Fenster für neues aufmachen
Aftershow-Talk mit JazzPott-Preisträger Peter Herborn
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper
Eine der traditionsreichsten Auszeichnungen im Ruhrgebiet bekam gestern einer der beständigsten Kulturschaffenden für die hiesige Jazz-Szene überreicht. Peter Herborn, Komponist, Bandleader, Posaunist und Folkwang-Professor nahm gestern Abend im Grillo-Theater den Jazz-Pott 2015 entgegen. Die Auszeichnung bekommt der Essener nicht wegen eines einzelnen Projektes, sondern wegen seines gesamten Wirkens.
Wofür hast Du den Jazzpott 2015 erhalten?
Das ist eine Kombination verschiedenen Anlässen.
Ja, Deine Kompositionen, die Arbeit mit Bands, das Wirken an der Hochschule und ein langjähriges Engagement bei der Etablierung von Jazzreihen kann man ruhig als Gesamtkunstwerk bezeichnen.
(Herborn lacht freudig)
Du bist Komponist und nicht Arrangeur und Dir ist diese Unterscheidung auch sehr wichtig. Warum?
Natürlich bin ich in erster Linie Komponist. Als Arrangeur bearbeitet man ja immer Fremdmaterial.
Und sowas kommt ja hinreichend aus der Unterhaltungsmusik.
Es wird ja eh schon genug rauf und runter recycelt im Jazz von heute. Wie ist da Deine Sicht?
Mein persönliches Verständnis von Arrangieren ist eher eine Art „Re-Komponieren“. Es geht darum, harmonische Abläufe zu verändern, Melodien weiterzudenken. Das meine ich damit.
Aber in Deiner neuen Komposition passiert noch viel mehr, oder?
Ja, es gibt für dieses Stück keine Vorbilder. Ich habe geguckt, was die Kollegen in dieser Hinsicht schon gemacht haben, aber nichts gefunden.
Wie haben Dir die Sänger gefallen?
Die Sängerinnen und Sänger des WDR-Rundfunkchores haben sich gerade wieder als internationaler Super-Chor verdient gemacht. Ich bin so froh, die hier zu haben.
Sind die Chor-Sätze der Kernaspekt dieses großen neuen Werkes? Der Ausgangspunkt für alles weitere?
Genau. Wie der Chor klingen soll , das war im Grunde die Ausgangsbasis für mich.
Du führst die Chor-Stimmen extrem modern in diesem Werk. Was für Einflüsse sind da?
Manche im Chor haben sofort an Messiean gedacht. Ligeti passt auch, wenn man an die Cluster-artigen Harmonien denkt. Aber ich will sowas in einen neuen Kontext setzen. Zusammen mit der Band ist dies einfach ein Versuch von mir, groovende, improvisierende Musik mit Aspekten von sogenannter ernster Musik zu verknüpfen.
Wenn man Jazz als künstlerisches Prinzip von Freiheit begreift, ist es doch auch angezeigt, die Fenster aufzumachen. Gerade wurde hier eine ganze Fensterfront weit geöffnet!
Das ist ein schöner Vergleich (lacht). Ich will einfach Dinge verknüpfen.
Eine Review über den Abend im Grillo-Theater folgt ….