Ruhrtriennale 2024 läuft
Konzerthighlights, Tanz, Musiktheater und Installationen
FOTO: Marbeth, Markus Werner, Mark Arthur, Jan Verweywelt, Ruhrtriennale
Die Ruhrtriennale ist bereits in vollem Gange und erfreut sich erwartungsgemäß großer Zuschauerzahlen. Zwar haben Jazz und improvisierte Musik etwas den Rückzug angetreten, man denke an die letzten Jahre und trauert vor allem den fantastischen Impro-Konzerten im Essener Maschinenhaus nach. Dennoch rechtfertigen zahlreiche Konzertereignisse bis zum 15. September den Besuch der postindustriellen Spielstätten im Ruhrgebiet.
Mit der vielbeachteten Auftaktveranstaltung gab der neue belgische Festival-Intendant Ivo van Hove auch als Regisseur einen überzeugenden Einstand: „I Want Absolute Beauty“ – so heißt ein als Rockkonzert inszeniertes Musiktheater mit der Schauspielerin Sandra Hüller als Sängerin, umrahmt von einer Tanzchoreografie. Richtig Ausstrahlung bekam die Sache durch den Namen einer ikonischen alternativen Rock-Künstlerin, die hinter diesem Projekt steht: Für alle 26 Songs dieses Spektakels zeigte die großartige PJ Harvey verantwortlich.
Die weiteren Konzerthighlights
Bis zum 15. September gibt es noch eine ganze Reihe ambitionierter Konzert-Highlights, von denen wir hier nur eine Auswahl präsentieren können. Das gesamte Programm, zu dem natürlich auch Tanz- und Musiktheater, Filmvorführungen, Performances, Workshops, Partys und bildende Kunst gehören, ist natürlich auf der Festival-Website nachzulesen, wo auch Tickets erhältlich sind. Bislang ist kaum eine Veranstaltung ausgebucht.
Ein programmatisch vielsagendes Novum in diesem Jahr ist die Reihe „Erased Music“, die sich über die nächsten drei Jahre erstreckt und vernachlässigte Komponisten und ihre bemerkenswerten Werke wieder in den Mittelpunkt rückt. Den Auftakt macht vom 29. bis 31. August der amerikanische Avantgarde-Komponist Julius Eastman, dessen Minimal Music noch kraftvoller und eindringlicher daherkommt als die seiner renommierten Kollegen Philip Glass und Steve Reich. Zwei spektakuläre und auch vom zeitlichen Rahmen her ambitionierte Konzertereignisse stehen in Bochums Jahrhunderthalle bevor: Das auf Eastman spezialisierte Ensemble Wild Up präsentiert zunächst seine meditative Komposition „Buddha“, bevor die aufwühlende Anti-Rassismus-Trilogie mit den provokanten Titeln „Evil Nigger“, „Gay Guerrilla“ und „Crazy Nigger“ neu interpretiert und auch visuell spannend inszeniert wird. Jedes dieser Konzerte verspricht ein unwiederholbaren Erlebnis, da die Musiker viel kreativen Freiraum für ihre Interpretationen haben.
Man hat mal wieder die Qual der Wahl: Zeitgleich, nämlich vom 30. bis 31.8 will der deutsche Komponist und Produzent Nils Frahm mit seiner unvergleichlichen Verbindung aus klassischer und elektronischer Musik auch viel Improvisationstalent unter Beweis stellen. Frahm vereint in seinem Werk Klavier, Flügel, Cembalo und Synthesizer mit Loops, Echoeffekten und Samples, um eine faszinierende Klangwelt zu erschaffen. Im Rahmen seiner Music for-Tour kommt Frahm im Zuge der Ruhrtriennale ins Ruhrgebiet, das in der Gießhalle, Landschaftspark Duisburg-Nord, das Alt und Neu auf einzigartige Weise vermischt.
Das Festivalprogramm präsentiert am 4. September in der Gießhalle vom Landschaftspark Duisburg Nord die afrikanische Künstlerin Angélique Kidjo. Die fünffache Grammy-Preisträgerin Angélique Kidjo hat in ihrer mehr als 40-jährigen Musikkarriere die Seele Afrikas in die Welt getragen. Ob in ihren panafrikanischen Songs oder in der Zusammenarbeit mit zahlreichen internationalen Künstlern wie Sting, Alicia Keys und Carlos Santana - die in Benin geborene Sängerin hat sich immer für Inklusion eingesetzt. In ihrem Konzert Celebrating 40 years verschmilzt Kidjo kubanische Salsa, kongolesische Rumba, Soul, Jazz und westafrikanische Musiktraditionen mit modernem afrikanischem Pop.
Zeitgenössische Kunst, die zum Nachdenken anregt
Neben den musikalischen Höhepunkten präsentiert die Ruhrtriennale in Kooperation mit Urbane Künste Ruhr und der Stiftung Zollverein auch beeindruckende Kunstausstellungen. Ein sinnliches Highlight, das auch zum Nachdenken über zeitgeschichtliche Prozesse anregt, ist die Installation „Landscapes of an Ongoing Past“, die den Wandel von Landschaften und Utopien, insbesondere im Kontext des ehemals sozialistischen Ostens Europas, untersucht und historische Werke mit zeitgenössischer Kunst verbindet. Eine begehbare Installation von Berlinde de Bruyckere über die Dualität der menschlichen Natur nennt sich „City of Refuge“ nach einem Song von Nick Cave. Wir alle brauchen Sicherheit, gleichzeitig sehnen wir uns nach Freiheit. „City of Refuge IV“ will alle Schutzsuchenden und diejenigen, die ihnen Schutz gewähren, würdigen – indem es zu Mitgefühl und Empathie aufruft und die Dualität der menschlichen Natur untersucht.