Jazz & Art Galerie Gelsenkirchen
vor dem Aus?
TEXT: Bernd Zimmermann | FOTO: Bernd Zimmermann
Wer sich für den Jazz engagiert, hebt nicht nur das Niveau der Klänge, sondern entwickelt auch das Niveau seines Umfeldes, seines Veranstaltungsortes, seiner Stadt und somit "das geistige, intellektuelle und menschliche Niveau: das Niveau des Bewußtseins" (Berendt/Huesmann in "Das Jazzbuch").
Die JazzInitiative Gelsenkirchen "GEjazzt" hat sich die Förderung des Jazz auf die Fahnen geschrieben. Sie will mithelfen, das arg am Boden liegende,kulturelleImage der Stadt wieder zu heben,dennauch erfahrene Wirtschaftsförderer und Stadtmarketingexperten wissen, dass das kulturelle Image einer Stadt von großer Bedeutung für einen Wirtschaftsstandort ist.
In der letzten Zeit hat sich im Jazzangebot auf Gelsenkirchener Territorium eine Menge getan. Etwas versteckt zwar und von der heimischen Presse weitestgehend übersehen, finden bereits regelmäßig mindestens 4 Jazzkonzerte im Monat, an leider viel zu verschiedenen Veranstaltungsorten statt.
Denn was in Gelsenkirchen, wie übrigens auch in den meisten anderen Städten des Ruhrgebiets fehlt, ist ein Domizil für die Jazzszene, eine Zentrale Anlaufstelle wo sich Jazzinteressierte, Jazzmusiker und Veranstalter unverbindlich treffen, austauschen und vernetzen können. Dabei ist das Wesentliche zunächst die Unverbindlichkeit. Denn Jazzfans und Musiker sind in der Regel ausgeprägte Individualisten, die verbindliche, organisatorische Strukturen ablehnen. Dies ist ja auch ein Grundsatz des Jazz: Freie Improvisation auf der Basis minimaler Strukturen. Aber ohne diese minimalen Strukturen geht es auch beim Jazz nicht. Und so wäre es logischerweise undenkbar, Jazz zu leben und zu erleben, wenn es nicht wenigsten einen Ort und eine Zeit gibt, wo und wann man sich zum musizieren und dabei zuhören zu können trifft.
Also braucht es, besonders zur Entwicklung des Jazz,einenOrt der Begegnung. Zur Zeit finden in Gelsenkirchen regelmäßig Jazzveranstaltungen in der Werkstatt Buer, dem Consol Theater und der JazzArt-Galerie statt. Die Werkstatt Buer in der Hagenstr. und das Consol Theater in Bismarck müssen die Jazzer mit anderen Kulturschaffenden teilen. Hier finden ausschließlich Konzerte statt, sind also keine Orte der Begegnung ausserhalb der Konzerte.
Bleibt noch die JazzArt-Galerie, die in den vergangenen Jahrzehnten auch tatsächlich ein kleines, aber feines Zentrum des Jazz in Gelsenkirchen war. Hier traten früher Jazzgrößen wie Charlie Mariano, Al Foster oder Bill Ramsey auf. Aber auch lokale Größen und Newcomer hatten hier regelmäßig eine Bühne. Das ist nun schon ein paar Jahre her. Mittlerweile veranstaltet lediglich die JazzInitiative Gelsenkirchen (GEjazzt), gefördert mit geringen Mitteln der Stadt Gelsenkirchen, einmal im Monat die Jazzreihe "GEjazzt open". an der Florastraße in direkter Nachbarschaft zum Musiktheater im Revier. Die sonstigen Öffnungszeiten der Galerie beschränken sich mittlerweile auf wenige Tage und Stunden in der Woche.
Betritt man den Spielort ist man zunächst sehr irritiert. Obwohl ein öffentliches Gebäude (hier ist das Kulturreferat der Stadt untergebracht), vermittelt die Jazz & Art-Galerie den Charme eines privaten Partykellers im Stile des Gelsenkirchener Barocks. An den Wänden und in Vitrinen willkürlich zusammengestellter Nippes, an den Wänden zur Toilette mit Heftzwecken und Tesa befestigte Starschnitte von Jazzmusikern. Ein idealer Ort für diejenigen, die in eigenen Erinnerungen an längst vergangene Zeiten schwelgen wollen, nicht aber für Jazzfans, die sich neu dem Jazz nähern wollen. Und da dort mittlerweile so gut wie keine anderen Veranstaltungen mehr stattfinden, gibt es auch so gut wie keine Stammgäste mehr.
Dies sind wohl die Gründe, warum die von Martin Furmann durchgeführte hochkarätige Jazzreihe "GEjazzt open", in dem er fast ausschließlich Ruhrgebiets-Jazzer zu Konzertabenden in die Jazz & Art Galerie einlädt, in diesem Jahr, trotz erstklassiger, wunderbarer Konzerte kaum noch eine Resonanz findet. Denn, die ebenfalls von der Gelsenkirchener JazzInitiative durchgeführte Reihe "GEjazzt auf Concol" in der Kellerbar des Consol Theaters, erfreut sich seit Ende letzten Jahres einer wachsenden Zuschauerzahl. Das Interesse ist also da.
Einerseits darf also die traditionsreiche Jazz & Art Galerie nicht sang und klanglos verschwinden und andererseits braucht die Jazzszene in Gelsenkirchen ein ansprechendes Domizil als Zentrum zur Entwicklung des Jazz in Gelsenkirchen. So wäre es doch naheliegend, dass die JazzInitiative endlich aus der Jazz & Art-Galerie wieder das macht, was es einmal war - Eines der Zentren des Jazz im Ruhrgebiet.
Aber so einfach ist das nicht, denn GEjazzt ist nicht Betreiber der Jazz & Art-Galerie. Die Jazz & Art Galerie wird bereits seit Anfang der siebziger Jahre von Lutz Motzko, gemeinsam mit seiner im letztenJahrverstorbenen Frau Anne, in anerkennender Weisebetrieben. Die Räumlichkeiten in der "Flora" werden von der Stadt Gelsenkirchen zur Verfügung gestellt. Und beide Parteien können sich wohl nicht so recht dazu durchringen, der JazzInitiative die Jazz & Art-Galerie anzuvertrauen. Bleibt zu hoffen, dass der Erkenntnisprozess nicht zu lange dauert.