Neue alte Klänge
Auf Zeche Carl gibts wieder Jazz
TEXT: Bernd Zimmermann | FOTO: Bernd Zimmermann
Sie ist eines der ältesten und bedeutensten soziokulturellen Zentren der Bundesrepublik - Die Zeche Carl. Seit Anfang des Jahres hat das Kulturangebot eine weitere Farbe hinzubekommen. Neben dem bekannten Angebot von Rock und Punk sowie den bereits legendären Parties gibt es nun auch wieder Jazz zu hören.
Zu verdanken ist das Konny Vossebein. Seit dem 1.8.2009 ist sie nach der Insolvenz der "alten" Zeche Carl die Geschäftsführerin der neu gegründeten "AUF CARL gemeinnützige GmbH". Bevor die gebürtige Paderbornerin in den Ruhrpott kam, war sie 10 Jahre als Mitarbeitern im Bunker Ulmenwall in Bielefeld tätig und betreute freiberuflich die Pressearbeit des moers festivals.
Mit der Einführung einer neuen Jazzreihe soll das Konzertangebot auf Zeche Carl bunter werden. Im ersten Halbjahr 2010 waren bereits Matthias Eick (NO), Elefant9 (NO), Nils Wülker (D) und Eivind Aarset (NO) in der Zeche (wir berichteten). Acts, die das Jazzangebot in der Metrople Ruhr sehr bereichert haben. Ins Programm soll keine schwer verdauliche Kost, sondern eher Crossover Projekte, wie z.B. im August die US-Amerikaner "Living Colour", die eine nicht leicht einzuordnende druckvolle Musik machen. Für die einen sind sie die erste schwarze Hardrock-Band, für die anderen geniale Vertreter des Fusionjazz.
Aber genau das ist es, was es im Essener Norden braucht. Jazz für das breite Publikum. Denn, einst als Vorzeigeprojekt der soziokulturellen Arbeit gefeiert, bekam diese, über die Stadt Essen und das Ruhrgebiet hinaus bedeutende kulturelle Einrichtung immer mehr ein Schmuddelimage. Dieses Image gilt es in den nächsten Jahren abzubauen, was kein leichtes Unterfangen ist und einen langen Atem braucht. Der Jazz soll hierbei genauso helfen, wie auch einige bauliche Investitionen.
Wichtig für Konny Vossebein ist auch die Kooperation mit der hiesigen Jazzszene. Erste Gespräche gab es bereits mit der Jazz Offensive Essen, die bekanntlich seit langem nach einem Essener domicil sucht. Für derartige Veranstaltungen bietet sich in besonderer Weise der Lichthof der Zeche an, der auch ohne Publikum und Musiker (und auch bei Tag) das besondere Ambiente eines Jazzclubs vermittelt.
Es ist schwer zu ermessen, welche Bedeutung der Erfolg der Jazzreihe in der Zeche Carl hat und wer davon profitieren kann. In erster Linie natürlich das Publikum durch ein weiteres hochkarätiges Angebot an Jazzkonzerten. Dazu muss es aber bereit sein, frei von Vorurteilen auf die neue Zeche Carl zuzugehen. Auch die Essener Jazzszene (hier insbesondere die Jazz Offensive Essen) könnte hier Obdach finden. Und unsere gute alte Zeche Carl? Sie könnte mit einem neuen Image im alten Glanz erstrahlen.