Interview zum Frauenprojekt SOFIA
Nicole Johänntgen SOFIA 4 Wizards in Ystad
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam
SOFIA 4 Wizards heißt die Projektband von Nicole Johänntgen und ihr Programm trägt den Titel “Wizard Storm“. Nicole, die nun schon zum fünften Mal auf dem Ystad Sweden Jazz Festival auftritt, ist ein echter Publikumsliebling. Ihre Konzerte sind alle sehr unterschiedlich gewesen, einmal mehr experimentell, ein andermal mit vielen Worldmusic Anteilen. Diesmal ist die Musik sehr fetzig und greift alte Rock`n Roll und Rhythm Blues Figuren auf, die durchaus tanzbar wären. Mareille Merck an der Gitarre prägt diesen Sound mit. Auch Stina Andersdottar am Bass und Cecilia Sanchietti am Schlagzeug steuern Kompositionen bei. Zum ersten Mal singt Nicole. Sie hat einen einjährigen Sohn, dem sie Schlaflieder vorsingt, das hat sie inspiriert auch auf Konzerten Gesang zu integrieren. Sie hat Blackbird von den Beatles ausgewählt. Dann gibt es noch ein Stück mit dem Arbeitstitel Ystad II, hier singt sie die Melodielinien ohne Worte.
Besonderer Gast des Konzerts ist der Schweizer Stimmkünstler Andreas Schaerer, der für zwei Stücke dazukommt und Instrumente mit der Stimme nachahmt, scattet, singt, Beatbox spielt und wie ein Derwisch auf der Bühne wirbelt. Ein weitere Gast ist der Jugendliche Theo, der gerade Saxophon lernt und ein paar Töne zur Musik der Band beisteuert.
Das Publikum in der Saluhall ist begeistert und feiert Nicole und ihre Musikerinnen.
Nach dem Konzert habe ich Nicole ein paar Fragen gestellt. Zwischendurch verabschiedet sich Andreas Schaerer, man verabredet sich zum Tischtennis und es wird noch kurz geklärt, wie Nicole in das nächste Konzert des brasilianischen Gitarristen Yamandu Costa hineinkommt, wenn die Türen bereits geschlossen sind. Viel Bewegung und Lebendigkeit, aber all das hält Nicole nicht davon ab, sich mit mir zu unterhalten.
Nicole kannst Du ein paar Sätze zu Dir, deinem Werdegang sagen, für alle, die Dich noch nicht kennen.
Nicole Johänntgen: Ich komme aus dem Südwesten von Deutschland, aus einem kleinen Ort, der Fischbach heißt und in der Nähe von Saarbrücken ist. Das ist nahe der französischen Grenze. Aber ich lebe schon seit 16 Jahren in der Schweiz, in Zürich, mit meiner Familie.
Wo hast Du studiert?
Nicole Johänntgen: Ich habe in Mannheim Jazz und Popularmusik studiert. Dann habe ich noch Komposition und Arrangement an der gleichen Hochschule studiert. Dort habe ich mein Diplom gemacht.
Du machst nun zum dritten Mal Dein Frauenprojekt SOFIA und einmal warst Du mit Cecile Norby und dem Projekt “Sisters in Jazz“ in Ystad. Wurde das SOFIA Projekt in Ystad auf den Weg gebracht, wie ist es zustande gekommen?
Nicole Johänntgen: Ich habe 2013 einen Verein gegründet, der heißt SOFIA – Support Of Female Improvising Artists. Wir unterstützen Jazzmusikerinnen auf ihrem Lebensweg, auf ihrer Laufbahn. Meistens wollen Frauen gerne ihr Wissen vertiefen in Bereichen wie Selbstmanagement und Business.
Diesen Verein hast Du in der Schweiz gegründet? Und Du bekommst dort Zuschüsse und finanzielle Unterstützung?
Nicole Johänntgen: Ich habe die Fachstelle für die Gleichstellung von Frau und Mann des Kanton Zürich hinter mir gehabt. Die Idee zu dem Verein habe ich schon über Jahre gehabt, sie aber nie umgesetzt.
2013 habe ich mich dann an die Gleichstellungsbeauftragte gewendet. Sie war Feuer und Flamme und hat mich unterstützt. Einmal im Jahr wird ein größeres Projekt gefördert und das war dann SOFIA. So hat sie für das Projekt den Startschuss gegeben und die Stadt Zürich und der Kanton haben es auch unterstützt.
Jan Lundgren, künstlerischer Leiter des Ystad Festivals und Thomas Lanz, der Direktor des Festivals sind darauf aufmerksam geworden. Ich habe mit meiner französischen Band in Ystad gespielt und die beiden haben mich gefragt, was ich sonst noch mache. Da habe ich ihnen von SOFIA erzählt.
Jan Lundgren hat sich dafür interessiert und mich gefragt ob wir eine kleine Version von SOFIA in Ystad machen können. Normalerweise findet SOFIA alle zwei Jahre statt und in Workshops eine Woche lang, sehr intensiv, kein Zuckerschlecken. Ich habe dann zugesagt eine kleine Fassung, die nur zwei Tage dauert.
Die Musikerinnen, die ich auf den SOFIA Konzerten erlebt habe, sind also Frauen, die der Verein in der Schweiz fördert?
Nicole Johänntgen: Das spezielle an Ystad ist, dass ich schaue, welche Musikerinnen gibt es im Norden. Und so suche ich schwedische Musikerinnen aus und ergänze sie mit Musikerinnen aus anderen Ländern. Wir hatten im ersten SOFIA Projekt eine Norwegerin, eine Japanerin usw. kunterbunt gemischt. So war es auch dieses Jahr. Eine Schwedin, eine Italienerin, eine Schwedin, die Deutschland lebt und ich als Deutsche, die in der Schweiz lebt.
Wenn ich also von Ystad eine Einladung bekomme, dann muss ich Musikerinnen suchen.
Dann bildet ihr eine Projektband mit der Du dann auftrittst. Und diese Band stellst Du zusammen?
Nicole Johänntgen: Ja, genau.
Gibt es Vorgaben beim Festival, über den Frauenanteil?
Es wird in Schweden sehr darauf geachtet, das genügend Frauen auf der Bühne stehen. Das wird in Schweden stärker betont. Wenn sie Sponsering und Förderung bekommen wollen, müssen die Veranstalter auch schauen, das genügend Frauen dabei sind.
Du spielst Ende Oktober bei Eastplugged in Ratingen in der Friedenskirche, was hast Du dort für ein Programm?
Nicole Johänntgen: In Ratingen werde ich Solo spielen. Ich bin sehr gespannt auf den Ort. Ich werde mich mit dem Raum verbinden und schauen was er mir zu erzählen hat. Es ist an jedem Ort anders. Ein Solo Konzert passt sich bei mir immer dem Raum an.
Vielen Dank Nicole, dass Du Dir nach Deinem Konzert, in all dem Trubel Zeit für ein kleines Interview genommen hast. Wir freuen uns auf Dein Konzert in unserer Region.
Nicole Johänntgen: Danke, dass Du zu meinem Konzert gekommen bist.
Bericht über das SOFIA Konzert 2017 in Ystad:
https://www.nrwjazz.net/jazzreports/2017/Nicole_Johaenntgen_SOFIA_Ystad_Festival_/