Traumzeit-Festival
"Offener Brief" fordert Solidarität
Trotz aller Irritationen und allem Wind gegen die Initiative “TRAUMZEIT ist zu retten” kommen die Initiative voran. Auf dem nächsten Podium am Samstag 10.03. 2012 um 15 Uhr im MercatorQuartier wird auch Kulturdezernent Karl Janssen Platz nehmen, dazu sind auch Uwe Gerste und Frank Jebavy von DMG geladen. Zusätzlich sind Einladungen an alle kulturpolitischen Sprecher der Ratsfraktionen und an die Medien herausgegangen. Vor allem aber setzt die Initiative auch auf große Beteiligung der Kulturschaffenden und -Szene aus dem gesamten Ruhrgebiet. Zeigt also Flagge, macht mit und nehmt Einfluss auf die Gestaltung des TRAUMZEIT-Festivals.
Nach dem einstimmigen Beschluss des Kulturausschusses gestern, 06. März für die Durchführung des Festivals vom 06.-08.Juli 2012 im ehem. Meidericher Hüttenwerk besteht nun die Hoffnung, dass dies als positives Signal aufgenommen wird und Entscheidungen für die Bereitstellung von Fördermitteln des Landes NRW wie auch von weiteren privaten Sponsoren und Spendern nach sich ziehen wird. Eine attraktive Gestaltung des Festivals trotz des Verlusts des Großsponsors wird allerdings noch ein gehöriges Stück Arbeit und Anstrengung erfordern.
Vielleicht sind die intensiven Aktivitäten der Duisburger mal die Chance zum Einen die stiefmütterliche Behandlung des Jazz in vielen Medien und der Politik zu thematisieren und zum Anderen der Anlass, die JazzSzene des Ruhrgebiets näher zusammenrücken zu lassen.
Hier nun die Kurzfassung des öffentlichen Briefs von
Tim Isfort
zu diesem wichtigen Thema für den Jazz nicht nur in Duisburg.
Offener Brief und Aufruf zum Traumzeit Festival Duisburg
(Kurzfassung)
Die vollständige Version dieses Briefes finden Sie unter:
www.tim-isfort.de
Von
Tim Isfort
Künstlerische Leitung
TRAUMZEIT
Festival am Hochofen
6. – 8. Juli 2012
www.traumzeit-festival.de
tim.isfort@traumzeit-festival.de
Duisburg, 08.03.2012
Sehr geehrter Herr Beigeordneter Janssen (Kulturdezernent der Stadt Duisburg),
sehr geehrter Herr Gerste (Geschäftsführer der Duisburg Marketing GmbH)
sehr geehrter Herr Jebavy (Leiter des Festivalbüros der Duisburg Marketing GmbH),
nachrichtlich an
Frau Ministerpräsidentin des Landes NRW Hannelore Kraft
Frau Ministerin Ute Schäfer
Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport, NRW
Frau Regierungspräsidentin des Landes NRW Anne Lütkes
die Ratsmitglieder der Stadt Duisburg
die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Duisburg
sowie alle Kultur-, Medien- und Projektpartner und Förderer des Festivals
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Festivalbesucher,
seit Ende 2008 bin ich mit der künstlerischen Leitung des Musikfestivals „Traumzeit“ im alten Hüttenwerk Meiderich („Landschaftspark Duisburg-Nord“) beauftragt und möchte meinem Vertrag entsprechend das mittlerweile im 16. Jahr befindliche Festival zum Erfolg für Duisburg machen. Im September 2011 hatte der bisherige Hauptsponsor RWE nach sieben Jahren sein großartiges Engagement beendet. Seither ist viel Zeit vergangen und viele Möglichkeiten und Chancen wurden noch nicht genutzt, um das Festival zu retten und langfristig zu erhalten.
Ich möchte mit diesem offenen Brief etwas erreichen: ich möchte Mut freisetzen, sich in unserer Stadt aktiv an der Rettung der TRAUMZEIT zu beteiligen, ein Zeichen setzen für einen gemeinsamen Neuanfang. Dazu möchte ich verschiedene Vorschläge machen und auf bisher ungenutzte Möglichkeiten hinweisen.
Die TRAUMZEIT als Entdeckungsreise zwischen Pop, Jazz, World, Indie, Klassik und Avantgarde ist in der europäischen Festivallandschaft einzigartig.
Im vierten Jahr nun entwickeln mein Team und ich das Festival weiter, haben es für eine nachrückende Generation geöffnet.
Das aus dem ersten internationalen Kulturaustausch mit Myanmar (Birma) auf der NRW-Plattform TRAUMZEIT hervorgegangene gemeinsame musikalische Projekt „Myanmar meets Europe“ ist über Pfingsten auf renommierten Festivals „moers festival“ und dem „music meeting“ in Nijmegen (NL) zu Gast – als Kooperationsprojekt mit der Duisburger TRAUMZEIT.
Was kann nun getan werden, um die aktuelle Situation als Neuanfang zu begreifen?
Der gemeinsame Wille der Duisburger Politik, der Zivilgesellschaft und der Industrie muss sich in Taten ausdrücken. Die ersten Zeichen sind gesetzt: in der Sitzung vom 6.3.2012 sprach sich der Kulturausschuss einstimmig für eine Durchführung des Festivals 2012 aus. Die besorgten und bisweilen kritischen Briefe vieler Bürger/innen und bundesweit auch von Künstlern und Kulturschaffenden belegen die große Bedeutung der TRAUMZEIT in der Zivilgesellschaft.
Wie aber sieht es um die Finanzierung aus? Appelle und Lippenbekenntnisse reichen bekanntermaßen nicht - genauso wenig, wie die letzmalig bereitstehenden städtischen Mittel in Zeiten der Haushaltskonsolidierung. Die bisherigen städtischen Mittel für kulturelle Sonderveranstaltungen sind für 2012 noch einmal freigegeben, außerdem könnten andere Restmittel einfließen. Einige der bisherigen kleineren oder mittleren Sponsoren bleiben bestehen, andere konnten in den vergangenen sechs Monaten offenbar nicht gehalten werden.
Das Land NRW prüft aufgrund der besonderen Problemlage um die Erhaltung des Traumzeit-Festivals aktuell, ob eine einmalige besondere Landesförderung genehmigungsfähig ist.
Für 2013 ff. könnten Förderungen für Sonderprojekte innerhalb des Festivalprogramms von Kunststiftungen und Kulturinstituten einfließen. Der Bund könnte angefragt, EU-Mittel sowie Stiftungsgelder noch beantragt werden. Für das Festival 2012 wären viele dieser Wege noch möglich gewesen, jedoch sind inzwischen die meisten Antragsfristen verstrichen.
Für die Fortführung des Kulturaustauschs mit Myanmar habe ich ein Projekt entwickelt, das sowohl die renommierte TRAUMZEIT-Auftragskomposition als auch „music for silent movies“ eint. Mitwirken werden neben einem birmanischen Ensemble eine Kammerbesetzung der Duisburger Philharmoniker sowie Blixa Bargeld („Einstürzende Neubauten“). Das Duisburger „filmforum“ unterstützt das Projekt mit der filmischen Rekonstruktion sowie der Rechteklärung der deutschen und birmanischen Stummfilme aus den 30er Jahren.
Ich habe in den vergangenen Monaten immer wieder positive Überraschungen erlebt, wenn ich mit Duisburger Menschen gesprochen habe, die erst sehr spät von der Schieflage des Festivals durch die Medien erfuhren. So haben beispielsweise mehrere private Förderer spontan zugesichert, jeweils 1000,- € als Privatspende in die Waagschale zu legen.
Hier sehe ich die dringende Notwendigkeit, eine gemeinsam von Politik und Festival getragene öffentliche Kampagne zu organisieren – ein Aufruf „100 x1000,- €“. Dies hatte ich bereits im Oktober und November 2011 den städtischen Verantwortlichen vorgeschlagen.
Ein Spendenkonto „Traumzeit Retter“ bei der Sparkasse Duisburg wäre doch eine sehr einfache, medienwirksame und effiziente Aktion. Ich glaube, dass jetzt die Zeit ist, diesen Mut, dieses zivilgesellschaftliche Engagement freizusetzen.
Eine große Geste wäre es sicherlich, wenn auch die politischen Verantwortlichen in Duisburg ein persönliches Zeichen setzen würden, indem sie z.B. in einen solchen „Rettungsschirm für die Kultur“ einzahlen. Ich bin überzeugt, dass solche Taten bei der Bevölkerung verlorenes Vertrauen in die Duisburger Politik wiederherstellen werden.
Und wie sieht es mit der Duisburger Industrie und Wirtschaft aus? Niemand erwartet, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Millionenbeträge in die Kultur fließen. Aber es gibt viele Unternehmen und Konzerne in dieser Stadt, denen – gerade in diesen Zeiten – die Kultur in Duisburg durchaus fünfstellige Beträge wert sein sollten – denn Kunst und Kultur sind keine schwarzen Löcher, in denen große Mengen Geld einfach für immer verschwinden. Eine preisweitere bundesweite Werbung für die Stadt Duisburg als TRAUMZEIT gibt es nicht. Jede in Auftrag gegebene Imagekampagne würde ein Mehrfaches des Traumzeitbudgets kosten.
TRAUMZEIT ist die Schnittstelle zwischen Hochkultur und Szene. Wir brauchen in Duisburg eine vitale Szenekultur – die Abwanderung von qualifizierten, kreativen Menschen muss dringend gestoppt werden.
Ein ganz mutiges Beispiel kommt aktuell aus Duisburg: Stefan Höhnerbach, der mit seiner Firma für Veranstaltungstechnik von Beginn an das Traumzeit-Festival betreut hat, ist bereit, in diesem Jahr sämtliches technisches Material kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Im letzten Jahr hätte dies einem Gegenwert von etwa 50.000 - 60.000 € entsprochen. Hier ist also jemand, der den entscheidenden ersten Schritt wagt, weil er die Wichtigkeit des Festivals kennt, die Entwicklung über bisher 15 Jahre TRAUMZEIT verfolgt hat und das Potential des Festivals sieht.
Wer macht den nächsten Schritt?
Ein Konzern, eine Arztpraxis? Ein Makler, eine Reinigungsfirma, ein Spielzeuggeschäft?
Eine große Spedition, eine private Musikliebhaberin? Ein Banker, ein Bauunternehmer, eine Sportlerin, ein Autohändler, die Fachanwältin für Insolvenzrecht...
TRAUMZEIT 2012 kann stattfinden! Es müssen nur alle Kräfte initiativ und sichtbar daran mitwirken - jetzt! Im Moment reicht das Geld für etwa die Hälfte der bisherigen Festivalgröße. Wir haben mit TRAUMZEIT ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal, das viele andere und kommerziellere Festivals in größeren Städten nicht sind. Es gibt keinen Grund, sich unnötig klein zu machen! Lassen Sie uns gemeinsam investieren, dann werden die externen Besucher das Doppelte der Ticketeinnahmen an Kaufkraft in unsere Stadt bringen. Und Jahr für Jahr können es mehr werden...
Es liegt nun an uns allen in Duisburg, diese Möglichkeit zu nutzen – nur Mut! Lassen Sie uns auch zukünftig gemeinsam TRAUMZEIT erleben und wieder stolz auf Duisburg sein!
Herzliche Grüße vom Hochofen
Tim Isfort
weitere aktuelle Informationen unter: https://noblahblah.wordpress.com/