Shortcut ins neue Jahr
Vier Kontinente, ein Abend, pure Jazzmagie
Frankreich trifft Mali, Free Jazz prallt auf Griot-Tradition – beim „Shortcut" des Internationalen Jazzfestivals wird's am 3. Januar 2026 im Theater Münster wieder richtig vielseitig.
Die Zeit zwischen den Jahren hat ihren ganz eigenen Zauber – und Münster nutzt ihn, um das neue Jahr mit einem dichten Programm voller musikalischer Entdeckungen zu begrüßen. Am Samstag, 3. Januar, verwandelt sich das Große Haus im Theater Münster ab 17.30 Uhr in einen pulsierenden Schmelztiegel der Klänge. Vier Konzerte, die unterschiedlicher kaum sein könnten, versprechen einen Abend der „Ästhetik der Kontraste" – genau das ist das Motto, das Festival-Chef Fritz Schmücker sich auf die Fahnen geschrieben hat. Und wenn man die Line-up anschaut, wird klar: Der wohl langjährigste Festivalleiter im Land hat aktuelle internationale Acts an Land gezogen, die zeigen, wie vielfältig Jazz heute klingen kann.
Den Auftakt macht eine echte Deutschlandpremiere: Robinson Khoury, Frankreichs gefeierten Shooting-Star an der Posaune, bringt sein „Quatuor Demi-Lune" mit nach Münster. Khoury ist einer dieser Musiker, die nicht in Schubladen passen wollen – und auch gar nicht können. Der Mann jongliert mit musikalischen Traditionen wie andere Leute mit Bällen: arabische Melodien treffen auf Bach, Arvo Pärt flirtet mit Steve Reich, und irgendwie ergibt das alles einen Sinn, der weit über die Summe seiner Teile hinausgeht. Gemeinsam mit Lina Belaïd am Cello, Simon Drappier am Kontrabass und Eve Risser am Klavier erschafft Khoury eine kammermusikalische Klangwelt, die Grenzen nicht nur überschreitet, sondern geradezu auflöst. Hier begegnen sich Kulturen auf Augenhöhe, feiern ihre Unterschiede und verschmelzen zu etwas ganz Neuem.
Danach folgt ein musikalischer Bruch, der es in sich hat: „Ruf der Heimat" heißt das deutsche Quartett, das Free Jazz der Extraklasse bietet – wild, ungezähmt und voller Energie. Für Münster ist dieser Auftritt auch ein emotionales Heimspiel: Willi Kellers am Schlagzeug und Thomas Borgmann am Saxofon sind gebürtige Münsteraner, die vor rund 40 Jahren ihre Heimatstadt verlassen haben, um sich in der großen weiten Jazzwelt einen Namen zu machen. Jetzt kehren sie zurück, zusammen mit Christoph Tewes an der Posaune und Jan Roder am Bass. Was die vier da auf die Bühne bringen, ist Improvisation pur – Musik, die im Moment entsteht, scheinbar chaotisch und doch perfekt aufeinander abgestimmt. Eine Spielfreude, die ansteckend ist, und eine künstlerische Freiheit, die man spüren kann.
Der Abend bleibt kontrastreich: Eve Risser betritt erneut die Bühne, diesmal an der Seite der malischen Sängerin Naïny Diabaté. Ihr gemeinsames Programm trägt den vielsagenden Titel „Anw Be Yonbolo" – auf Bambara bedeutet das „Wir sind zusammen". Und genau darum geht es: Die beiden Ausnahmekünstlerinnen bringen die westafrikanische Griot-Tradition mit europäischer Improvisationsmusik zusammen. Rissers Klavierspiel und Diabatés Gesang sind dabei mehr als nur zwei parallele Klangstränge – sie verweben sich zu einem künstlerischen Ganzen, das zeigt, wie bereichernd die Begegnung verschiedener Musikkulturen sein kann. Wer das Duo live erleben will, sollte sich die Chance nicht entgehen lassen: In Deutschland ist „Anw Be Yonbolo" erst zum dritten Mal zu hören.
Den krönenden Abschluss liefert Richard Koch mit seinem Quintett „Rays of Light". Der Wahlberliner Trompeter ist ein musikalischer Grenzgänger par excellence, ein Wanderer zwischen den Welten. Seine Musik nimmt das Publikum mit auf eine Reise durch Europa und darüber hinaus: Jazz verschmilzt mit Balkan-Klängen, Klezmer mischt sich mit mediterraner Folklore, und gemeinsam mit Fabiana Striffler an der Violine, Valentin Butt am Akkordeon, Andreas Lang am Kontrabass und Nora Thiele an den Frame-Drums entsteht eine Klanglandschaft, die betörend und leichtfüßig zugleich ist. Musik, die das Publikum beschwingt und mit einem Lächeln ins neue Jahr entlässt – der perfekte Ausklang für einen Abend voller musikalischer Entdeckungen.
Und wer nach dem offiziellen Programm noch nicht genug hat: Am Samstagabend steigt die traditionelle nächtliche Jam-Session in der Atelier Bar. Neu in diesem Jahr ist die Erweiterung des Festivals um einen Sonntagstermin: Am 4. Januar um 12 Uhr lädt die Dominikanerkirche zu Improvisationen ein – ein atmosphärischer Ausklang in sakralen Räumen, der das „Shortcut"-Festival um eine besondere klangliche Dimension erweitert. Beide Veranstaltungen sind kostenlos und zeigen einmal mehr, dass Jazz in Münster nicht nur auf die große Bühne gehört, sondern überall dort entstehen kann, wo Musiker aufeinandertreffen und sich gegenseitig inspirieren.
Wichtig: Der Kartenvorverkauf für den Festivalabend im Theater läuft ab sofort – und zwar ausschließlich online über www.theater-muenster.com. Wer dabei sein will, sollte schnell sein: Das „Shortcut"-Festival ist erfahrungsgemäß binnen kürzester Zeit restlos ausverkauft. Also: Kalender zücken, Wecker stellen und am Montag direkt zuschlagen. Denn wer zögert, wird diesen Abend der musikalischen Kontraste vermutlich nur noch vom Hörensagen kennen.
Weitere Infos zum Programm gibt's unter www.jazzfestival-muenster.de.
