Kölsches Urgestein
Mandolinist JP Weber über sein Konzert mit Michael Kuhl
TEXT: Dr. Michael Vogt |
Von vielen wird JP Weber nur „Die Flitsch“ genannt. Ein Virtuose der Mandoline, die er persönlich vom Kölner Urgestein Hans Süper geschenkt bekam. Normalerweise ist JP Weber als Kabarettist in seiner kölschen Muttersprache unterwegs – sein Humor, seine kölsche Art, die Texte und Krätzjer, die er vorträgt, sind sein Markenzeichen. Darüber hinaus hat er sich aber auch als Komponist einen Namen gemacht – über 400 Werke aus seiner Feder werden von zahlreichen Kölner Bands gesungen.
Entsprechend war er auch die beste Wahl, als es darum ging, 2022 einen Willi Ostermann gewidmeten Jazz-Abend mit „Krawall de Cologne“ für den Jazzclub Hürth zu retten. Und das gleich im doppelten Sinne, denn JP Weber startete seine Musikerkarriere als Jazzer. Als solcher präsentiert er sich zusammen mit Michael Kuhl, Trompeter mit Karnevalshintergrund, am 22. und 23. September im Jazzkeller Hürth. Was das Publikum erwartet, erzählt er im Interview.
JP Weber, dem Hürther Publikum sind Sie bekannt, seitdem Sie ein Konzert zum Thema Willi Ostermann gerettet haben.
Ja, damals fragte der Jazzclub an, ob ich nicht kurzfristig für Jürgen Schockmann einspringen könnte, damit der Abend mit Ostermann-Liedern, stattfinden konnte. Ich muss gestehen, dass ich nicht immer ein Fan davon bin, wenn man den Karneval in einen Jazzkontext bringt. Das Eine hat eine Kultur und das Andere eben auch. Man muss meiner Meinung nach nicht immer alles zusammenbringen. Aber da die Willi Ostermann Gesellschaft Köln 1967 e. V. hinter dem Konzert stand, habe ich zugesagt! Das Konzert fand zusammen mit „Krawall de Cologne“ statt – angeführt von Hans-Günter Adam…
…dem Wahnsinnigen! Das meine ich übrigens vollkommen positiv. Er ist ein guter alter Kollege, den ich noch aus Zeiten kenne, wo ich selbst dem Jazz frönte. Er hat mir den Hintergrund des Projekts erläutert, worauf ich dann gesagt habe: „Pass auf, du machst deinen Jazzteil, ich mache meinen üblichen kabarettistischen Vortrag und bastle dann hier und da mal einen Ostermann-Titel rein.“ Da ich, das betone ich immer, selbst Liedermacher bin – also niemand, der nachspielt – musste ich erst in meinem Kopf kramen, bis ich wieder ein paar Ostermann-Titel auf der Pfanne hatte.
Sie sehen sich als liederschreibender Kabarettist. Und zwar op Kölsch!
Ich mache alles in der kölschen Sprache! Das Ripuarische gibt einem die Möglichkeit, mit Begriffen zu spielen und Dinge zu sagen, die man mir im Hochdeutschen tatsächlich nie erlauben würde. Ich stelle fest, dass Kölsch so anerkannt ist, wie es das vorher nie war. Und das ist der jahrzehntelangen Arbeit solcher Formation wie den Bläck Fööss zu verdanken, die an die Schulen gegangen sind, dort Lieder gesungen oder mit 2000 Kindern in die Philharmonie gegangen sind. Es gibt in diesem Bereich sehr viel Bewegung und ich würde sagen, dass im Kölner Liedgut heute mehr Kölsch vertreten ist als in den 1960er Jahren – da wurde weit häufiger Hochdeutsch gesungen.
Aber dafür sprach man Kölsch auf der Straße.
Weil die Leute nicht umschalten konnten. Damals sprach man Kölsch oder man sprach es nicht. Heute können die Menschen ganz selbstverständlich von der einen in die andere Sprache wechseln.
Ihre Musikerkarriere begann mit Jazz, auch wenn Sie kaum noch in diesem Genre unterwegs sind.
Im jungen Alter von 13 Jahren betrat ich zum ersten Mal einen Jazzclub und damit eine Welt, die es mir erlaubte, den Generationskonflikt voll auszuleben!
Da taugt Jazz heute nicht mehr unbedingt zu!(lacht)
Aber damals war das für einen 13-Jährigen ein echtes Wow-Erlebnis. Dazu kam der Film „Die Blues Brothers“, der mit Jazz zwar nichts zu tun hat, aber für mich einen wichtigen Einstieg in die Jazz-Welt bedeutete. Ich finde es übrigens immer noch seltsam, dass sich Musiker weiter so stark voneinander abgrenzen und darauf besehen, Jazz, Blues oder was auch immer zu machen. Ich sehe da wirklich keinen echten Unterschied. Ich ging also zum Jazzstudiums nach Maastricht, wo damals die Ausbildung viel besser war als in Köln. Da ging es auch um das Ringen um Identität. Man spricht dann auf einmal ganz viel Englisch und meint, man käme geradewegs aus Chicago. Aber irgendwann einmal bemerkte ich, dass ich karrieremäßig an einen Punkt gekommen war, an dem ich nur noch auf der Stelle trat. Ich hatte mich gewissermaßen verfahren und war nur noch im Schattenflug unterwegs. Das war nicht gut. Und aus dieser Situation hat mich die kölsche Musik herausgeholt. Eine Musikszene, die ich im Übrigen lange belächelt habe!
Wie kam es ausgerechnet zu diesem Schwenk?
Nun, ich war natürlich seit meiner Kindheit mit dem Karneval verbunden…
…also immer jeck!
Immer! Mein Vater war Musiker im Karneval. Das spielte eine gewichtige Rolle in meiner Biografie. Und dann kam dazu ein konkretes Ereignis: Ich spielte damals eine Produktion mit den Black Fööss, die nannte sich „Usjebomb“. Da saß ich also, die Nase so weit hochgezogen, dass sie bis ans Dach des Gürzenich reichte, und mit einer Haltung, die deutlich machte: „Ich spiele euch hier alle an die Wand!“ Und auf einmal merkt man, dass man unbewusst alle Texte innerlich mitsingt und zeitgleich eine Partitur liest. Und dann kam Hans Hachenberg, die „Doof Nuß“, auf die Bühne und erzählte von seiner Heimat, und ich fing mitten auf der Bühne an zu knatschen. Das war, als hätte jemand zu mir gesagt: „Komm nach Hause, Jörg!“
Und dem Ruf sind Sie gefolgt?
Ja. Das hat aber nicht dazu geführt, dass ich Jazz gehasst hätte. Es hat zur Folge gehabt, dass ich plötzlich angefangen habe, mir auch andere Platten zu kaufen – etwa alle Alben von den Rolling Stones oder von Tom Petty.
Das heißt, die Rückkehr zu den Wurzeln hat dazu geführt, dass Sie aufnahmebereiter und offener geworden sind?
Genau das! Jazz war für mich eine Suche nach Identität, übrigens die beste Schule, die es gibt. Ich liebe diese Musik und habe die Standards alle im Kopf. Die spielen auch für mich beim Üben täglich eine Rolle und helfen mir, wenn ich selbst komponiere. Das Wissen um die Akkordgestaltung, darauf baue ich auf. Ich erwähne inzwischen auch bei meinen Abendprogrammen, woher ich eigentlich komme. Dann lege ich auch schon einmal die Mandoline weg, greife wieder zur Gitarre und spiele „Georgia on My Mind“, ein unfassbar schöner Song, dem man als Gitarrist eine eigene Note geben kann.
In Hürth spielen Sie am 22. und 23. September ein Jazzprogramm. Da lassen Sie die Mandoline zu Hause?
Ich komme natürlich mit meiner Gitarre, aber wirklich versprechen, dass die Mandoline zu Hause bleibt… Ich weiß nicht, ob ich das kann! Die Mandoline ist für mich einfach das natürlichste Instrument, das ich kenne.
Und in gewisser Weise auch sehr kölsch!
Ja, sicher! Ich bin der bekannteste Mandolinenspieler Europas, der nicht Bluegrass spielt. Will ich auch gar nicht, das geht mir zu sehr in den irisch-schottischen Bereich!
Ihre Mandoline stammt übrigens von einem der großen Stars der Kölner Musik: Hans Süper, die eine Hälfte des Colonia Duetts.
Das stimmt. Ich spiele aber nicht nur seine Mandoline, die er mir persönlich geschenkt hat, sondern auch die seines Vaters. Der hatte seinerzeit bei „De Vier Botze“ mitgespielt, eine Formation, die ein so berühmtes Stück wie „En d’r Kaygass Nummero Null“ zu verantworten hat.
Zurück zu Ihren Konzerten in Hürth. Wie kam es dazu?
Nach dem Konzert mit „Krawall de Cologne“ kam ich ins Gespräch mit Günter Reiners, dem Vorsitzenden des Jazzclubs Hürth, und erzählte ihm, dass ich einen guten Kumpel habe, einen exzellenten, aber sehr offenen Jazz-Musiker: Michael Kuhl, der oft Gastmusiker bei der WDR-Bigband ist und mit lokalen und internationalen Jazzgrößen zusammengearbeitet hat. Und ich erzählte Günter Reiners, dass ich wahnsinnig gern wieder einmal ein reines Jazzprogramm spielen würde. Er war einverstanden und Michael Kuhl war von der Idee auch sofort begeistert.
Was erwartet das Publikum bei Ihren Konzerten im Jazzkeller?
Wohlklingende Musik von Nat von King Cole bis Miles Davies – Mainstream-Jazz, der Song-Charakter hat. Ich freue mich da übrigens irrsinnig drauf. Die Kommunikation mit Michael auf der Bühne ist unglaublich. Die Herausforderung eines One-Night-Stands ist immer etwas Besonderes. Der Begriff kommt ja aus der Musik und meinte eine einmalige Bühnenaufführung.
Das wusste ich bis vor Kurzem übrigens auch nicht! (lacht) Es wird also eine einmalige Sache. Ein bisschen so wie früher, als wir uns verabredet haben, um im Melody auf der Dürener Straße gemeinsam zu spielen. Einfach schön!
Termine:
Donnerstag, 22.9.2022, 20 Uhr | Freitag, 23.9.2022, 20 Uhr
JP Weber & Michael Kuhl
Ort:Jazzkeller Hürth
Hermülheimer Str. 12-14
50354 Hürth
Jazzclub Hürth e. V.
Günter Reiners
Bruchstr. 29
50354 Hürth
Fon 0179 4983106
guenter.reiners@jazzclub-huerth.dewww.jazzclub-huerth.de
Gefördert durch die Initiative Musik gemeinnützige Projektgesellschaft mbH im Rahmen von Neustart Kultur mit Projektmitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.