Bild für Beitrag: I don’t want another guitarplayer! | Brian Auger in Wanne-Eickel (Teil 2)
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I don’t want another guitarplayer!

Brian Auger in Wanne-Eickel (Teil 2)

Herne, 06.11.2013
TEXT: Ingo Marmulla | FOTO: Ingo Marmulla

Ein Gespräch über den Tourplan, die Band, die Familie, die Swinging Sixties, Jimi Hendrix, Julie Driscoll und Free Jazz ...

IM:Dann hast Du die Band mit Julie Driscoll gegründet. Damals hörte ich das erste Mal Deine Musik. Ich war gerade mal 13 Jahre alt. Und als ich diesen Song hörte: ‚Wheel’s on Fire’, das hat mich damals umgehauen...Übrigens, noch vor einigen Wochen hatten wir eine interessante Band bei der Recklinghäuser Altstadtschmiede, alles Leute, die die Musik der 60er kannten. Und wir haben den Song tatsächlich spielen können. Da hab ich auch zum ersten Mal registriert, dass das Stück von Bob Dylan stammt.

BrAu:Ja, das stimmt. Es war ein Tonband, das nach London kam: ‚The Basement-Tapes’. Derjenige, der es als erster hörte, war Manfred Mann. Und sie machten ‚Mighty Quinn’. Und da war noch eine Menge mehr auf dem Band. Das, was mir interessant erschien, war: ‚This Wheel’s on Fire’ - nur ein walking bass, Gitarre und Gesang. Julie liebte den Song, die Atmosphäre, und wir entschieden uns, das psychedelisch aufzuziehen. Ich dachte nach, ging nach Haus und plante den Song. Es war nur der Rhythmus, nur der walking bass, das konnte ich nicht ändern ohne das ganze Ding zu ändern. Ich konnte keinen Rockbeat darauf setzen, das hätte nicht funktioniert. So sagte ich mir: ‚Wir haben einen walking bass, der spielt geradeaus, fast wie ein Marsch, wir legen die Akkorde darüber, ich nehme ein Mellotron, setze einige Streicher darauf, und Julie singt!’. Und so nahmen wir es auf! Und es wurde wirklich sehr spacy, wirklich!

IM:Warum habt ihr aufgehört, gemeinsam Musik zu machen? Die Frage wurde Dir bestimmt schon unzählige Male gestellt.

BrAu:Diese Band wurde durch unser Management zerstört. Julie hatte damals eine Art Nervenzusammenbruch. Sie haben sie so unter Druck gesetzt. Und ich glaube, sie wollte einfach nicht mehr.

IM:Sie veränderte sich mehr in Richtung Free Jazz.

BrAu:Ja, nach einer Weile. ...Weil ihr Mann Free Jazz spielte. Ich glaube, das war für sie so eine Art Versteck... Es ist schwer zu erklären, es gibt verschiedene Arten von Musik.

IM:Ich kenne eine spätere Platte von ihr mit dem Spontaneous Musik Ensemble und dem Schlagzeuger John Stevens. Das ist schon sehr interessant. Aber ihr habt 1978 noch einmal eine Platte aufgenommen.

BrAu:‚Encore’ – Ja, das war wirklich schwierig! Das war eine komplizierte Situation, Julie war ohne Schallplattenvertrag, ich war vertraglich bei Warner Bros. Ich stellte fest, dass unsere Entwicklung in unterschiedliche Richtungen gegangen war. Das war ‚Encore’. Es klang gut – aber es funktionierte nicht. Was kann man sagen? Ich handelte gegen eine meiner wichtigsten Regeln: Gehe niemals zurück! Go on!

Ich wollte noch (vielleicht ein wenig provokant...) beim Thema Freejazz bleiben, deshalb hakte ich nach.

IM:Jemand, mit dem ich spielen durfte, war der Trompeter Benny Bailey. Er sagte mir: ‚One truth is: There is no free Jazz!’. Findest Du diese Aussage zutreffend?

BrAu:Ja! ...Du bist Musiker... Wenn Du Dich über einen Standard beschwerst, den ich aussuche, den Du begleiten sollst, sagen wir Giant Steps, lass uns Giant Steps spielen, und Du kannst das nicht, und ich sage: Ok, How high the Moon oder Lady be Good, etwas Leichteres, lass und das spielen und Du kannst das auch nicht, dann verstehe ich nicht, wo du musikalisch stehst. Coltrane ging alles durch, bis hin zum freien Spiel, und was er tat, hatte ein Fundament. Aber am Ende einer Entwicklung anzufangen ohne dieses Fundament zu beherrschen, das ist schon komisch. Tatsache ist, in Amerika bekommen diese Musiker keine Jobs. Aber in Europa klappt es. Und der Musiker, mit dem ich gerade darüber gesprochen habe, ist Dennis Chambers. Dennis kann darüber nur spotten ... Sie kriegen keine Arbeit in den Staaten, gehen rüber (nach Europa), spielen vor einer Jazzcrowd oder so, und die Leute sagen: ’Ich verstehe diese Musik gar nicht, die muss unglaublich gut sein!’

IM:Weißt Du, ich habe viel darüber nachgedacht und häufig darüber diskutiert. Habe in letzter Zeit noch mit Peter Brötzmann gesprochen, Saxophonist aus Wuppertal, oder auch mit Gunter Hampel, mit dem ich oft gespielt habe. Sie alle haben mir gesagt: Wir mussten die Regeln brechen, um uns zu befreien und neue Wege beschreiten zu können, um zu experimentieren und neue Werte zu entwickeln.

BrAu:Ja, aber am Ende unterhalten wir Leute mit Musik. Well, wenn du was anderes willst, geh nach Haus und spiel für dich selbst. Wir wollen den Menschen etwas geben, nicht etwas, was sie nicht verstehen. Und um die Frage zu beantworten, was ich für eine Art von Musiker ich bin - ich glaube, Duke Ellington hat es gesagt, als sie ihn fragten, welche Art von Musik er spielt, und er sagte: ‚Well, there’s only two types of music: Good and bad!’

An dieser Stelle bittet mich Karma, das Gespräch zu beenden. Das Konzert würde gleich beginnen. Ich mache noch schnell eine Portraitaufnahme von Brian Auger und verabschiede mich von diesem genialen Ausnahmemusiker.

IM:Brian, ich danke Dir für das aufschlussreiche, nette Gespräch und wünsche euch viel Spaß beim Konzert!

Brian Auger bleibt nach unserem Gespräch auch nicht mehr viel Zeit für die Pasta und den Salat. Dennoch glaube ich, dass er ganz gerne diese Geschichten aus seiner musikalischen Vita erzählt hat. Er hat viel erlebt und kann viel erzählen. Und dass ich dieses Gespräch führen durfte, rechne ich ihm sehr hoch an... Und eines muss man sagen, der Mann ist mit sich im Reinen. Da gibt es keine musik-philosophischen Fragen. Er geht mit vierundsiebzig Jahren auf die Bühne und ihm gelingt wie selbstverständlich das, was man sich von jüngeren Musikern häufiger erhofft: ein intensives, phantasievolles, emotionsgeladenes Spiel mit einer unglaublichen Energie, das das Publikum sofort abholt und mitnimmt. Ein wahrhaft großartiger Musiker!!!

 

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