Nicht jammern und resignieren - machen
Milli Häuser
TEXT: Bernd Zimmermann | FOTO: Bernd Zimmermann, Milli Häuser
Sie moderiert, organisiert, tanzt, singt, unterrichtet und spielt mehrere Instrumente. Milli Häuser die Organisatorin des Tatort Jazz ist ein Arbeitstier. ruhrjazz.net traf sie im Kulturhaus Thealozzi in Bochum, da wo sie nicht weniger als 32 Mal im Jahr die Reihe Tatort Jazz veranstaltet.
Wenn man vorher ihre Vita liest, vermutet man einer 80-jährigen zu begegnen. Soviel hat sie in ihrem Leben schon gemacht und macht sie noch. Und wenn sie etwas macht, dann richtig. Mit all ihrer Energie, wie z.B. die Jazzreihe Tatort Jazz. Bereits seit 5 Jahren gibt es diese Reihe und Frau Häuser stellt mit einem lächerlich geringen Etat aus dem Stadtsäckel, der im Kulturhauptstadtjahr auch noch vollständig wegen der dramatischen Finanzlage der Stadt Bochum komplett gestrichen worden ist, Woche für Woche z.T. herausragende Jazzmusiker mit der Tatort Jazz Hausband auf die Bühne des Thealozzi. Aber statt zu jammern und zu resignieren zieht sie los und sucht einen Sponsor. Und so kann auch in diesem Jahr, Dank der Unterstützung der Sparkasse Bochum, die erfolgreiche Jazzreihe fortgesetzt werden.
Doch sie will sich auf keinen Fall auf das Eventmanagement reduzieren lassen. Geht auch gar nicht. Denn Milli ist ja eigentlich ausgebildete Tanzpädagogin, studierte in Essen, Bern (CH) und Düsseldorf und zudem leidenschaftliche Musikerin (Gesang | Gitarre).
Ihre Liebe zum Gesang hat sie vom Opa. Der war Sänger und brachte seiner Enkelin in Essen-Werden das Singen bei. Als solche ist sie, beim Jazz ja nichts ungewöhnliches, mit verschiedenen Formationen unterwegs. Mit den Les Monkophoniques (Milli Häuser (voc), Joachim Raffel (p), Uwe Kellerhoff (dr), The Jazz Party (Milli Häuser, voc/git), Martin Scholz (p), Michael Kehraus (kb), Uwe Kellerhoff (dr), der Tatort Jazz Hausband ( Martin Scholz (p), Alex Morsey (b) und Uwe Kellerhoff (dr)) oder dem Lasse Öqist Trio (Milli Häuser (voc), Lasse Öqist (sax), Heinrich Altemeier (git), Eric Richards (kb) und Mitglied des 15 köpfigen Tatort Jazz Orchester u.a. mit Stephan Struck (Trompeter und Arrangeur). Neben ihrer Tätigkeit als aktive Musikerin leitet sie zusammen mit Uwe Kellerhoff die Tatort Jazz Schule und erteilt selber Unterricht.
Aber je nach dem von welcher Seite man die Milli Häuser kennen lernt, immer blitzt die engagierte Eventmanagerin durch, die auch einiges zur kulturpolitischen Situation im Ruhrgebiet zu sagen hat. Welche Meinung sie vertritt kann man schon beim Betreten des Thealozzi erahnen. Dort wird man mit einem Plakat "Kulturhauptstadtfreie Zone" begrüßt. Hierauf angesprochen wird diese sonst so freundliche, nette Frau schon ein wenig sauer und plaudert genervt über die Politik der Kulturhauptstadtmacher.
So wurde sie z.B., so erzählt sie, von den Kulturverantwortlichen der Stadt Bochum beinahe genötigt, auch einen Antrag für ein Kulturhauptstadtprojekt einzureichen. Nach dem Motto "Viel hilft viel". Nach langem Zögern hatte sie sich dann doch dazu überreden lassen. Es sollte ein Bigband-Projekt entwickelt werden. Die Antwort der ruhr2010ler: nicht nachhaltig und nicht kreativ genug. So etwas bringt sie auf die Palme. "Wenn irgendwo etwas Nachhaltiges und Kreatives stattfindet, dann doch wohl im Thealozzi", schimpft sie. Eben halt 5 Jahre Tatort Jazz. Was sie sonst noch über das Programm der Kulturhauptstadt 2010 zu sagen hatte und über die Nachhaltigkeit der oft Millionen schweren Kulturevents, ist nicht immer druckreif. Nur soviel als Resumee: Wäre das, was an Geldern in den sogenannten Kulturhauptstadtprojekten versenkt worden ist tatsächlich in die Kassen der vielen Kulturprojekte geflossen, die oft mit schier unglaublichem persönlichem Engagement durchgeführt werden, sähe die eh schon bunte und vielfältige Kulturlandschaft des Ruhrpotts noch bunter aus und könnte sich letztendlich auch in ihrer Strahlkraft nach außen mit den üblichen verdächtigen Metropolen messen. Aber wie gesagt: Jammern und Resignieren liegt ihr gar nicht.
Sie steht dafür, die Künstler und Initiativen des gesamten Ruhrgebiets zu vernetzen und vor allem endlch das Kirchturmdenken abzulegen. Dann klappt es auch mit der Förderung und Presse, weil funktionierende Netzwerke sich halt selber fördern. Und so schlägt sie zum Ende des Gesprächs dem verblüfften Autor vor, doch im Dezember gemeinsam ein Tatort Jazz Konzert zu präsentieren. Dies, so hätte sie die Erfahrung gemacht, würde die Chancen auf gute Presse erhöhen. Und da müssen wir hin.