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Gemeinsam anpacken

Bunker Ulmenwall hat sich von der Krise erholt

Bielefeld, 09.11.2015
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper

In Bielefeld gibt es die wohl am wenigsten nach außen sichtbare Spielstätte: Der Bunker Ulmenwall ist komplett unterirdisch. Wer heute in die Unterwelt des ehemaligen Luftschutzbunkers hinabsteigt, den erwartet ein behagliches Wohnzimmer-Flair. Zugleich wird hier von einem der ältesten Jazzclubs im Lande eine der behaglichsten Spielstätten durch eine größtmögliche Bündelung von ehrenamtlichen Idealisten betrieben.

Und diese hatten vor circa zwei Jahren ihre härteste Bewährungsprobe. Als aufgrund kommunaler Kürzungen und formaler Änderungen in der öffentlichen Kulturverwaltung stand diese Spielstätte kurz vor dem Aus. Aber zu viele andere Orte sind schon allgemeiner Kultur-Abschafferitis zum Opfer gefallen, dass man dem Bunker nicht einfach diesem Schicksal überlassen wollte. Kräfte wurden gebündelt und Medien mobil gemacht. Jetzt blicken die Macher wieder positiv in die Zukunft.

Seit einem Jahr hat Lena Jeckel die hauptamtliche Geschäftsführung inne. Zur Seite steht ihr ein tatkräftiger Verein, in dem viele Aufgaben arbeitsteilig übernommen werden. Und die alten Hasen, unter anderem das.langjährige Vorstandsmitglied Wolfgang Groß sind mit einemn Erfahrungsschatz eine gute Bereicherung. Mit beiden zusammen sprach nrwjazz, bevor das Bunker Ulmenwall Orchestra seinen großen Auftritt hatte.

Beschreibt noch einmal die Umbruchsituation in der jüngsten Geschichte des Bunker Ulmenwall!

Bis 1996 war diese Spielstätte sehr komfortabel ausgestattet. Wir hatten einen Vertrag mit dem Jugendamt. Dann gab es 1996 den Entscheid, dass es das Jugendamt nicht mehr weiter macht. Von da ab gab es nur noch die Hälfte von dem bisherigen Geld. In guter Konsequenz haben sich einige Leute zusammengetan und einen Verein gegründet. Der Verein hatte erstmal eine Auffang-Funktion, um die Phase der Ungewissheit zu überbrücken, wo keiner so genau wusste, was künftig daraus wird.Es ging dann erstmal ganz gut weiter, sowohl mit dem städtischen Geld, als auch mit einer gut funktionierenden Akquise öffentlicher Mittel.

Der Bruch erfolgte viel später. Der Bunker stand sogar kurz vor der Schließung, aber da ist dann die ganze Stadt aufgestanden. Wir haben viele Aktionen gemacht, Unterschriften gesammelt und Publicity gemacht. Da hat die Stadt schließlich die Konsequenzen gezogen und erkannt, dass sie eigentlich nichts machen kann und gegen so eine starke Öffentlichkeit relativ machtlos war. Das wirkte dann wirklich überzeugend.

Welches Signal bekam die Öffentlichkeit vermittelt?

Es zeigte sich, dass der Bunker eine besondere Position hat, so wie er ist. Man kann diese Spielstätte in keine Schublade reindrücken – der Bunker ist nicht vergleichbar mit einer anderen Institution. Und das besonders ist und war, dass die komplette Stadt wirklich hinter uns steht. Das ist unser Vorteil!

Ihr habt ja auch viele Kräfte in den eigenen Reihen mobil gemacht. Euer Verein darf sicherlich als einer der aktivsten im Lande bezeichnet werden.

Es ist schon so dass viele Mitglieder sich ehrenamtlich betätigen. Wir haben viele Gruppen gebildet, um die anfallende Arbeit gleichberechtigt aufzuteilen. In allen Gruppen sitzen ehrenamtliche Mitglieder, die auch erfreulich aktiv bei der Sache sind.

Wenn ich mich hier so umsehe, ist auch das kreative Drumherum ein sorgfältig gepflegtes Anliegen. Allein die viele attraktive Kunst an den Wänden!

Wir haben einen jungen Mitarbeiter, der sich um die Ausstellungen kümmert. Es ist ein junger Designstudent aus der FH, der schreibt die Künstler an, organisiert die Ausstellungen und macht die Ausstellungseröffnungen. Alles natürlich komplett ehrenamtlich, wofür wir sehr dankbar sind. Allein dadurch können wir jetzt alle vier Wochen eine neue Ausstellung präsentieren.

Welche Wege geht ihr bei der Programmplanung?

Es gibt eine Booking-Gruppe von drei Leuten, die für das künstlerische Programm verantwortlich sind. Ich als Geschäftsführerin finde es sehr wichtig, dass sich die Mitglieder auch hier aktiv und gestaltend einbringen können. Alle drei Mitglieder der Booking-Gruppe haben unterschiedliche Schwerpunkte und kommen aus ganz verschiedenen Richtungen des Jazz. Das finde ich immer total spannend, wenn sie aufeinander treffen und daraus dann ein neues Programm entsteht.

Warum funktioniert hier scheinbar vieles so gut, was woanders im Argen liegt? Was ist euer Erfolgsgeheimnis?

Ich denke, vieles hat mit Offenheit, Neugier und Vernetzung zu tun. Uns ist an einem Austausch mit mit anderen Spielstätten und mit vielen verschiedenen Jazzmusikern gelegen. Jung trifft hier auf alt. Profis treffen auf Laienmusiker. Musiker treffen auf Kreative in anderen Disziplinen aus dem künstlerischen Bereich. Jeder kann mitmachen.

Tritt in Bielefeld der Jazz aus seiner Nische heraus? Was tut ihr dafür?

Das mit dem Nischendasein ist uns bewusst. Deswegen integrieren wir auch andere Sparten im Programm, damit viel unterschiedliches Publikum nach hier findet. Zum Beispiel Poetry Slams, die immer ausverkauft sind. Das zieht auch sehr viel junges Publikum.

Ich sehe heute Abend auch viele jüngere Leute im Publikum!

Das ist uns auch wichtig. Wir fördern dies durch unsere Preispolitik. Wer unter 18 Jahren ist, genießt auf jeden Fall freiem Eintritt. Die Sessions sind natürlich auch frei.

Ihr habt ja auch ein Orchestra in Residence, eben das Bunker Ulmenwall-Orchester. Wie hat sich das entwickelt?

Diese 18 köpfige Formation ist aus dem Jugendkultur-Gedanken erwachsen und wird maßgeblich durch die Landesarbeitgemeinschaft Soziokultur gefördert. Es ist ein 18köpfiges Orchester. Ganz wichtig ist darin die Gleichberechtigung aus Profis, Studenten und Schülern. Idealerweise sollten 6 aus jeder Gruppe mitspielen. Und das ist ja auch die Philosophie des Bunkers: Dass die einen vom anderen profitieren. Dass hier viele mit ganz unterschiedlichen Hintergründen zusammen kommen.

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