naturfreibad genutzt werden, wenn es hoffentlich mal wieder frühsommerlich werden sollte zu Pfingsten. Gezeltet wird auf den Liegewiesen des benachbarten Freibads Solimare. Wohnwagen und – mobile campieren auf einem Teil des Parkplatzes in unmittelbarer Nähe der Festivalhalle. Immerhin 40 Stände und Buden bilden die künftige „Piazza“, um Konzertbesucher und Festivaltouristen mit kulinarischen Köstlichkeiten und Verkaufsarealen zum Flanieren einzuladen. Und: Die kommende Festivalausgabe ist wieder viertägig. Mehr noch: Schon am Donnerstag sind die Lokalitäten fürs Publikum geöffnet, um erst mal in der neuen Örtlichkeit „heimisch“ zu werden bevor man sich auf die Musik konzentriert. Man darf neugierig in die Zukunft blicken!
Infos:www.moers-Festival.de, Termin: 6. bis 9. Juni 2014,
Location :Festivalhalle Moers, Filder Str. 140, Moers