JAZZPREZZO
Interview mit Rainer Placke
TEXT: Rainer Placke, Heinz Schlinkert |
'jazzprezzo' heißt ein Verlag in Bad Oeynhausen in Ostwestfalen, der Bücher über Jazz herausbringt. In letzter Zeit ist dies die Alphabet-Reihe, in der Nils Landgren, Michael Wollny und Wolfgang Haffner vorgestellt wurden.
Rainer Placke hat 2004 den Verlag jazzprezzo gegründet. Er war 40 Jahre lang festangestellter Sportredakteur bei der ostwestfälischen Tageszeitung "Neue Westfälische". Viele Jahre lang war es sein zweiter Fulltime-Job, die Bücher herauszugeben. Inzwischen kann er sich als Rentner voll und ganz auf den Verlag konzentrieren.
nrwjazz: Jazzprezzo ist ein interessanter Name. Wie kam es dazu und was verbinden Sie mit diesem Namen?
Rainer Placke: jazzprezzo ist ein Wortspiel. Es sieht schlicht und einfach aus, weil sich im hinteren Teil die zwei z wiederholen. Da es sich bei der Namensgebung um meine Idee handelt, verbinde ich selbstverständlich etwas Schönes damit. Wörtlich übersetzt heißt es Jazzpreis.
nrwjazz: Was verbinden Sie persönlich mit dem Verlag Jazzprezzo?
Rainer Placke: Sehr viel, denn jazzprezzo ist mein Baby und meine große Leidenschaft. Ich habe früh damit begonnen, Jazzliteratur zu sammeln. Dabei hatten es mir neben den Geschichten und Veröffentlichungen über das legendäre Blue Note-Label vor allem die tollen Bücher des Nieswand-Verlags aus Kiel angetan, die allesamt von dem Kieler Grafik-Designer Ingo Wulff gestaltet worden sind. Wir haben uns 2004 beim Jazz Baltica-Festival in Salzau kennengelernt. Wenig später hatte ich die Idee des ersten Buchs "Red and cool" über meinen Lieblingsmusiker Nils Landgren. Und das war der Beginn der bis heute anhaltenden Zusammenarbeit zwischen Ingo Wulff und mir.
nrwjazz: Was ist das Besondere an den Büchern Ihres Verlages?
Rainer Placke: "Fotografie ist Jazz für das Auge" - diese Aussage des legendären Fotografen William Claxton hat mich schon immer beeindruckt. Von Beginn war es sonnenklar für mich, dass wir allerbeste Qualität in jeglicher Hinsicht anbieten wollen. Und das ist uns im Laufe der Jahre auch wirklich gelungen. Zudem bemühe ich mich persönlich, bei möglichst vielen Konzerten und Festivals vor Ort zu sein, um den Jazz begeisterten Menschen die Produkte des jazzprezzo-Verlags an Büchertischen näher zu bringen. Das sorgt für Vertrauen.
Unsere von 2006 bis 2009 herausgebrachten vier Jazz Calendiarys hatten laut Wolfram Knauer, dem Leiter des Deutschen Jazzinstitus in Darmstadt, Kultcharakter. Mit "Jazz Katz" haben wir 2007 unseren ersten opulenten Bildband herausgebracht, der als einer der eindruckvollsten Fotobände, die dem Jazz je gewidmet worden sind, bezeichnet wird. Dann folgte 2008 mit "Joe Lovano - The cat with the hat" eine von der Stiftung Buchkunst als eines der schönsten Bücher des Jahres pämierten Ausgaben. Mit "Blue Note Photography" konnte ich 2009 meinen Berliner Helden Alfred Lion und Francis Wolff ein kleines Denkmal setzen. "Dieses Buch ist das schönste Geschenk, das Blue Note zu seinem 70. Geburtstag bekommen konnte" schrieben der damalige Blue Note-Chef Bruce Lundvall sowie Michael Cuscuna, mit dem mich seitdem eine Freundschaft verbindet. Sehr große Beachtung fand auch 2011 das Buch "Sophotocated Lady", das das bis dahin verborgene Werk der Fotografin Susanne Schapowalow in den Mittelpunkt rückte. 2014 konnte ich mit "Painted Jazz" das zweite Mal ein Jubiläum des legendären Blue Note-Labels zum Anlass nehmen, einen opulenten Bildband herauszubringen, "Buch zum Stöbern und Staunen, ein grafisches Kunstwerk, wunderschön anzuschauen, aufregend zu lesen. So könnte Jazz aussehen", schrieb SWR-Redakteur Johannes Kaiser. Seit 2018 gibt es die Alphabet-Reihe, in denen ich versuche, die Persönlichkeit des jeweiligen Musikers herauszustellen. Bislang waren Nils Landgren (2018), Michael Wollny (2019) und Wolfgang Haffner (2020) meine Gesprächspartner.
nrwjazz: Wie erfolgreich ist der Verlag bisher?
Rainer Placke: Der größte Gewinn durch jazzprezzo für mich persönlich waren die unfassbar vielen interessanten Begegnungen und Gespräche mit tollen Persönlichkeiten, die ich dadurch kennenlernen durfte. Bruce Lundvall und Michael Cuscuna oder Rudy van Gelder waren Jahre lang echte Jazz-Helden für mich - durch meine Tätigkeit als Verleger durfte ich sie persönlich kennen- und schätzen lernen. Oder die vielen tollen Musiker, die ich treffen durfte und mit denen dann eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entstanden ist - das möchte ich nicht missen. Von den bisherigen Veröffentlichungen sind bis auf die jüngste Alphabet-Reihe alle Auflagen vergriffen - das erfüllt mich natürlich mit großer Freude. Das ist für mich der Beweis, dass leidenschaftliche Arbeit auch honoriert wird.
nrwjazz: Wie ist zur Zeit die Situation im Verlag?
Rainer Placke: Aktuell ist seit einem Jahr alles von der Pandemie überlagert. Da ich einen Großteil meiner Bücher an Büchertischen bei Konzerten oder Festivals verkauft habe, ist dieser Zweig fast vollständig weggebrochen - das ist jammerschade. Mir fehlen die Begegnungen und Gespräche mit den Menschen.
nrwjazz: Wenn in der überregionalen Presse von Jazz die Rede ist, geht es meist um das Rheinland, um Münster oder um das Ruhrgebiet. Wie ist die Situation in Ostwestfalen?
Wir haben in Ostwestfalen eine bunte und sehr engagierte Jazz-Szene. Der Jazz Club Minden und das Musik Kontor in Herford bieten seit vielen Jahren tolle Veranstaltungen. Der Bunker Ulmenwall in Bielefeld ist ebenfalls sehr bekannt. Und auch die Reihe Jazz in Gütersloh lohnt jedes Mal einen Besuch. Ostwestfalen hat im Bereich Jazz wirklich so einiges zu bieten.
nrwjazz: Gibt es Projekte für die Zukunft?
Die Alphabet-Reihe soll fortgesetzt werden. Mit wem, kann ich noch nicht sagen, doch es gibt genügend interessante Persönlichkeiten, die dafür in Frage kommen. Erst wenn die Pandemie besiegt ist, kann man sich bedenkenlos mit Gesprächspartnern treffen - und das kann ja noch dauern. Außerdem umtreibt mich das Thema Blue Note Zeit meines Lebens - auch in diesem Zusammenhang ist noch etwas zu erwarten.
Demnächst erscheint hier eine Rezension zu den Büchern der Alphabet-Reihe.