Nanne Emelie
Über Barfüßigkeit und Radfahren
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Bernd Zimmermann
Nanne Emelie lebt gerne in Dänemark, aber die Intitialzündung für ihre Karriere als Sängerin erfolgte auf Cuba. Denn dort ist Musik ein extrem zentraler Aspekt im Leben fast aller Menschen. Nanne Emelie wurde sich dort also erst richtig bewusst, dass Singen und Musikmachen auch ihre wichtigste Herzensangelegenheit ist.
Warum tritts du eigentlich barfuss auf?
Ich fühle mich nicht wohl, wenn ich Schuhe anhabe. Ohne Schuhe fühle ich mich geerdeter und freier, deswegen bin ich vor allem auf der Bühne immer ohne Schuhe. Für mich ist Musik ein Vehikel, um den Menschen nah zu sein. Und dafür ist es mir sehr wichtig, auch Boden sehr direkt zu spüren.
Beschreib mal, wie deine Songs entstehen!
Meistens bekomme ich die Ideen zu den Songs, wenn ich Fahrradfahre. Ich habe wirklich die meisten Songs auf meinem Rad kreiert. Es hat immer damit zu tun, dass in meinem Leben etwas passiert. Dass ich über etwas nachdenke. Sowas kommt dann manchmal schon als Songidee ins Bewusstsein. Und mit der Idee kommt auch die Melodie. Danach setze ich mich hin und mache den Song. Aber es ist eine sehr harte Arbeit, die Lyrics auszuarbeiten. Ich finde es oft so schwer, die exakt passenden Worte für das, was ich denke zu finden.
Wie geht es weiter?
Für die Platte arbeite ich mit dem Producer zusammen. Dann arbeite ich auch mit einem anderen Pianoplayer zusammen - und wir fangen an, die Songs zu arrangieren. Dann wird so manches auch re-arrangiert. Die nächste kommende Platte werde ich nun mit meinen Pianisten Niels zusammen produzieren. Ich komme oft zu ihm mit fast fertigen Songs und wir arrangieren ihn dann zusammen.Niels ist ein klassischer Pianoplayer, der auch Opern komponiert und er hat sehr viel Erfahrung mit Arrangieren.
Hast du eigentlich mal Musik studiert?
Eigentlich habe ich erst in Cuba damit begonnen, Gesang und auch klassische Musik. Als ich danach wieder zurück kam, habe ich hier weiter studiert. Und dann wollte ich auch mal in ein richtiges Konservatorium. Nachdem ich in den ersten Tests gut abgeschnitten hatte, bin ich dann im dritten Test durchgefallen und später in noch einem. Da habe ich einfach für mich gesagt: Okay, ich lasse das jetzt bleiben und mache lieber eine Platte!
Das klingt nach einem konsequenten, selbstbewussten Schritt!
Ja, aber ich habe trotzdem immer weiter ganz viel trainiert, aber auf meine ganz eigene Weise. Persönliches Wachstum ist hier das Schlüsselwort. Letztendlich hat so etwas auch meine Atmung besser gemacht. Ich war immer sehr hinterfragend, was mein Leben, meine Spiritualität betrifft.
Deine Songs deuten darauf hin, dass es dir wichtig ist, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen?
Wenn ich über die Straße gehe, gucke ich mir die Menschen an und denke über sie nach. Ich frage mich, wie sie leben und denke mir Geschichten aus.
Warum bist du damals nach Cuba gegangen?
Ich habe schon immer sehr intuitiv gelebt und bin meiner inneren Stimme gefolgt. Ich war mit 17 an der Schule und da kam jemand, der sagte, dass er in Cuba war. Da habe ich sofort gesagt, ich muss da auch hin. Einfach so. Ich wusste nichts über Cuba.
Was hat diese Reise mit dir gemacht?
Ich hatte mich immer schon gefragt, warum wirken die Menschen in lateinamerikanischen oder afrikanischen Ländern so lebensfroh und fröhlich obwohl sie weniger als wir haben – während wir immer so ernst und schlechtgelaunt sind, obwohl wir so viel haben. Vielleicht gerade deshalb - weil wir so viel haben und deswegen ständig in Sorge sind, dies alles zu bewachen?
Also haben die Erlebnisse in Cuba dich dazu bewogen, professionelle Musikerin zu werden?
Ja, sehr stark. Cuba ist ein armes Land mit viel Überwachung. In Cuba zu leben und zu sehen wie die Leute dort kämpfen, führte mir vor Augen, dass ich doch alle die Chancen nutzen sollte, wenn ich schon einem so reichen, freiheitlichen Land lebe, dass mir diese Chancen offeriert. Das ist doch meine Pflicht, oder? Es gibt so viele Länder, wo dies alles nicht ist. Ich habe mir früher als Kind selber versprochen, dass ich immer meinem Herzen folgen will. Und für mich ist die Musik einfach die Sache, die meinem Herzen am nächsten ist.
Ist Cuba wirklich so stark von Musik durchdrungen, wie es oft klischeehaft heißt?
Sie ist ein Part von jedem in Cuba. Jeder tanzt Salsa.
Also kaum Durchdringung durch internationale Unterhaltungsindustrie?
Nein, gar nicht. Es liegt an der etwas abgeschotteten Situation in diesem Staat, wo ganz genau kontrolliert wird, was rein und auch wieder raus geht. Das heißt kurioserweise aber auch, dass es für viele Menschen einfach die beste Lebensperspektive ist, ein Künstler oder Musiker zu sein. Es gibt nicht viele Plätze auf der Welt, wo dies so ist. Das waren alles prägende Erfahrungen, die mich zur Musik als Haupt-Lebensinhalt hingezogen haben.
Was hast du vorher gemacht? In Wikipedia steht unter anderem Eiskunstläuferin?
(lacht) das war ganz früher. Ich habe vor allem einige Jahre als Projektmanagerin gearbeitet, dabei ging es um die Veranstaltungsorganisation für Musiker.
Profitierst du heute von diesen Erfahrungen?
Auf jeden Fall - auch wenn ich mittlerweile zum Glück viel helfende Leute um mich herum habe für all die Organisation. Es ist schon sehr schwer zugleich Künstler zu sein und drum herum auch noch alles selbst zu organisieren.
Gibt es schon neue Projekte?
Ich schreibe gerade noch an den Texten für die neue CD - vieles davon ist bereits fertig. Vielleicht wird diese etwas mehr „underground“ sein – aber ich will noch gar nicht so viel verraten.