20-jähriges Bestehen der Zeitschrift BASS PROFESSOR
„Der Bass ist das Herz der Musik“ (v. Karajan)
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Roland Kaschube, Heinrich Brinkmöller-Becker
Angesichts des Jubiläums der Zeitschrift BASS PROFESSOR führt Heinrich Brinkmöller-Becker ein Interview mit dem Chefredakteur und Herausgeber, Roland Kaschube. Die Jubiläumsausgabe, ein Doppel-Titel, ist soeben erschienen. Der umtriebige Zeitschriftenmacher ist in der Musikszene sehr gut vernetzt, macht selber Musik - gerne in einem Solo-Programm -, seine dritte CD ist in der Produktion, kümmert sich um den Instrumentenbau...
HBB: Wie kommt man als Musiker dazu, eine Zeitschrift herausgeben zu wollen, und dann noch eine über ausschließlich eine Instrumentengruppe?
RK: Naja, ich war, bevor wir mit einer Hand voll Enthusiasten 1996 das Magazin gegründet haben, ab 1993 Chefredakteur einer Live-Musik-Zeitschrift. Ich hatte mich somit schon vor dem BASS PROFESSOR im Verlagswesen getummelt. Und ohne profunde Fachkenntnisse hätte der Titel keine Chance gehabt. Zumal man auch wissen sollte, wie ein Zeitschriftenvertrieb funktioniert. Von dem ursprünglichen Gründungsquartett sind, neben mir, Karsten Fernau und Hervé Jeanne, der bis vor kurzem noch Bassist des leider viel zu früh verstorbenen Roger Cicero war, noch drei Leute vertreten. Da bin ich sehr froh drüber!
HBB: Wie muss man sich die Anfänge von BASS PROFESSOR vorstellen? War das ein Solo-Projekt von dir, oder wer war noch an Idee und ersten Schritten der Umsetzung beteiligt?
RK: Wir waren vier Leute am Anfang: Karsten Fernau war und ist zuständig für Tests, und Hervé Jeanne hat sich um die Belange der Kontrabassisten gekümmert. Der mittlerweile ausgeschiedene Lars Lehmann war Chefredakteur, und mein Posten war der des Herausgebers.
HBB: Was ist heute bei der Zeitschrift deine (hauptsächliche) Rolle?
RK: Nachdem Lars Lehmann Anfang 2015 die Segel gestrichen hatte, war der Sessel vakant und mir blieb nichts übrigens, als ihn zu übernehmen. Somit habe ich eine Doppelaufgabe. Ich bin nun Chefredakteur und Herausgeber in Personalunion. Allerdings sind wir sechzehn Mitglieder beim BASS PROFESSOR, wir sind ein Team! Mit Chefallüren käme ich nicht weit! (lacht)
HBB: Du machst selber Musik?
RK: Ich spiele in einer Rock-Band namens Judas Rising, die mir sehr viel Freude bereitet. Doch den Schwerpunkt lege ich momentan auf das Solo-Bass-Spiel, das ich immer wieder als eine besondere Herausforderung begreife. Ich stehe immer wieder gern vor der Aufgabe, die Leute mit nur vier Saiten unterhalten zu wollen. Und das gelingt mir auch meistens. Mittlerweile habe ich sogar verschiedene Programme, manche sind ruhig-lyrisch ausgelegt, manche jazzig und neuerdings gibt es ein klassisches Programm, das ich im Mozart-Dress aufführe. Wer gern mal stöbern möchte, für den gibt es auf www.Basslust.de ein paar nette Überraschungen…
HBB: Du unterhältst auch eine eigene Bassmarke, baust du auch selber Bässe?
RK: Nein, ich baue nicht selber, dafür habe ich ausgewählte Partner. Die Marke heißt „Löwenherz“ und wurde 2004 gegründet. Ich bin sehr, sehr froh, dass Stanley Clarke gleich drei Bässe von uns spielt!
HBB: Wie beeinflussen deine verschiedenen Funktionen als Musiker, als Herausgeber, als Redakteur, als Hörer, als Fan, als Instrumenten-Bauer und -Experte deine Arbeit an der Zeitschrift?
RK: Ich denke schon, dass mein persönlicher Musikgeschmack den Stil der Zeitschrift prägt. Allerdings ist mein Musikgeschmack auch recht weit gefächert. Kennst du noch jemanden, der Sodom UND die Münchner Freiheit hört?? (lacht)
HBB: Wie seid ihr auf den Titel BASS PROFESSOR gekommen? Ist der nicht anmaßend, für so manche vielleicht abschreckend?
RK: Den Titel habe ich mir selber ausgedacht. Wie genau ich darauf gekommen bin, weiß ich nicht mehr. (lacht) Es gab mal in den Achtzigern eine Bass-Zeitschrift mit dem Titel „Der rasende Bass-Bote“. In dieser gab es eine Kolumne namens „Prof. Dr. Sauerbass beantwortet Leserfragen“. Vielleicht hat mich das inspiriert? Dass der Titel „BASS PROFESSOR“anmaßend sein soll oder abschreckend, habe ich noch nie gehört. Und ein gewisses Augenzwinkern ist auch dabei. Der Name steht für das, was wir machen, wir als Team kümmern uns mit viel Herzblut um den E-Bass.
HBB: Wie würdest du das Profil vom BASS PROFESSOR umschreiben? Was ist das Besondere der Zeitschrift?
RK: Im Großen und Ganzen pflegen wir zwei stilistische Schwerpunkte: Der eine liegt auf dem (moderaten) Jazz und der andere auf der Rockmusik von hart bis weich. Dieser Mix hat sich bewährt und wird von den Lesern akzeptiert. Darüber hinaus schauen wir natürlich über den Tellerrand, da hatten wir auch schon Bassleute im Heft, die Reggae spielen, Country, Klassik oder Punk. Es sollte halt gut gemacht sein und sich von der Masse abheben und besonders sein. Abgesehen davon betreiben wir aktive Frauenförderung: Schon seit Jahren gibt es die Rubrik „Lady On Bass“. Da stellen wir Bassistinnen vor, die ambitioniert Bass spielen. Von der Schülerin bis zur Profi-Bassistin bis zum Nackedei– hatten wir alles schon dabei.
HBB: Wer ist in erster Linie Zielgruppe?
RK: Willkommen sind Leute, die gern E-Bass spielen. Das ist die Zielgruppe. Für den Kontrabass haben wir nur gelegentlich was zu bieten, und eigentlich ist dieses Instrument schon ein Paralleluniversum.
HBB: Kann man BASS PROFESSOR als Teil eines Musiker-Netzwerkes ansehen? Welchen Beitrag kann die Zeitschrift für die Stabilisierung der Musik-Infrastruktur leisten?
RK: Der BASS PROFESSOR versteht sich definitiv als das Sprachrohr der Szene! Da konnten wir in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine Menge Zusammenhalt stiften. Aus diesem Grund veranstalten wir alle zwei Jahre in Zusammenarbeit mit der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim ein Bass-Festival namens FEEL THE BASS. Dieser Bassday wird im nächsten Jahr in die sechste Runde gehen. Es gibt schon einen Termin, das ist der 15. Oktober 2017. Das wird wieder sehr tieflastig! (lacht)
HBB: Sitz von BASS PROFESSOR ist Köln, NRW: Zufall oder Kalkül?
RK: Gebürtig komme ich aus Hannover und gern betone ich, dass Hannover eine sehr unterschätzte Stadt ist. Allerdings finde ich Köln für unser Tätigkeitsfeld noch spannender. Vor allem die Verzahnung der vielen einzelnen Städte in NRW finde ich faszinierend. Mir gefällt dieser Menschenschlag sehr, die Leute sind offen und herzlich! Das ist doch ideal!
HBB: Was hat sich in den zwanzig Jahren verändert?
RK: Oje, soll das ein Buch werden? (lacht) Dazu hat sich zu viel verändert, vor allem durch das Internet hat sich vieles gravierend verändert, nicht unbedingt zum Besseren. Es scheint alles immer schneller gehen zu sollen, und mache Dinge brauchen einfach Zeit, um sich zu entwickeln. Die scheint es heute nicht mehr so richtig zu geben. Entweder Jetzt oder gar nicht. Ich bin mal gespannt, wo die Entwicklung hin geht…
HBB: Welche Highlights sind dir in Erinnerung geblieben?
RK: Highlights! Oje, das waren so viele! Stellvertretend nur eine Anekdote: Ich erinnere mich im Gründungsjahr 1996 gern daran, mit Geezer Butler von Black Sabbath in der Essener Grugahalle bei einem Konzert von Ozzy Osbourne Backstage zu sitzen , um ihn für den ersten BASS PROFESSOR zu interviewen. Der Mann war unglaublich nett, und wir durften sogar seinen Bass in die Hand nehmen! Wie du siehst, ging es schon mit einem echten Highlight los! Es sollten so viele folgen… Richtig froh bin ich darüber, mittlerweile einige von den wirklich großen Bassisten näher zu kennen, zu Billy Sheehan und vor allem zu Stanley Clarke habe ich einen sehr guten Draht! Wir reden auch über private Dinge. Die bleiben allerdings privat.
HBB: Wie gelingt dem BASS PROFESSOR die Balance zwischen den Interessen der Inserenten und denen einer (kritischen) Leserschaft?
RK: Man muss ein Gespür dafür haben, was die Leute lesen wollen und was gerade angesagt ist. Momentan z.B. Ist der leider viel zu früh verstorbene Jaco Pastorius wieder in aller Munde. Das liegt natürlich an dem Film, den der Metallica-Bassist Robert Trujillo mit viel Mühen über ihn gedreht hat. Aus diesem Grund habe ich den Hildesheimer Experten Jürgen Attig ins Team geholt, der ein ausgewiesener Jaco-Kenner ist. In der aktuellen Ausgabe beginnt ein äußert fundierter Workshop über Jaco! Wie man sieht, muss man den Finger am Puls der Zeit haben!
HBB: Was ist das Besondere der Jubiläumsausgabe?
RK: Die Jubiläumsausgabe ist am 16. September 2016 erschienen und etwas richtig Besonderes geworden! Zum ersten Mal in der Geschichte des BASS PROFESSORs gibt es einen Doppeltitel. Das Titelbild selber wird von einem unglaublich schönen Bass von Jens Riitter aus Deidesheim an der Weinstrasse verziert. Diesen Bass gibt es weltweit nur zweimal, und er wurde mit über 6000 Swarovski-Kristallen verziert. Ein echter Hingucker! Seit wir diesen Bass im Test hatten, weiß ich übrigens endlich, wie man „Swarovski“ schreibt! (lacht)
HBB: Gibt es in zehn Jahren noch eine Printversion?
RK: Die Frage ist schwer zu beantworten! Ich denke aber, dass es noch eine Printversion geben könnte. Der E-Bass als solcher ist ja ein sehr haptisches Instrument und will in die Hand genommen werden – und so ähnlich verhält es sich mit einer dazu passenden Zeitschrift. Ich bin mir über den gesamten Verlauf der Bass-Szene eher unschlüssig, die Rockmusiker werden immer älter und sterben aus, und gleiches gilt für die Jazzer. Wenn die Kids irgendwann nicht mehr Bass spielen wollen, sondern lieber mit irgendwas anderem daddeln, wird dieses wunderbare Instrument auf dem Dachboden der Zeit landen, so wie viele Instrumente vor ihm. Dem allerersten BASS PROFESSOR habe ich 1996 ein Zitat von Herbert von Karajan vorangestellt: „Der Bass ist das Herz der Musik“. Solange dieses Herz noch schlägt, wird es auch den BASS PROFESSOR noch geben.