Bild für Beitrag:  Multiphonics Festival 2020 | Interview mit Annette Maye auf Radio 674fm

Multiphonics Festival 2020

Interview mit Annette Maye auf Radio 674fm

Köln, 01.10.2020
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam

Seit sieben Jahren gibt es das Multiphonics Festival rund um die Klarinette. Die Leiterin ist die in Köln lebende Klarinettistin und Komponistin Annette Maye . Anläßlich des bevorstehenden Festivals 2020 hat Annette am 27.9. im Radio 674fm in der Sendung Jazz and beyond von Uwe Bräutigam einen Überblick über das kommende Multiphonics Festival gegeben.

Anette, was hat Dich dazu gebracht ein Festival rund um die Klarinette zu gründen?

Die Idee das Multiphonics Festival zu gründen kam im Jahr 2011/2012 auf, inspiriert von meinem Kollegen Murat Coskun aus dem Ensemble Fis Füz, der seit vielen Jahren ein Rahmentrommel Festival in Freiburg macht.

Und es gibt meines Wissens kein Festival für improvisierte Klarinettenmusik, also außerhalb der klassischen Musik. Ich wollte Klarinette als Jazzinstrument, aber auch als Instrument der Avantgarde, der Folklore verschiedener Richtungen und auch von Mischformen, vorstellen.

In meinem eigenen Werdegang bin ich oft an Grenzen gestoßen und habe erlebt, dass es für Klarinettistinnen und Klarinettisten keine Ausbildungsmöglichkeiten gab. In Jazz Workshops lief die Klarinette immer nur nebenbei. Wir wollten nun ein Festival machen für Klarinettistinnen und Klarinettisten, die das Instrument in seinem ganzen Facettenreichtum zeigen, in ihren klanglichen Möglichkeiten und wo wir auch die ganze Klarinettenfamilie vorstellen möchten. Nicht nur die B-Klarinette, sondern auch die Bassklarinette, die jetzt auch viele kennen gelernt haben, da sie oft von Saxophonisten als zweites Instrument gespielt wird, sie ist wiederentdeckt worden. Aber auch Alt-Klarinette, S-Klarinette, Kontraaltklarinette, Kontrabassklarinette, Bassetthorn und alles was zur Klarinettenfamilie gehört. Dann wollten wir auch Workshops anbieten speziell zu Klarinettenthemen.

Trotz Corona Pandemie wird es ein Festival 2020 geben?

Wir sind sehr froh, dass wir das Multiphonics Festival auch in diesem Jahr unter dem Zeichen von Corona durchführen können. Wir haben das Festival aus diesem Grund verkleinert, weil ein Teil der internationalen Musiker*innen Schwierigkeiten haben zu kommen oder bestimmten Quarantäneauflagen unterliegen. So haben wir uns entschlossen ein Festival ausschließlich mit Künstlern aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden zu machen.

Wir haben ein Konzert am 2. Oktober in der der Düsseldorfer Jazz Schmiede und am 9. und 10. Oktober im Alten Pfandhaus in Köln. In Düsseldorf werden zwei Gruppen spielen und an den Tagen in Köln werden jeweils vier Gruppen spielen.

Was dürfen wir vom Multiphonics Festival 2020 erwarten?

Zu erwarten ist ein sehr gemischtes Programm. Es geht los mit Paul Heller `s Swing All Stars. Das ist wirklich schöner gediegener melodischer Mainstream Jazz. Paul Heller als Tenorsaxophonist der WDR Big Band ist dem hiesigen Publikum sehr bekannt. Er hat eine eignen Konzertreihe, wo er Gäste einlädt. Wir haben schon seit Jahren eine Zusammenarbeit mit ihm. Wir haben immer mit seiner Big Band kooperiert. Dieses Jahr ist es zu schwierig mit einer Big Band zu arbeiten und er kommt in einer Sextett Besetzung zu uns. Er hat zwei Klarinettisten dabei, Engelbert Robel und Fiete Felsch von der NDR Big Band, seinen Bruder Igmar Heller am Bass, Jörg Achim Keller am Schlagzeug und Hubert Nuss am Piano. Hubert Nuss habe ich in meinem eigenen Studium an der Musikhochschule als Dozent erlebt und ich freue mich auch in wieder zu treffen.

Dann haben wir ein sehr schönes Duo mit Stefan Karl Schmid und Lars Duppler, die beide durch ein Elternteil isländischer Herkunft sind und das ist ihrem Programm Rimor auch deutlich zu hören. Das Duo ist eine Neuheit für uns. Ich glaube, dass sieses Duo auch gar nicht so regelmäßig spielt. Wir haben es zufällig entdeckt. Stefan Karl Schmid haben wir schon länger aus Klarinettisten angedacht. Er ist ja als Saxophonist bekannt. Ich habe ihn zufällig einmal Klarinette spielen gehört und fand das ganz toll, dass er als Saxophonist so schön auf der Klarinette klingt. Im Duo mit Lars Duppler kommt der Klang der Klarinette wunderbar zum Tragen. Das Programm Rimor ist sehr elegisch, atmosphärisch und bildreich.

Lars Duppler spielt nicht nur Piano sondern auch Fender Rhodes und setzt auch elektronische Effekte ganz sachte und ästhetisch ein. Ich freue mich auf eine ganz schöne bildreiche ruhige Musik.

Wir haben auch eine Premiere. Es wird ein neues Kollektiv, das sich diesen Sommer gegründet hat, spielen. Es nennt sich Beyond the Roots und ist ein Kollektiv mit verschiedenen außereuropäischen Instrumenten und Instrumentalisten. Ein Weltmusikkollektiv, das seine eigene Musik komponiert und dabei an die Schnittstellen zur Avantgarde und zum Jazz geht und die Improvisation spielt im Projekt eine sehr große Rolle.

Die Band Jin Jim haben wir vor einigen Jahren bei den Leverkusener Jazztagen erlebt und waren ganz hin und weg. Jin Jim ist eine Jazzrock Fusion Band aus dem Rheinland, aus Bonn.

Die Band gruppiert sich um den Flötisten Daniel Manrique-Smith, den ich auch aus verschiedenen Projekten aus meiner Studienzeit noch kenne. Er ist sowohl in der Klassik als auch im Jazz total versiert und hat einen wunderschönen Ton auf der Flöte. Jin Jim hat eine rhythmisch sehr komplexe Musik, mit tollen Harmonien und wunderschönen Melodien. Eine sehr anspruchsvolle Musik, die sehr eingängig ist und Einflüsse aus südamerikanischer und indischer Musik, aus Jazz und Pop, auch aus der Klassik. Eine wirkliche Fusion Band. Da das Multiphonics Festival ein Klarinetten Festival ist, gibt es auch zwei Stücke, wo ich mit der Klarinette einsteigen werde. Wir haben gesagt, wir machen dieses Jahr eine Ausnahme und nehmen diese Band ohne Klarinette, weil sie so toll ist.

The Persian Side of Jazz ist ein Projekt aus Wien. Wir haben dieses Jahr einen kleinen Österreich Schwerpunkt mit Gina Schwarz, Woody Black 4 und Perian Side of Jazz.

Es ist ein Projekt des iranischstämmigen Gitarristen Mahan Mirarab. Er ist im Iran geboren und aufgewachsen und kam als junger Mann nach Wien und hat sich viel mit Jazz beschäftigt.

Er sucht eine Verbindung von modernem Jazz und seinen eigenen persischen Wurzeln. Er bringt eine tolle Klarinettistin mit, Mona Matbou Riahi, die auch schon vor vier Jahren auf dem Festival war, Eine junge Iranerin, die auch in Wien lebt. Martin Berauer ist am Bass und Amir Wahba spielt Perkussion.

The Clarinet Trio ist ein festes Trio aus Berlin, das ich vor einigen Jahren auf der Jazz Ahead gehört habe. Die drei Musiker sind Gebhard Ullmann an der Bassklarinette, Michael Thieke Altklarinette und Jürgen Kupke Klarinette. Ich finde es sehr schön das drei unterschiedliche Klarinettentypen miteinander spielen. Die Altklarinette hört man ja auch nicht all zu oft. The Clarinet Trio macht frei improvisierte Musik. Es sind drei Spezialisten für den frei improvisierten Jazz, bzw. für frei improvisierte Musik, es muss nicht immer einen Jazz Bezug haben. Jügen Kupke war auch schon vier Mal auf unserem Festival in unterschiedlichen Besetzungen. Wenn Bands aus Berlin kamen, dann war meistens Jürgen auch dabei. Ich schätze ihn sehr. Letztes Jahr war er mit dem Pianisten Hannes Zerbe da, die ein wunderbares Duoprogramm Round about Hans Eisler im Loft in Köln gespielt haben. Ich freue mich, dass Jürgen Kupke wieder dabei ist.

Gibt es auch wieder eine Auftragskomposition für das Festival?

Ja, auch in diesem Jahr werden wir ein eignes Festivalprojekt haben. Wir haben jedes Jahr einen Künstler oder eine Künstlerin, die speziell für das Multiphonics Festival komponiert. Dieses Jahr haben wir uns für eine Künstlerin aus Wien entschieden, Gina Schwarz, eine Kontrabassistin. Sie wird für das Ensemble Multiphonics 8 komponieren. Es ist ein Ensemble für vier Klarinettistinnen plus Rhythmusgruppe. Das Festivalprojekt ist immer so, das die Musiker*innen des Festivals mitspielen und andere hinzugeholt werden, damit wir eine vollständige Besetzung haben.

Sie hat dreizehn Stücke geschrieben. Wir haben jedes Jahr ein Ensemble mit vier Klarinettistinnen und unterschiedlichen Komponistinnen. Es klingt immer ganz ganz unterschiedlich und man darf gespannt sein, wie es dieses Jahr klingt.

Gina Schwarz, habe ich auf der Jazz Ahead letztes Jahr kennen gelernt. Eine sehr sympathische Person, mit der ich mir sofort vorstellen konnte zusammenzuspielen. Und da entstand die Idee, sie für dieses Jahr als Festival Komponistin einzuladen. Dieses Jahr sind es acht Musiker*innen plus Gina, die selbst Bass spielen wird, die die neuen Kompositionen von ihr auf die Bühne bringen werden. Die vier Klarinetten werden von Mona Matbou Riaha, Alex Simu, Klaus Gesing und mir gespielt. Dann wird Hans Lüdemann am Klavier sein, Mahan Mirarab an der Gitarre und Peter Kölsch, ein langjähriger Weggefährte von mir, am Schlagzeug. Als Special Guest haben wir Daniel Manrique-Smith.

multiphonics-festival.com

Internetradio 674fm : Jazz and beyond mit Uwe Bräutigam jeden 2. und 4. Sonntag im Monat von 11-12.30 Uhr


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