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"Man ist ja auch Romantiker"

Interview mit Nils Landgren

Düsseldorf, 09.10.2011
TEXT: Sven Breidenbach | FOTO: Sven Breidenbach

In den letzten 14 Tagen trat Nils Landgren, einer der erfolgreichsten europäischen Jazzmusiker gleich dreimal im ruhrjazz.net-Sektor auf. Sven Breidenbach von der rj-Redaktion nutzte die Gelegeheit und traf N.L. vor seinem Auftritt in Düsseldorf zu einem Interview.

rj: Was war Dein erstes Auto?
Nils: Mein erstes eigenes Auto war ein Ford Taunus 17M, -mit 3-Gang Lenkradschaltung und einer durchgehenden Sitzbank.

rj: Das war nun die erste Frage die nichts mit Jazz zu tun hat…..

Nils: … aber das war damals ziemlich jazzig…

rj: Es ist beeindruckend, was Du mit und neben der Musik für viele Projekte machst. Du hast zum Beispiel durch Dein Patenkind Anders, der für Ärzte ohne Grenzen in Kenia gewesen ist, den Anstoß oder den Impuls für dein Projekt „Funk For Life“ bekommen. Jazz ist für dich sehr wichtig und Familie auch….

Nils: … alles im Leben ist wichtig. Jazz ist natürlich ein Großteil von meinem Leben, damit verdiene ich natürlich auch mein Geld, gleichzeitig habe ich damit meinen musikalischen Spaß. Familie und vor allen Dingen interessieren mich die Menschen drumherum…

rj: ... und Du hast noch weitere Patenkinder….

Nils … ja ich habe viele Patenkinder….

rj: … plus die nun in Afrika….

Nils: Ja, jetzt habe ich richtig viele Patenkinder. Es sind ja einige Hundert. Da ich keine eigene Kinder habe -meine Frau und ich haben keine bekommen-, finde ich es wichtig, das man etwas Gutes tut, wenn möglich. Und wenn es geht, dann tue ich das auch.“

rj: Und wie ist Deine Beziehung zu den Patenkindern? Bringen Sie Dir noch etwas bei, oder wie ist das?

Nils: Das ist unterschiedlich, die in Schweden sind ja alle erwachsen, haben inzwischen eigene Familien und wir sehen uns nicht so oft. Aber wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Die Kinder in Kenia sind zum Großteil alles Waisenkinder und wir sehen uns auch nicht so häufig. Die sind ja in Afrika. Und von denen kann ich eine Menge lernen. Sie haben ja schon viel verloren, und trotzdem lachen Sie.

rj: Es gibt ein Zitat „Kinderlärm ist Zukunftsmusik“, würdest Du das unterschreiben?

Ich habe nie in diese Richtung gedacht, aber warum nicht. So lange es klingt, sehr gerne.

rj: Du bist nun gerade mit dem Viktoria Tolstoy Quintett auf Tour und bis fast zum Jahresende bist ja fast keinen einzigen Tag nicht unterwegs, wie schaffst Du das?
Nils: Das stimmt. Wie zum Beispiel eben, lege ich mich hin, wenn ich etwas Zeit habe und versuche mich auszuruhen. Ich habe seit vorgestern einen Hexenschuss und der muss auch weg. Aber ich bin im Großen und Ganzen ein positiver Mensch. Ich liebe das, was ich zum Glück machen darf. Die Musik. Besser geht es nicht.

rj: Die Posaune ist in Schleswig Holstein 2011 „Instrument des Jahres“, Du bist dafür der Schirmherr. So ist in diesem Jahr –vielleicht auch nur in Norddeutschland- ein großer Fokus auf die Posaune gerichtet, macht es Freude, dass ein Instrument so wieder in den Vordergrund kommt?


Nils: Na klar, ich weiß zwar nicht inwiefern es wirklich in den Vordergrund kommt. Aber allein die Tatsache, dass es so einen Einsatz gibt von den Leuten in Schleswig Holstein, also vom Landesmusikrat zum Beispiel, und das auch die Politiker das so sehen. Und wenn die sich dafür engagieren, dann mache ich das auch gern und mit Freude.

rj: Es sind ja ganz viele Projekte bei denen Du mitmachst und Dich einsetzt. Zur Verfügung stehst. In einem Interview hast Du einmal erzählt, dass Dein Vater Dir beigebracht hat nicht über Deine Träume zu sprechen, sonst sind es keine Träume mehr. Deine Entwicklung war so umfassend, vom langhaarigen Sänger in Schweden, dann Deine klassische Ausbildung, der Weg zum Jazz und nun Deine Freude am Funk. Was kommt nun als nächstes?

Nils: Also gerade spielen wir keinen Funk. Wir spielen ja ganz ruhigen Jazz, zumindest auf dieser Tour. Mit dem Quartett also noch mit drei ganz großen Musikern, Michael Wollny, Lars Danielson und Rasmus Kihlberg. Und für mich ist entscheidend, dass es Musik ist und nicht was das für welche ist, also Funk, Balladen oder etwas anderes. Für mich ist es ein Reiz und mir ist die Musik wichtig. Nicht die einzelnen Schubladen. Um mich weiter zu entwickeln möchte ich weiter auch verschiedene Sachen machen. Wenn ich nur ein Ding machen würde, könnte ich das nicht aushalten. Und es ist ja so für alle. Nur bei der Musik kommt die Frage, warum machst Du das und nicht etwas anderes. Dabei fragt niemand einen Sportler, warum spielst Du heute Fußball und morgen Handball? Es ist ja nur, weil es Spaß macht. Bei mir ist das genauso.

rj: Du bist ja Wassermann und deine letzte, also die jüngste CD und hoffentlich nicht die Letzte „The moon, the stars and you“ hat den Mond als Hauptthema. Siehst Du hier die Beziehung zum Mond, der die Gezeiten beeinflusst als Wassermann, oder ist es mystisch, lyrisch oder wie siehst Du das?

Nils: Die Verbindung kann man überall sehen. Ohne Mond und Sterne würden wir ja gar nicht existieren. So kann man es auch sehen. Es ist ja eine ganz existenzielle Frage, das interessiert mich auch. Für mich kommt dabei in erster Linie die hunderte von schönen Kompositionen mit dem Thema Mond in Betracht. Das wollte ich gerne machen und für mich selbst sehen, was kann ich da bewegen? Als Wassermann ist man ja auch ein Romantiker und diese Seite wollte ich gerne weiter pflegen, das habe ich in den letzten paar Jahren nicht so viel gemacht.

rj: Der Mond gibt viel Kraft. Gibt es für Dich spezielle Plätze an denen Du das genießen kannst, oder ist das nichts für Dich?

Nils: Also das beste Erlebnis, was ich in diesem Zusammenhang genossen habe war auf der Insel Formentera. Im Dunkeln mit meiner Frau zum Meer zu gehen und dort zu sehen wie der Mond als großer orangener Ball am Horizont steht. So spektakulär habe ich das bis dahin und danach nie wieder erlebt. Ich würde gern noch einmal zurückfahren um das noch einmal zu erleben.

rj: Die Botschaft in Deiner Musik, Du sagst selbst davon Sie bringt dir viel Lebensfreude und Energie, siehst Du noch eine weitere Botschaft in der Musik?

Nils: Ja, ich möchte das ja gerne rüberbringen. Meinem Publikum, jung und alt, auch wenn ich neue Menschen als Fans gewinne, möchte ich die Freude die ich selber bei der Musik habe und spüre sehr gerne vermitteln. Denn wenn man Musik macht muss es auch zwingend immer einen Empfänger geben. Wir können als Band gut untereinander kommunizieren. Wenn wir aber kein Ziel, Adressat oder Empfänger dabei haben, dann bringt es nicht viel. Also wir brauchen unser Publikum und wir wollen es mit ins Boot holen. So entsteht Kommunikation und dann ist Musik wirklich phantastisch. Ich sehe die Musik als Brücke, als universelle Quelle von Freude und Verständnis und sie ist so ein Kommunikator. Und das ist es, was ich jedes Mal wieder versuche zu erreichen. Und das merke ich immer wieder, -egal wo ich bin- die Musik ist eine Sprache bei der wir miteinander reden müssen und alle können es verstehen. Ohne ein einziges Wort zu verstehen. Egal ob das in China, in Kenia oder Malaysia, Südschweden oder Bochum sind. Und es funktioniert überall, das ist entscheidend, davon leben wir, davon träumen wir. So ist das.

rj: Apropos Bochum. Dort hast Du ein Projekt „Nils and friends“ und ihr spielt in einer Kirche. Was ist daran das Besondere? Wie ist das entstanden?

Nils: Ich habe über viele Jahre überlegt, was man mit dem Thema Weihnachten musikalisch machen kann. Ich habe vieles gesehen und meistens fand ich es sehr überlastet mit allem. Das ist fast wie Weihnachten selbst. Das ist wie ein Einkaufszentrum. Ich wollte das gerne ein bisschen anders machen. Natürlich will ich auch meine Musik verkaufen. Aber in erster Linie wollte ich etwas anderes machen. Ich wollte Musik ohne Glanz und Gloria spielen. Das ist in Bochum sehr gut gelungen. Wir sind dabei sehr bodenständig und in der Kirche. Es scheint, dass die Leute das sehr mögen und wir mögen es für die Leute Musik zu spielen. Wir lieben diese Art, wo alles außer der Musik weg ist. Und das ist zum Beispiel auch Kommunikation.

rj: Vielen Dank für Deine Zeit und das Interview.

Nils: Vielen Dank für dein Kommen!

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