10 Jahre Jazzfest Bonn – 70 Jahre Grundgesetz
Of Cabbages And Kings singen beim Bundespäsidenten
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Nathan Dreesen
Of Cabbages And Kings, die A-capella Gruppe der vier Jazzsängerinnen Zola Menneöh, Veronika Morcher, Laura Totenhagen und Rebecca Ziegler sang am Vorabend der Eröffnung des Jazzfestes Bonn in der Villa Hammerschmidt. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier lud zu einem Jazzkonzert ein. Of Cabbages and Kings eröffneten das Konzert, auf dem auch Sänger Thomas Quasthoff, die Pianistin Julia Hülsmann und der Vibraphonist Christopher Dell auftraten. Ein besonderes Konzert für die Musiker*innen und eine besondere Anerkennung für den Jazz als wichtiges Kulturgut.
Im Rahmen des Jazzfestes singen Of Cabbages And Kings im Volksbank-Haus in der Rheinaue. Das Konzert findet an einem historischen Datum statt. Am 23. Mai vor 70 Jahren wurde in Bonn das Grundgesetz verabschiedet. Das ist dem Publikum auf dem Konzert einen extra Applaus wert. Und was passt besser zu diesem Jubiläum als Jazz, eine Musik der Freiheit und Kreativität. Die vier Frauen der A-capella Gruppe präsentieren tiefgründige Texte mit großer Leichtigkeit und einem Schuss Humor.
Vier großartige Sängerinnen, die abwechselnd Solo und Begleitung singen. Die erste Solistin ist Rebecca Ziegler, die bekannt ist durch ihre Band SALOMEA und die auch in Anthony Gremingers experimenteller Band fx.LAB singt. Von ihr stammt auch der Bandname, der aus Lewis Carrolls Alice in Wonderland stammt. Die nächste Solistin ist Laura Totenhagen, die ein Shakespeare Sonett bearbeitet hat. Sie wechselt von Sprechgesang bis in die höchsten Lagen. Laura Totenhagen, die eigentlich Oboistin ist, hat sich dem Gesang zugewandt und hat einen Bachelor in Jazzgesang gemacht. Sie war schon letztes Jahr mit ihrem Quartett auf dem Jazzfest. Mit dem STEGREIF.orchester tourt sie durch ganz Europa. Sie hat auch das Auftragswerk Climb into my brain für das Jazzfest komponiert. Ausgangspunkt für den Text war ihre Frage: Was würde passieren, wenn man in die Köpfe der Leute schauen könnte?
Veronika Morcher, die aus dem Vorarlberg stammt und nun in Köln lebt, hat sowohl Lyrik von Ernst Kästner und Ingeborg Bachmann für das Quartett bearbeitet, als auch Pop- und Folksongs, z.B. von dem amerikanischen A-capella Frauentrio Mountain Man, das Appalachian Folkmusic singt. In Ingeborg Bachmanns Gedicht Nach grauen Tagen gibt es eine Zeile in der es heißt: „Meiner Seele Flügel geben…“. Genau das schafft der Gesang der vier Frauen. Of Cabbages And Kings zeigen wie ungeheuer kunstvoll vier Stimmen zusammen wirken können. Jedes Stück des Quartetts ist anders arrangiert. So wird in einem Stückmit Ein- und Zweistimmigkeit gearbeitet. Mal singen alle vier Frauen Einstimmig, dann übernimmt eine die zweite Stimme, dann wird die zweite Stimme von zwei bzw. später von drei Frauen gesungen. Diese verschiedenen Konstellationen wechseln immer wieder. In anderen Stücken geht es drei- und vierstimmig zu oder die Textzeilen werden nacheinander auf alle vier Sängerinnen verteilt, während die anderen Begleitung scatten oder summen. Auch experimentelle Techniken, wie Knarren, schnelles Sprechen oder abgerissene Wortfetzen, die an einen Sendersuchlauf im Radio erinnern, werden eingesetzt. Die Melodie des Shakespeare Sonetts 116 startet in A-moll und fächert sich dann auf. Von folkigen Stücken bis zu fast sakral anmutenden Songs bietet Of Cabbages And Kings eine riesige Bandbreite. Ein Programm mit viel anspruchsvoller Lyrik, bunt, vielfältig, tiefsinnig und voller Schönheit.
Wie an fast allen Tagen des Jazzfestes Bonnwird auch im Volksbank-Haus ein Doppelkonzert geboten. Das zweite Konzert des Abends ist ein Duo von den tschechischen Musikern Miroslav Vitous am Bass und Emil Viklický am Klavier. Miroslav Vitous war Gründungsmitglied der legendären Fusionband Weather Report. Er lebte lange in den USA und leitete in den 80ern die Jazz Abteilung des New England Conservatory of Music in Boston. Als er nach Europa zurückkehrte legte er mehr gewicht auf Komponieren und die Zusammenarbeit mit europäischen Musikern.
Emil Viklický ist eigentlich Mathematiker, aber als Jazzliebhaber und leidenschaftlicher Pianist wendete er sich dem Jazz Piano zu. Seine Kompositionen sind durch die tschechische Volksmusik beeinflusst. Das wird auch auf dem Konzert in Bonn deutlich. Das Programm der beiden Musiker besteht vor allem aus Kompositionen, die einen starken Hang zum Neoimpressionismus haben und volkstümliche Melodien aus Tschechien integrieren.
Die Zeitschrift Die Glocke schrieb über Miroslav Vitous, dass unter seinen Händen der Bass zu einem Geschichtenerzähler werde. Dies können auch die Zuhörenden in Bonn miterleben. Das Publikum im Volksbank-Haus ist begeistert und es gibt Standing Ovations.
Das weitere Programm Jazzfest Bonn: