Bild für Beitrag: Noch drei Mal zur Besinnung kommen | Ein Hochkaräter der Radiokultur wird abgeschafft
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Noch drei Mal zur Besinnung kommen

Ein Hochkaräter der Radiokultur wird abgeschafft

München, 16.12.2023
TEXT: Stefan Pieper | 

Für viele Jahre war "Jazz und Politik" auf BR2 meine echte Lieblingssendung. Lukas Hammersteins elegante Anmoderationen heben den Hörer auf Anhieb auf ein Hochplateau der Geistigkeit – und so geht es auch die ganze Sendung über weiter, was  stets zeitgeschichtlich fundiert und von hoher ethischer Warte geurteilt  durch alle schwierigen Themen in monströser Zeit führt. Lukas Hammerstein und seine Gastautoren haben fast 20 Jahre lang immer den richtigen Tonfall getroffen, was auch jedes Mal neu gegen jeden erregten Meinungspopulismus starkmacht. Auch wenn man mit der eigenen Meinung vielleicht nicht immer auf derselben Linie liegen mag. Was ist überhaupt dieses lautstarke Ding, dass sich „Meinung“ nennt? Demokratie braucht alles, nur kein Schwarz oder Weiß.

Intelligente Themen brauchen intelligente Musik

Der Titel zu einer Sendung, die solche Ideale verteidigt, wird (bzw wurde) mit ebenso viel Leidenschaft ernst genommen: Intelligente Reflexion über was auch immer braucht intelligente Musik. Diesem Anliegen hat sich der BR-Jazzredakteur Roland Spiegel verschrieben, der, immer wieder neu und immer wieder treffend, die passende Musik für die Worte findet und dafür aus dem enendlichen Reservoir des Jazz schöpft. Selbstverständlich werden Titel, Musiker, Album und vielleicht über die näheren Umstände einer Liveaufnahme genannt und auch eine Playlist gibt es. Man kann davon ausgehen, dass durch "Jazz und Politik" ein öffentlich-rechtlicher Bildungsauftrag fast 20 Jahre lang Früchte getragen hat: Wohl manche Jazz-Liebhaber sind durch die Inhalte der Sendung zu tieferem Nachdenken ermutigt worden. Ebenso bekamen Menschen, die auf hochwertiges politisches Feuilleton Wert legen, zuhauf neue musikalische Anregungen und Einsichten in die Vielgestalt jener musikalischen Sparte mit den vier Buchstaben, in der vor allem Toleranz ein Bindeglied ist. Jazz ist ja auch eine Musik, die meist aus besonders engagierten Haltungen heraus entsteht, weswegen Jazz und Politik  gerade in schwierigen Zeiten einander helfen könnten.

Wer bestimmt eigentlich, was abgeschafft wird?

Im Jahr 2024, wo "Jazz und Politik" 20 Jahre alt geworden wäre, ist Schluss damit. Das Format soll einem neuen, vermeintlich jüngeren Konzept weichen, welches mehr Quote bringt etc. - man kann sich schon die Begründungsrhetorik vorstellen, mit der diese aktuelle Kulturzerstörung (in der letztlich meist auch Autoren durch Moderatoren ersetzt werden), jetzt wieder schöngeredet wird. Ersparen wir uns das! Kulturzerstörung ist die Abschaffung dieses echten Hochkaräters der gehobenen Radiokultur allemal. Dabei hat eine öffentlich-rechtliche Institution wie die ARD, welcher BR, WDR etc. unterstehen, die verdammte Pflicht, das Klügste, was diese Welt manchmal noch hervorbringt, seinem Publikum nicht vorzuenthalten.

heute, 16.12.2023
17:05 bis 17:55 Uhr

Krieg der Gefühle“

Samstag, 23.12.2023
17:05 bis 17:55 Uhr

Schöne Bescherung“

Samstag, 30.12.2023
17:05 bis 17:55 Uhr

Auf ins Neue Jahr“



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