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Traumzeit-Festival

Droht das Aus?

Duisburg, 07.02.2012

Seit nun fast anderthalb Jahrzehnten hat sich Duisburg im internationalen Musikfestivalkalender einen weithin hochgeschätzten Ruf erworben mit der TRAUMZEIT - im wahrsten Sinne des Wortes - am ersten Juli-Wochenende.

Das Jazz- und Weltmusik-Festival unter dem Hochofen wurde zu einem Ankerpunkt der Ruhrgebietskultur. Unter neuer künstlerischer Leitung gelang in den letzten Jahren der Spagat, sowohl hochkarätige internationale Stars und Bands zu verpflichten als auch der regionalen Jazz- und Avantgarde-Szene eine Bühne zu geben. Damit öffnete sich das Festival für immer mehr Musiker und Musikfreunde. Sein genialer Ort zwischen den Hochöfen im Landschaftspark Nord sorgt Jahr für Jahr wieder für ein kulturell-gesellschaftlich Ereignis von in Europa einzigartiger Stimmung.

Das drohende Aus für das TRAUMZEIT-Festival ist eine schockierende Entwicklung. Sie bedeutet, dass im eh schon finsteren Duisburg noch mehr Lichter ausgehen. Keine Frage: die soziale und kulturelle Verarmung zerfrisst die Substanz dieser Stadt, bedroht Kultureinrichtungen, die um sich greifende Kommerzialisierung verödet die Lebensqualität aller Bürger. Es ist Zeit, aus der Sackgasse herauszukommen, in die Parteien-Hickhack und gelähmte kreativlose Verwaltung das Kulturleben in Duisburg manövriert haben.

Während Millionen und Aber-Millionen in Duisburg für großmannssüchtige Projekte verpulvert wurden, bewegten sich die letzten Budgetposten für die städtische Kultur und ihre Förderung gen Null. Das kann nicht so weitergehen, das fordert bürgerschaftliches Engagement heraus. Die Duisburger wollen doch in einer Stadt leben und sie mitgestalten, die strahlt und dampft, die Anregungen für Initiative und Kreativität bietet sowie ein Klima für kulturelle Vielfalt, Solidarität und Heimat. Das braucht Wagnis, Vision und Engagement – Eigenschaften, die nicht in der Kulturpolitik des Rathauses erkennbar sind. Es ist daher nicht hinnehmbar, dass das TRAUMZEIT-Festival wg. 230.000 € Sponsorengelder die Emscher hinuntergehen soll. Kultur ist nicht Luxus, sondern Lebensmittel – für alle und nicht nur für Bemittelte. Es muss und kann ein Ausweg aus dem kulturellen Bankrott gefunden werden, sofern dafür der Wille besteht.

Kämpft für die TRAUMZEIT!

Bitte nehmt dies als Anregung mitzuwirken an der öffentlichen Meinungsbildung zum Erhalt des Festivals. Sehr geeignet dafür ist sicher die Form des Leserbriefs an Zeitungen, weil hier die größte Öffentlichkeit erreicht wird. Briefe und Anrufe bei den städtischen Verantwortlichen tun auch Ihre Wirkung. Sie können ja dann auch den Medien zur Kenntnis weitergleitet werden. Vor allem aber sollten wir viele sein.


Hier ein paar Kommunikationsdaten:

Oberbürgermeister: Adolf Sauerland (CDU)
Tel: 0203 283 2106 E-Mail: a.sauerland@stadt-duisburg.de Burgplatz 19, 47049 Duisburg

Kulturdezernent (und zweiter Geschäftführer der Duisburg Marketing GmbH): Karl Janssen (CDU)
Tel: 0203 283 6801 E-Mail: k.janssen@stadt-duisburg.de Landfermannstr. 6, 47051 Duisburg

Duisburg Marketing GmbH Geschäftsführer: Uwe Gersten (CDU)
Tel: 0203 305 2512 E-Mail: uwe.gerste@duisburg-marketing.de Landfermannstr. 6, 47051 Duisburg

Leiter des Festivalbüros der Duisburg Marketing GmbH: Frank Jebavy (SPD)
Tel: 0203 283 2716 E-Mail: frank.jebavy@duisburg-marketing.de
Landfermannstr. 6, 47051 Duisburg

Künstlerischer Leiter TRAUMZEIT-Festival: Tim Istfort
Tel. 0203 - 283 4434 E-Mail: tim.isfort@traumzeit-festival.de


WAZ redaktion.duisburg@waz.de
Chefredakteur ist Oliver Schmeer: o.schmeer@waz.de

NRZ: lok.duisburg@nrz.de

Rheinische Post redaktion.duisburg@rheinische-post.de
Zuständiger Redakteur: peter.klucken@rheinische-post.de


Zur Sachlage beim TRAUMZEIT-Festival

Das renommierte Duisburger Traumzeit Festival ist existenziell gefährdet. Durch die Beendigung des Vertrages seitens des bisherigen Hauptsponsors RWE Mitte September 2011 steht das seit 15 Jahren bestehende Festival seit fünf Monaten vor dem Aus. Wer weiß, wie viel Aufwand es bedeutet ein solches Festival zu organisieren fragt sich: Warum erst jetzt die Öffentlichkeit informiert wird.

Am ersten Wochenende im Juli begegnen sich seit nunmehr 15 Jahren Weltstars, Geheimtipps und Überraschungen aus den verschiedensten musikalischen Genres in der unvergleichlichen Kulisse des alten Hüttenwerks Duisburg-Meiderich. Jazz, Pop, Weltmusik, Indie, Elektro, Avantgarde und Klassik stehen, seitdem Tim Isfort 2009 die künstlerische Leitung übernahm, gleichberechtigt nebeneinander. Stil-Pluralismus und Vielfalt, singuläre Sonderprojekte und die Öffnung für eine junge nachrückende Generation sind die Alleinstellungsmerkmale von Traumzeit, einem Festival, das man bundesweit, vielleicht sogar europaweit so nicht wiederfindet.

Nun zeigen sich die städtischen Verantwortlichen überrascht vom "unerwarteten" Ausstieg des Hauptsponsors. Offenbar wurden in der Vergangenheit weder Verhandlungen zu einer Vertragsverlängerung mit dem Energiekonzern geführt, noch haben die Duisburger Veranstalter rechtzeitig nach neuen und vielfältigen Sponsoren und Partnern Ausschau gehalten. Seit nunmehr fünf Monaten hat es der Kulturdezernent Karl Janssen nicht fertiggebracht, die Finanzlücke zu schließen. Bis heute konnte er nicht einen Euro zur Rettung des Festivals akquirieren. Die anderen städtischen Verantwortlichen, Duisburg Marketing Chef Uwe Gerste und dessen Festivalbüroleiter Frank Jebavy verweisen auf den Dezernenten, der alleinig für die Beschaffung von Geldern verantwortlich sei. Man argumentiert ausschließlich damit, dass ja kein Geld in den städtischen Kassen und durch den "plötzlichen" Wegfall des Hauptsponsors RWE das Festival somit "nicht gesichert" sei. Abgesehen von einem einstimmigen Appell des Kulturausschusses zum Erhalt des Festivals hat die Stadt Duisburg in dieser Zeit nichts erreicht. Vielleicht auch: nichts erreichen wollen? Denn man weiß bei der Stadt und ihrer Tochtergesellschaft Duisburg Marketing (DMG) offenbar, dass es in der Stadt selbst keine große Lobby für ein Festival gibt, das überregional und mittlerweile europaweit einen großen Namen hat. Vielleicht hat man dies bei der städtischen Marketinggesellschaft auch noch gar nicht erkannt?

Duisburg hat viele andere Probleme, ist die ärmste Stadt im Ruhrgebiet, mit einer Arbeitslosigkeit von 13,2 %. Ganze Stadtteile drohen kulturell zu veröden, die Integrationspolitik steht vor großen Herausforderungen, in der Kinder- und Jugendarbeit sind die Bedingungen schon jetzt unverantwortbar - und es wird munter weiter gekürzt. Der Kulturetat des städtischen Jahreshaushalts beträgt gerade einmal 2,7%.

Die Lähmung von Politik und Verwaltung seit der Tragödie der Loveparade am 24.07.2010 setzt der schwarz-grün regierten Stadt obendrein zu - in einem solchen Zustand der Agonie kann auch keine starke und aktive Opposition entstehen. Die Bürgerschaft ist demoralisiert und wütend, die Wirtschaft angeschlagen und vorsichtig. Der einzige und vermutlich letzte Jazzclub in Duisburg steht seit über einem Jahr vor dem Aus, die alternative Clubszene kämpft ums Überleben zwischen subventionierter Hochkultur und Systemgastronomie.

In der Summe könnte man vermuten: Man will in Duisburg gar keine Traumzeit! Sehen die Verantwortlichen nicht, dass das einzige Festival mit überregionaler Aussenwirkung sehr positiv dazu beitragen könnte, das angekratzte Image der Stadt bundesweit wieder herzustellen?
Indes versucht der künstlerische Leiter Tim Isfort alles, um das Festival noch 2012 möglich zu machen. Obwohl er seit Anfang des Jahres von der DMG nicht mehr bezahlt wird, hält er Kontakte und Optionen mit Künstlern, Agenturen und Kulturpartnern aufrecht, so lange er die Chance noch sieht, dass Traumzeit im Juli wieder zum kulturellen Highlight in Duisburg und der Region werden kann.

In der öffentlichen Debatte stellt sich Dezernent Janssen zwar demonstrativ hinter Isfort, aber Isfort wartet bis heute vergeblich auf Antworten auf seine Alternativ-Vorschläge und Rettungskonzepte, die er den städtischen Verantwortlichen in den vergangenen Monaten vorgestellt hat. Ein konstruktives gemeinsames Gespräche steht bis dato aus. Möglicherweise planen die städtischen "Kreativen" ja bereits das nächste Groß-Event im Duisburger Landschaftspark-Nord (so der offizielle Name des Hüttenwerks Meiderich), familienfreundlich, mit Bratwurst, Matjes und nieder schwelligerem Programm - ganz ohne "elitären" Jazz, "nervige" Weltmusik und "laute" Popkultur. Das nächste stadtfestähnliche Event ließe sich sicher besser "vermarkten"...

Doch zu mehr als der wiederholten Verlängerung der "Deadline" hat es nicht gereicht - diesmal bis zum Abwahltermin von Oberbürgermeister Adolf Sauerland am 12.2. 2012.

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