Musik Kontor Herford
Interview mit Thomas Hagen
TEXT: Heinz Schlinkert |
Nix los in Ostwestfalen in punkto Jazz? Das Gegenteil ist der Fall. Dafür sorgt der Verein Musik Kontor in Herford. Thomas Hagen, dessen langjähriger Geschäftsführer, stand Rede und Antwort. Er ist Redakteur im Ruhestand, spielt selbst Saxophon und wohnt in Bielefeld.
nrwjazz: Hallo Thomas, kannst Du uns etwas über Dich und Deine Arbeit erzählen?
Zuerst einmal bin ich Teil eines dreiköpfigen Vorstands und Mitbegründer unseres Vereins. Zusammen mit meinem Musikfreund Ralf Hammacher (er ist Vorsitzender und fürs Booking zuständig) und fünf Musikbegeisterten haben wir den Verein am 26. Februar 2012 aus der Taufe gehoben. Das ist nun zehn Jahre her und soll am 17. und 18. Juni mit einem Open-Air gefeiert werden. Geplant hatten wir rund sechs bis acht Club-Konzerte jährlich in unserer Stadt Herford. Daraus sind nun in der Regel mehr als dreißig geworden. Und es sind auch Hallenkonzerte und Open-Airs hinzugekommen. Entsprechend hat sich die ehrenamtliche Arbeit auch ausgeweitet. Da ist genug jeden aus unserem rund zwölfköpfigen Team zu tun.
Zu meinem Amt als Geschäftsführer bin ich wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Motto: Einer muss es ja machen. Als langjähriger Print-Redakteur hatte ich mit Bilanzen oder Buchhaltung eher weniger zu tun. In diesem Feld habe ich viel dazulernen müssen. Denn hinter jedem Konzert steckt mehr als nur das Booking der Künstler und Festlegen der Termine. Der Staat ist recht streng und unnachsichtig mit Vereinen, gibt ihnen kaum Hilfestellung. Daher haben wir uns dafür entschieden, einen Steuerberater mit der Aufbereitung der Zahlen und dem Abführen von Geldern ans Finanzamt zu betrauen. Für mich bleibt die Zahlung und die Kontrolle der Rechnungen, die Anmeldung der Konzerte bei der GEMA, das Einreichen der Setlist und die Zahlung der Monatsbeiträge an die Künstlersozialkasse.
Und natürlich muss ein Vereinsvorstand versichert sein gegen mögliche Schäden. Dazu kommt die Meldung der Künstler für die Ausländersteuer. Sie trifft die Vereine besonders hart und bisherige Initiativen, sie auf ein akzeptables Maß (wie zum Beispiel in Österreich) zu bringen, sind gescheitert. Zu diesen Aufgaben gesellt sich bei mir (logischerweise) die Pressearbeit, die Vorbereitung von Abendkasse etc. Ist also eine ganze Menge Arbeit, die ich als Rentner zeitlich gut leisten kann.
nrwjazz: Jazz in NRW, da denkt man erstmal an Köln, dann vielleicht noch an Düsseldorf, Münster und einige Städte im Ruhrgebiet. Wie sieht es mit dem Jazz in Ostwestfalen aus?
In der Tat ist OWL lange Zeit nicht als jazzaffine Region in Erscheinung getreten. Natürlich gibt es eine Reihe von Spielstätten mit einer langen Tradition. So den Bunker Ulmenwall in Bielefeld, den Jazz Club Minden oder die Reihe Jazz in Gütersloh und seit längerem auch die Intitiative Redhorn District im lippischen Horn-Bad Meinberg. Durch die Arbeit des Musik Kontor Herford hat sich die stilistische Vielfalt hier breiter aufgestellt. Wir legen bei der Auswahl den Schwerpunkt auf leichter konsumierbaren Jazz – häufig angereichert mit einer Prise Soul, Funk, R&B oder Rock – und haben auf die Nachfrage vieler Musikfreunde reagiert.
Das hat uns eine Gefolgschaft von aktuell 400 Mitgliedern eingebracht. Hinzu kommt, dass bundesweit aktive Veranstalter durch unsere solitären Projekte auf uns aufmerksam geworden sind. So sind wir inzwischen Teil der renommierten Jazz Nights von Karsten Jahnke und haben zum 25. Geburtstag von Siggi Lochs Label ACT ein kleines Festival inklusive Kunstausstellung im Herforder Museum Marta organisiert. In der Bielefelder Rudolf-Oetker-Halle konnten wir einige Projekte mit Max Herre und WebWeb, Till Brönner, Magnus Lindgren und den Bielefelder Philharmonikern realisieren. Jazzgrößen wie Herbie Hancock, Gregory Porter, Jan Garbarek, Till Brönner, Fado-Star Mariza und zuletzt Wolfgang Haffners Dreamband sind hinzugekommen. Alles von uns ehrenamtlich auf die Beine gestellt.
nrwjazz: Seit Beginn der Pandemie gewinnen digitale Konzert-Formate an Bedeutung. Wie stehst Du dazu?
Wir haben ein paar Streamingkonzerte angeboten. Die Resonanz war unerwartet positiv. Viele Gäste haben gespendet. Doch der technische Aufwand ist hoch, entsprechend auch die Kosten. Es ist einfach nicht das gleiche wie ein Präsenzkonzert – auch wenn die Übertragungsqualität sehr hoch ist. Ich sehe Streamingkonzerte – zumindest für einen Verein unserer Größenordnung – kritisch. Derzeit planen wir keine Neuauflagen.
Inzwischen hört man oft, dass die regionale Presse immer weniger über Jazzkonzerte berichtet. Wie sieht es in Ostwestfalen aus?
Das kann ich – glücklicherweise – über Ostwestfalen nicht sagen. Als ehemaliger Redakteur auch im Kulturbereich habe ich noch Kontakte in die Redaktionen von Print, digitalen Medien und Funk und Fernsehen. Das ist mitunter hilfreich, aber kein Garant für Berücksichtigung von Ankündigungen oder Nachberichterstattung. Insgesamt können wir aber mit den Medien zufrieden sein.
Welche Aussichten hast Du für 2022?
Natürlich ruhen meine Hoffnungen auf einer Eindämmung der Pandemie und tragfähigen Konzertbedingungen. Es ist aktuell schon sehr aufwändig, ein Konzert zu organisieren, abzuwickeln und das auch unter finanziellem Aspekt. Hinzu kommt die starke Zurückhaltung der Konzertgänger beim Ticketkauf. Man kann einfach schlecht planen. Hier wäre es hilfreich, wenn die staatlichen Hilfen fortgeschrieben würden, sodass Veranstalter wie wir sich wenigstens kein blaues Auge holen. Oder gar den Betrieb einstellen müssen. Insgesamt gleicht die Vorausschau einem Blick in die Glaskugel. Aber wir sind trotz alledem zuversichtlich – und hoffen auf Begegnungen mit John McLaughlin (15. März), Branford Marsalis (30. März) und Pat Metheny (19. Mai). Wer informiert bleiben möchte kann gern auf unserer Website www.musik-kontor-herford.de nachschauen.