Multiphonics Festival Köln-Düsseldorf
L`Hijaz Car - Niels Klein – Loom - Aki Takase & Louis Sclavis
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam
L`Hijaz Car aus Strasbourg spielen in einem Doppelkonzert am 10.10. im Stadtgarten Köln mit Aki Takase & Louis Sclavis und am 13.10. in der Jazzschmiede in Düsseldorf mit Niels Klein –Loom.
L`Hijaz Car – orientalische Poesie im modernen Gewand
Unter der Leitung des Oud (arabische Kurzhalslaute) Spielers Gregory Dargent spielen die jungen Franzosen Musik, die arabische, türkische, äthiopische, oder Tuareg Einflüsse hat, aber auch von Avantgarde Jazzern wie Fred Frith oder der hymnischen Musik von Oliver Messiaen beeinflusst ist.
Gregory Dargent sagt dem Publikum, das die Musik Impressionen der Musiker von ihren Reisen und andere Eindrücke ihres Lebens wiedergeben.
L`Hijaz Car erzählen poetische Geschichten. In der Jazzschmiede eröffnen sie mit ihrem Stück Istanbul. Alle Stücke, die sie spielen sind Eigenkompositionen, die meist von ihrer aktuellen CD stammen. Die Musik bewegt sich von feinen lyrischen Elementen bis zu furiosen Temperamentausbrüchen. Traumhafte Lautensoli wechseln mit stark Rhythmus betonten Passagen. Wie auch in der Band von Anouar Brahem ist ein besonderes Kennzeichen der Musik der Band das Zusammenspiel der Bassklarinette mit der Laute.
Aber neben Laute und Kontrabass hat die Band noch ein drittes Saiteninstrument: Tarhu. Langhalsiges Instrument, das in den 80er Jahren von dem australischen Instrumentenbauer Peter Biffin entwickelt wurde. Ein Instrument in dem der Tonumfang verschiedener östlicher Instrumente vereinigt wurde. Nicolas Beck zupft oder streicht die Tarhu wahlweise je nach Stück.
Als Zugabe spielen sie Düsseldorf das Stück 1973 (Mulatu & The Duke). Eine Hommage an den äthiopischen Komponisten und Multiinstrumentalisten Mulatu Astatke, der 1973 auf der Tour Duke Ellingtons in Äthiopien in dessen Band mitspielte. Mulatu, der in Frankreich bekannter als in Deutschland ist, hat mit seiner Musik in den frühen 70ern den Ethio-Jazz begründet.
Das Publikum in Köln und Düsseldorf ist von der Musik von L`Hijaz Car hingerissen.
Gregory Dargent – Oud
Jean-Louis Marchand – Bassklarinette
Nicolas Beck - Tarhu
Vicent Posty – Bass
Etienne Gruel Perkussions
Aki Takase & Louis Sclavis - Yokohama
Auf dem Doppelkonzert in Köln ist L`Hijaz Car zusammen mit ihrem Landsmann Louis Sclavis aufgetreten.
Sclavis spielte mit der in Berlin lebenden japanischen Pianistin Aki Takase ihr gemeinsames Programm Yokohama. Dieses Programm, das auch 2009 als CD beim Intakt Label erschienen ist, entstand zum 150. Jahrestag der Öffnung des Hafens von Yokohama für den Westen.
Yokohama und Louis Sclavis Lebensmittelpunkt Lyon sind Partnerstädte.
Wer ein East meets West Szenario erwartet, liegt falsch. Aki Takase ist mit westlicher Musik, erst Klassik und später Jazz, sozialisiert worden. Takase die für ihren Free Jazz und ihre sperrigen Improvisationen bekannt ist, zeigt davon wenig auf dem Konzert. Ihre Musik ist eher von Be Bop und New Orleans beeinflusst. Louis Sclavis Klarinettenspiel ist sehr emotional geprägt. Die beiden hören aufeinander, gehen aufeinander ein, bleiben aber dabei immer selbstständig. Aki Takase geht ihre Wege und spielt selbstbewusst ihre Musik, die näher bei Fats Waller als bei Cecil Taylor liegt. Ab und an bricht sie ins Freie aus. Sclavis sagt dazu, das es egal welchen Stil man spiele, letztlich komme es darauf an ob tiefe Gefühle entstehen. Und das ist beim Duo Takase/Sclavis der Fall, sie spielen eine Musik voller Tiefe und Eindringlichkeit.
Niels Klein / Loom – The Rebirth Of The Cool
Der Saxophonist und Klarinettist Niels Klein , Mitbegründer des KLAENG Kollektivs, tritt mit seiner Großformation in die Fußstapfen von Gerry Mulligan und Miles Davis. Seine Kompositionen für die Formation Loom knüpfen an den orchestralen Cool Jazz an. Loom besteht aus fünf Holzbläsern, fünf Blechbläsern und einer erweiterten Rhythmusgruppe mit Piano, Vibraphon, Gitarre, Harfe und Bass.
Im Rahmen des Multiphonics Festivals gab die Band sechs Konzerte. Der letzte Auftritt und damit auch der Abschluss des Festivals ist in der Düsseldorfer Jazzschmiede. Die Bühne reicht soeben aus, die 15 Musiker*innen nebst ihren Instrumenten unterzubringen. Niels Klein , der alle Stücke komponiert hat, gibt die Einsetze und spielt selbst Klarinette und Tenorsaxophon.
Die Band ist eine Allstarband der jungen Jazzszene und ist reich bestückt mit WDR Jazzpreisträgern und Echo Preisträgern.
Die Stücke die Loom spielt sind auf der CD, die auf Klaeng Records erschienen ist, zu finden.
Eine Solisten Big Band mit ungeheuren Klangmöglichkeiten. Die Musik von Klein ist ein Wechsel von fetten Unisono Klängen und komplexen Strukturen, die immer wieder mit großartige Soli durchsetzt sind. Man spürt die langjährige Kompositionserfahrung von Niels Klein mit Großformationen wie der NDR Bigband oder dem Bundesjugendorchester. Seine Inspirationen holt sich Klein oft aus der Literatur, von Shakespeare ebenso wie von Stanislaw Lems Solaris. Aber er ist nicht nur Komponist, sondern auch ein exzellenter Holzbläser und spielt wunderbare Klarinetten - und Saxophonsoli. Als er das letzte Stück in der Jazzschmiede ansagt, gibt es ob der herausragenden Musik Protest im Publikum. Als Zugabe gibt es dann noch ein Stück, in dem auch Pablo Held noch ein Solo bekommt, das er über einen dunklen Bläsersatz spielt. Niels Klein ist mit seinen Kompositionen und Arrangements für Loom eine moderne Transformation des orchestralen Cool Jazz in die heutige Zeit gelungen. Ein Dank an das Multiphonics Festival, denn ohne dieses Festival wären die aufwendigen Auftritte dieser Großformation sicher nicht möglich gewesen.
Niels Klein , Wanja Slavin, Leonard Huhn, Heiko Bidmon, Steffen Schorn:
Soprano-, Alt-, Tenor-, Bariton- und Bass-Saxophone, Eb-Tubax, Bb-, Alt-, Bass- und Kontra-Alt-Klarinetten
Stephan Meinberg, Matthias Schriefl, Ludwig Himpsl, Johannes Lauer, Mattis Cederberg
Trompete, Flügelhorn, Bassflügelhorn, French-Horn, Euphonium, Posaune, Bassposaune, Tuba
Pablo Held , Kathrin Pechlof, Dierk Peters , Frank Wingold
Piano, Harfe, Vibraphon, Gitarre
Robert Landfermann , Jonas Burgwinkel
Bass, Schlagzeug