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Musikprogramme unterm Sternenhimmel

Gespräch mit H. Schüttemeier vom Planetarium Bochum

Bochum, 26.02.2023
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | 

Das Planetarium Bochum versteht sich nicht nur als Ort zur Vermittlung astronomischer Zusammenhänge, es bietet über den wissenschaftsorientierten Bildungsauftrag hinaus einen Rahmen für andere kulturelle Events. Helmut Schüttemeier, langjähriger Technischer Leiter und Stellvertretender Leiter der Einrichtung, ist ein umfassend interessierter Musikfreund und verantwortlich für unterschiedliche Musikprogramme unter der Kuppel – unter anderem auch für Jazz. Anlässlich des geplanten Konzerts am 09.03.2023 mit Christian Kappe und Marc Brenken führt Heinrich Brinkmöller-Becker mit ihm ein Gespräch.

Du bist verantwortlich für die individuellen Musikprogramme im Planetarium Bochum. Könntest du uns etwas über die Entstehungsgeschichte der Programme erzählen? Wann wurden sie ins Leben gerufen und welche Überlegungen und Ziele standen dahinter?

Natürlich. Herr Prof. Kaminski, Leiter der Sternwarte Bochum und Gründer des Planetariums, hat schon in den Anfangsjahren des Planetariums ab 1964 regelmäßig Musikprogramme aufgeführt, allerdings nur an Feiertagen wie beispielsweise Buß- und Bettag oder Karfreitag. Ich habe diese Tradition 2004 aufgegriffen und fand, dass das Planetarium ein idealer Ort ist, um solche Veranstaltungen auch zu anderen Zeiten anzubieten. So habe ich beschlossen, eine ganze Serie von Musikprogrammen zu starten, in der nicht nur klassische Musik, sondern auch andere Musikgenres eine Rolle spielen. Diese Serie nannte ich "musicSPACE" als Oberbegriff mit den Unterabteilungen „classicSPACE“, „jazzSPACE“, „popSPACE“ und „concertSPACE“.

Wie kann man sich den Ablauf der Musikprogramme vorstellen?

Zunächst überlege ich mir, welche Musik ich in der entsprechenden Abteilung spielen möchte. Manchmal wähle ich Programme aus, die aus Stücken verschiedener Musiker oder Komponisten zusammengesetzt sind. Andernfalls spiele ich auch häufig komplette Werke und Alben. Das Prinzip für die optische Präsentation ist, dass wir keine aufwendigen dreidimensionalen Produktionen hierfür erstellen können. Eine solche Produktion würde mehrere Jahre in Anspruch nehmen, wenn sie von nur einer Person hergestellt würde. Da wir jedoch die Programme oft nur einmal aufführen, wäre dies viel zu aufwendig. Daher begleite ich das Programm live und nutze alle Möglichkeiten des Planetariums, um eine beeindruckende Show zu gestalten. Hierfür setze ich entweder unseren Universariums-Projektor mit seinem atemberaubenden Sternenhimmel oder unser digitales System ein, mit dem ich Flüge durch unser Planetensystem und das gesamte Universum durchführen kann.

Was ist das Besondere an den Musikprogrammen unter der Planetariumskuppel?

Besonders an diesen Veranstaltungen ist, dass ein Raum geschaffen wird, der die volle Konzentration auf die Musik ermöglicht. Die Zuschauer werden nicht von optischen Spielereien oder anderen Ablenkungen gestört und können sich ganz auf das Hören konzentrieren. Wenn es darum geht, eine visuelle Begleitung zur Musik auszuwählen, hängt die Entscheidung oft davon ab, ob die Veranstaltung deutsche Texte enthält, die von den Problemen und Sorgen des menschlichen Alltags hier auf der Erde erzählen. In diesen Fällen finde ich den Flug durch den Kosmos oder Reisen zum Jupiter oder fernen Galaxien thematisch unpassend. Stattdessen beschränke ich mich dann meistens auf den Sternenhimmel, um eine Atmosphäre zu schaffen, die einem lauen Abend im Liegestuhl ähnelt, an dem man in den Himmel schaut. Natürlich bietet der Projektor einige Möglichkeiten zur optischen Abwechslung, wie z.B. die Vergrößerung der Planeten oder die Einblendung von Sternbildern. Für andere Musikformen eignet sich jedoch der Flug durch den Kosmos sehr gut als visuelle Begleitung. Dabei kann ich die Ziele bestimmen und die Geschwindigkeit der Flüge anpassen und thematisch den Mond oder anderes einbeziehen, wenn es sinnvoll ist. So entsteht immer eine konzentrierte und kontemplative Stimmung.

Kannst du etwas über die Auswahlkriterien für die Musik sagen?

Zum einen unterscheide ich zwischen dem Veranstaltungstag und der Veranstaltungszeit. Meistens präsentiere ich am Freitagabend Popmusik und am Sonntagvormittag Klassik. Bei diesen Terminen wähle ich Themen aus, die eher dem Mainstream zuzuordnen sind, da dies beim Publikum besser ankommt und ich freitags auch darauf achte, dass das Haus ausgelastet wird. Für die Veranstaltungen am Donnerstag wähle ich häufig "experimentellere" Musik aus, da der Kartenverkauf hier nicht im Vordergrund steht. Konzerte finden in der Regel donnerstags statt. Allerdings werden auch an Freitag- und Samstagabenden Konzerte veranstaltet, wenn wir ein volles Haus erwarten können.

Was sind deine/eure Erfahrungen bei Jazz-Veranstaltungen, insbesondere im Planetarium?

Unsere Erfahrungen mit Jazzkonzerten unterscheiden sich wahrscheinlich nicht stark von denen anderer Veranstalter. Wenn ein halbwegs bekannter Name auftritt, ist die Auslastung in der Regel ok. Unbekanntere Künstler, insbesondere solche aus anderen Regionen, haben bei uns jedoch oft Schwierigkeiten, genügend Publikum anzuziehen. Ich habe auch festgestellt, dass das Wort "Jazz" in der Ankündigung leider kontraproduktiv ist. Ein Konzert mit derselben Musik wird deutlich besser vom Publikum akzeptiert, wenn das Wort "Jazz" nicht im Titel auftaucht. Das Planetarium bietet dem Publikum und vor allem den improvisierenden Musikern immer eine besondere und inspirierende Umgebung.

Welches sind deine persönlichen Highlights?

Da ich bei allen Veranstaltungen der Reihe "musicSPACE" selbst die Musik auswähle, fällt es mir schwer, ein Highlight zu benennen, da mir alle Dinge, die ich dort mache, besonders gut gefallen. Bei den Konzerten ist es vielleicht etwas anders, da ich nicht die finanziellen Mittel habe, um meine weltweiten Lieblingsmusiker einzuladen. Hier ist jedoch ein persönliches Beispiel, das mich stimmungsmäßig besonders beeindruckt hat. In den 70er Jahren hatte ich das Glück, das Köln‑Concert von Keith Jarrett live zu erleben. Vor einigen Jahren habe ich dann einen polnischen Pianisten kennengelernt, der dieses Konzert auf der Bühne live, aber durchaus eigenständig, aufführt. Ich habe ihn nach Bochum eingeladen, und das Konzert war für mich vor allem aus nostalgischen Gründen ein ganz besonderes Erlebnis.

Ist ein spezifisches Publikum für jazzSPACE erkennbar?

Nein, ich glaube nicht, dass es ein spezifisches Publikum gibt. Allerdings habe ich wahrscheinlich teilweise Besucher erreicht, die normalerweise nicht von sich aus auf solche Musik stoßen würden. Durch den Kontakt über das Angebot „Planetarium“ sind sie zufällig auf diese Angebote gestoßen.

Gibt es besondere Formen von Öffentlichkeitsarbeit?

Das Problem besteht darin, dass die üblichen Werbemethoden, die wir anwenden, das Zielpublikum im Jazzbereich nicht erreichen können. Aus diesem Grund habe ich in letzter Zeit versucht, über Facebook-Anzeigen, bei denen man die Möglichkeit hat, die Interessen der anzusprechenden Leute auszuwählen, dieses Publikum zu erreichen. Bei der Moderation habe ich dann häufig die Besucher befragt, auf welchem Weg sie von uns erfahren haben, und durchaus feststellen können, dass ein nicht sehr großer, aber doch bemerkenswerter Prozentsatz über diese Facebook-Anzeigen auf uns aufmerksam geworden ist.

Siehst du eine wünschenswerte Vernetzung/Kooperation mit anderen Protagonisten der Jazz-/ Kulturszene?

In Bezug auf dieses Thema möchte ich die Gelegenheit nutzen und die Leser dieses Interviews bitten, uns als nicht professionelle Jazzveranstalter möglicherweise Tipps zu geben, wie wir unser Ziel einer größeren Bekanntheit erreichen können.

Was sind deine Zukunftspläne? Sind Änderungen vorgesehen?

Im Moment habe ich keine konkreten Zukunftspläne oder Änderungen für die Reihe. Ich hoffe lediglich, dass sie noch möglichst lange weitergeführt werden kann und dass sich vielleicht sogar noch mehr Zuschauer dafür begeistern können. Ich würde die Leser gerne bitten, falls sie Ideen haben, sich an mich zu wenden, damit wir gemeinsam schauen können, ob wir daraus etwas machen können.

Die nächsten Jazz-Konzerte im Planetarium Bochum:

09.03.2023, 20.00 Uhr: The Moon, the Sky. Christian Kappe (tr) und Marc Brenken (p)

02.05.2023, 20.00 Uhr: Nichts als Steine !?!. Gunda Gottschalk (vln), Eckard Koltermann (sax, cl), Martin Blume (perc)

15.06.2023, 20.00 Uhr: Mitnacht Mond. Matthias Dymke Solo (p)

www.planetarium-bochum.de

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