Keine Fragen zu Barbarossa
Brian Auger in Wanne-Eickel (Teil 1)
TEXT: Ingo Marmulla | FOTO: Ingo Marmulla
Ein Gespräch über den Tourplan, die Band, die Familie, die Swinging Sixties, Jimi Hendrix, Julie Driscoll und Free Jazz ...
Brian Auger hat mit seiner Band den Soundcheck in der Kulturbrauerei Eickel beendet und nun verabredungsgemäß Zeit für ein Interview für nrwjazz. Ich freue mich riesig auf das Gespräch, ist doch Brian Auger, und so wird es vielen (Musikern) meiner Generation gehen, einer der Helden des britischen Blues und des Progressiv Pop der 60er Jahre.
Ich bin mit meinem Fragenkatalog gut vorbereitet und so beginnt das Interview, während die Mitmusiker ihr Catering genießen. In der Tat bin ich Brian Auger vor mehr als zwanzig Jahren in Mainz bei Thomas Gottschalks Oldie-Party begegnet. Ich spielte mit Casey Jones und Brian Auger und begleitete Eric Burdon, der damals im ZDF-Fernsehgarten „House of the Rising Sun“ zum Leidwesen der Techniker live spielte. Ich erinnere mich noch an die enttäuschten Gesichter der Oldiefans und an das moderne, feurige Spiel dieser Band.
Ich beginne das Gespräch mit Fragen zur aktuellen Tour. Der Mann ist immerhin schon 74 und der Tourplan sieht ziemlich heftig aus. Aber das Alter sieht man ihm nicht an...!
IM:Brian, Du bist jetzt 6 Wochen on the road und gibst ungefähr 40 Konzerte. Das ist wirklich eine Menge ... Und wenn mich mal junge Musiker fragen, was ist wichtig um ein Pro zu werden, dann denke ich immer an die Gesundheit. Wie schaffst Du dieses Pensum?
BrAu:Oh, weißt Du, die Leute kommen zum Konzert und denken, das Musikmachen ist eine Party. Das ist es aber nicht! Es ist eine sehr harte Arbeit.
Wir haben ein „Tourbook“. Und das sagt uns jeden Tag, wohin es geht, wie viele Kilometer wir fahren müssen, so dass wir eine Vorstellung davon haben, was passiert, wann wir losfahren müssen. Und all das ist sehr wichtig, denn am Ende des Tages müssen wir aufbauen und einen Soundcheck machen, darauf achten, dass alles funktioniert, und danach müssen wir spielen. Und alles steht und fällt mit deiner Peformance! Schrecklich, wenn jemand krank ist! Aber so ist das nun mal.
IM:Wenn ihr in den Staaten zurück seid, gibt es da schon neue Projekte?
BrAu:Ich habe noch einige Konzerte in Ohio und Philadelphia, aber im November, Dezember und Januar bin ich nicht gerne unterwegs. Denn das Wetter ist schlecht, und da kommt man schon mal in wirklich gefährliche Situationen. Und das mache ich nicht mehr. Ich schreibe derzeit meine Autobiografie, da muss ich auch so einige hundert Seiten schreiben... Das ist mir wichtiger.
IM:Wie sieht es mit deinen aktuellen Bands aus? Ich glaube, Du hast zwei Bands: den Oblivion Express and The Trinity, und das immer auch mit Familienmitgliedern.
BrAu:Nein, ich habe nicht wirklich eine Trinity-Band! Letztes Jahr kam ich mit meiner Tochter. Der Grund war der, dass so viele Menschen nach den Songs fragten. Und ich blickte zurück und sagte zu mir selbst: ‚Moment mal, das ist vierzig Jahre her!’ Aber die Leute sagten: ‚Wir lieben diese alten Songs und wollen sie hören.’ So entschieden wir uns, einige der weniger bekannten Trinity-Songs wie: Road to Cairo, Indian Roapman ... zu nehmen und machten das Album ‚Mod Party’ mit meiner Tochter Savannah. Wir spielten die Stücke aber auf unsere ganz eigene Weise. Und damit haben wir allen gedankt, die uns so lange die Treue gehalten haben. Danach hast Du doch gefragt. Ein Künstler muss immer nach vorne schauen, wenn er kann.
IM:Wie hast Du es geschafft, dass Dir Deine Kinder ins Musikgeschäft gefolgt sind?
BrAu:Ich habe das nicht erzwungen. Ich habe ihnen geraten, nicht ins Musikgeschäft zu gehen. Ich sagte ihnen, macht es nicht! Es ist zu hart! Sie haben davon keine Notiz genommen.
Ich erinnere mich an dieser Stelle an unsere kurze Begegnung in Mainz. Vor der Aufzeichnung der Sendung war noch Zeit und man schlenderte herum und guckte, wen man noch so traf und trank vielleicht ein Bier zusammen. Da jammte doch tatsächlich Brian Auger auf dem Rasen mit einigen „Jugendlichen“. Das war spannend, wir stiegen mit handclaps ein und kamen auch kurz ins Gespräch. Natürlich durfte dieewigeFrage: „Was macht Julie?“ nicht fehlen. „I don’t know, maybe she’s doing the whashing-up...“ - So leitete ich heute das Gespräch entsprechend weiter.
IM: Hast Du Deine Kinder immer mit auf Tour genommen? Denn ich erinnere mich noch. Als ich in Mainz war und Du mit Eric Burdon spieltest, da musst Du wohl Deinem Sohn dabei gehabt haben.
BrAu:Ja, es war Karma. Er hatte damals seinen ersten Trommeljob...Und das war so: Drei Tage vor einer vierwöchigen Tournee durch Deutschland sagte der Schlagzeuger, dass er nicht kommt. Und Karma war immer dabei und half mir beim Aufbau und beim Mischen, er übte auch zu den Probeaufnahmen. Und so kam Eric zu mir nach Hause und hörte das Trommeln von oben und fragte mich: ‚Wer spielt da Schlagzeug?’ Ich sagte ihm: ‚Das ist Karma, er übt immer deine Stücke...’ Und als der Schlagzeuger nun pötzlich ausfiel, fragte mich Eric: ‚Was sollen wir denn jetzt machen?’ Ich antwortete daraufhin: ’Nun, ich weiß es auch nicht. Das ist großes Pech. Vielleicht lassen wir einige Konzerte ausfallen, so für eine Woche, damit ich hier oder drüben einen anderen Drummer organisieren kann. Aber wir brauchen Zeit, um alles zusammenzukriegen. Oder, was wir auch machen könnten, wir nehmen Karma für diese Woche. Wenn das für dich in Ordnung ist, hätte ich Zeit, Ersatz zu finden.’ Und so nahmen wir Karma für diese Woche und Eric sagte nach wenigen Tagen: ‚Wir behalten ihn!’
Brian Auger stellt für mich ein Unikum dar, man kann ihn nicht klassifizieren. Er ist vielleicht auch das Ergebnis einer urbritischen Entwicklung von Pop und Blues, deshalb führte ich das Gespräch mehr in Richtung Geschichte des Pop und Jazz in England Anfang der Sechziger Jahre.
IM:Einige Fragen zur Geschichte.
BrAu:Ich beantworte keine Fragen zu Barbarossa! (Lacht)
IM:Siehst Du Dich als Jazz- oder als Bluesmusiker?
BrAu:Ich bin Musiker! Ich mache Musik. Ich sehe das nicht in Kategorien.
IM:Ich hörte von Dir im Internet „There’s no greater Love“.
BrAu:Ja! Natürlich! Einer meiner Piano-Favourites war Ahmad Jamal. Und ich hörte das Stück, diese wunderbare Melodie. Ich wuchs auf und wurde bekannt mit dem Jazzpiano. In London habe ich den Melodymaker Piano-Poll gewonnen. Erst danach hörte ich Jimmy Smith und war fasziniert. Ich wollte Orgel spielen.
IM:Ja genau. Denn wenn ich Dich Orgel spielen höre, dann höre ich mehr Jazz als bei jedem anderen (britischen) Organisten Deiner Generation.
BrAu:Ja, aber vielleicht ja auch zu viel ... (lacht) Aber das ist wahr. Ich komme vom Klavier. Ich habe nicht, wie viele andere, mit der Orgel angefangen. Viele sind mit der Orgel angefangen. So kommen sie aus einer bestimmten Richtung. Eine Menge Jimmy Smith findet sich in ihrem Spiel, sie benutzen die gleichen Harmonien und das Leslie. Für mich war das nicht der Sound. Ich glaube, das ist eine Art Old-School-Sound. Immer noch ein großartiger Klang. Aber nicht für mich! Also, ich habe eine andere Art der Begleitung auf dem Klavier, das ergibt eine andere Färbung der Akkorde. Eine Kombination von E-Piano und Orgel.