Gegen Ansteckung mit Angst

Besucht Konzerte, so lange es noch geht!

Gelsenkirchen, 11.03.2020
TEXT: Stefan Pieper, Bernd Zimmermann | 

Nichts ist ansteckender als Angst. Über den Umgang mit der Ausnahmesituation durch den Corona-Virus in unserem Lande hört man vieles, man kann an aber dieser Stelle nicht alles kommentieren. Tatsache ist: Die aktuelle Lage greift immer mehr ins öffentliche Leben ein, vor allem auch in den Kulturbetrieb. Fast sämtliche Großveranstaltungen sind abgesagt, viele kleinere Events folgen bzw. wächst die Sorge um ihre Durchführbarkeit stündlich. Und damit droht auch das Aus für die meisten Jazzkonzerte. Des Konzertbesuchers Sorge um die Rückerstattung eines bereits gezahlten Ticketpreises ist ein Luxusproblem verglichen mit dem finanziellen Risiko für Veranstalter und Musiker. Verträge sind zum Teil schon lange im Voraus gemacht, Verbindlichkeiten stehen im Raum – jede Planungssicherheit ist dahin und die Existenz bedroht.

Das gilt vor allem für die Schwächsten in der Kette, die kleinen Venues, die freiberuflichen Musikerinnen und Musiker. Wer mit kleinem Budget von der Hand in den Mund lebt, kann sich meist keine teure Ausfallversicherungen leisten. Die Bundesregierung hat sich bislang gegenüber Appellen seitens kultureller Verbände wie dem Deutschen Musikrat und dem BDKV stur gestellt. Die freie Szene ist daher angesichts der aktuellen Menschheitskrise mehr oder weniger vogelfrei.

Am wichtigsten sind daher im Moment ein kühler Kopf und Rationalität. Wenn die elementarste Angst des medial verunsicherten Herdenmenschen darin besteht, kein Klopapier mehr im Haus zu haben, wenn in öffentlichen Gebäuden Desinfektionsmittelspender aufgebrochen werden, zeugt dies nicht gerade von einem nüchternen Blick auf reale Bedrohungen. „I want you to get in panic!“ ist in jederlei Hinsicht ein verhängnisvoller, zerstörerischer Satz.

Musikereignisse, vor allem auch spannende Jazzkonzerte, führen jedem Menschen immer wieder vor, dass sie LEBEN – auch und gerade in schwierigen Zeiten! Wenn jetzt vorauseilend schon Ticketvorverkäufe einbrechen und durch behördliches Vorgehen sämtliche Kultur auf Eis gelegt wird, stellt sich schnell die Existenzfrage für das Weiterleben der Kultur überhaupt. (Das Literaturfestival Litcologne ist ein Beispiel dafür, wo ein Kulturereignis nach Meinung ihrer Macher die Absage wirtschaftlich nicht überleben wird.)

Nrwjazz.eV. als Sprachrohr für den Jazz und damit für eine freie unabhängige Kultur kann daher nur daran appellieren, sich nicht vom Hysterie-Virus anstecken zu lassen, sondern einfach nur achtsam und vorsichtig zu sein. Achtsam, in dem man einschlägig bekannte, hygienische Vorsichtsmaßnahmen walten lässt. Denn so braucht sich niemand großartige Erlebnisse und die mit viel Engagement und Liebe geplanten Konzerte verleiden lassen.

Wir sind doch alle Jazzer. Das heißt, wir können mit neuen Anforderungen des Lebens viel besser umgehen als diejenigen, die sich nur sicher fühlen, wenn sie Gewohntes und Bekanntes (er-)leben. Denn gerade in schwierigen Zeiten ist die Begegnung mit anderen Menschen so viel wichtiger, als sich mit zum Teil absurden Informationen vieler Medien zu Hause einzuschließen, die vielfach in erster Linie auf das Erzeugen von Stimmungen und wenig auf sachliche Aufklärung aus ist. Deshalb: Seid vorsichtig und informiert euch gut, aber kommt trotzdem auf Livekonzerten zusammen, wo immer es (noch) geht!

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