NRW hat die Nase vorn
Applaus fürs domicil und weitere Spielstätten
FOTO: Bernhard Schinn (Initiative Musik)
Dortmunder Jazz-Institution gewinnt 40.000 Euro für bestes Livemusikprogramm Deutschlands – Nordrhein-Westfalen räumt mit 15 Auszeichnungen ab.
Das Dortmunder Domicil darf sich fortan als Deutschlands bester Livemusik-Club bezeichnen: Bei der Verleihung der Applaus-Awards der Initiative Musik am Montagabend in München überreichte Kulturstaatsminister Wolfram Weimer den mit 40.000 Euro dotierten Hauptpreis in der Kategorie „Bestes Livemusikprogramm" an die traditionsreiche Jazz-Spielstätte. Ein Triumph nicht nur für Dortmund, sondern für die gesamte nordrhein-westfälische Spielstättenlandschaft: Mit insgesamt 15 Auszeichnungen holte NRW mehr Preise als jedes andere Bundesland – ein eindrucksvoller Beleg für die Dichte und Qualität der regionalen Musikszene.
Die Initiative Musik verteilte zum zwölften Mal insgesamt 1,7 Millionen Euro Preisgeld an 88 Gewinner aus ganz Deutschland. Prämiert wurden herausragende Leistungen, kreative Programmgestaltung und gesellschaftliches Engagement. „Ob Pop, Punk, elektronische Clubsounds oder Jazz – die ausgezeichneten Orte stehen für Kreativität, Leidenschaft und Offenheit", heißt es in der offiziellen Pressemitteilung.
Kulturpolitisches Bekenntnis zur Clubkultur
„Musikclubs sind ein wichtiger Teil der kulturellen Infrastruktur unseres Landes und das kreative Rückgrat der deutschen Populärmusikkultur", betonte Weimer bei der Preisverleihung – wunderbare Worte, vollmundig vorgetragen. „Wir alle können stolz darauf sein, dass Deutschlands Clubszene Weltruhm genießt – nicht nur Legenden wie das Berliner Berghain, sondern auch die vielen kleineren und größeren Clubs landesweit." Der Minister kündigte Verbesserungen beim Bau- und Immissionsschutzrecht an – Beteuerungen und Versprechungen, die jetzt angesichts existenzieller Bedrohungen durch steigende Mieten und verschärfte Auflagen in konkretes Handeln und verbindlicher Gesetzesinitiativen münden müssen – man darf gespannt sein.
Mehr als ein halbes Jahrhundert Jazzgeschichte
Das Domicil, 1968 als Verein gegründet, ist das älteste freie Kulturzentrum Dortmunds und weit über die Stadtgrenzen hinaus als Jazz-Institution von Rang bekannt. Damals war das erklärte Ziel, dem Jazz in der Ruhrgebietsstadt eine feste Heimat zu geben – ein Vorhaben, das mehr als ein halbes Jahrhundert später eindrucksvoll Früchte trägt. Bis heute wird die Spielstätte maßgeblich durch ehrenamtliches Engagement getragen, was die Auszeichnung umso bemerkenswerter macht: Sie würdigt nicht nur künstlerische Exzellenz, sondern auch die Beharrlichkeit einer kulturellen Arbeit jenseits kommerzieller Verwertungslogiken. Am 19. November starten dort bereits die 32. Jazztage.
NRW als Gravitationszentrum des deutschen Jazz
Besonders bemerkenswert bei der diesjährigen Preisvergabe: die ausgeprägte Präsenz von Jazz-Spielstätten aus Nordrhein-Westfalen. Neben dem Domicil wurden auch der Jazzklub Krefeld sowie The Dissonant Series aus Bonn in der Kategorie „Beste kleine Spielstätten und Konzertreihen" mit jeweils 10.000 Euro ausgezeichnet. Diese Häufung ist kein Zufall, sondern Ausdruck einer über Jahrzehnte gewachsenen Infrastruktur: NRW hat sich als Gravitationszentrum der deutschen Jazzszene etabliert – ein Status, der durch kontinuierliche künstlerische Arbeit, die Pflege internationaler Netzwerke und die Förderung experimenteller Formate erkämpft wurde.
Die Preisträger im Überblick
Neben dem Domicil erhielten in der Hauptkategorie „Beste Livemusikprogramme" drei weitere nordrhein-westfälische Venues je 40.000 Euro: das King Georg in Köln, das Loch in Wuppertal und der Musikbunker in Aachen. Bundesweit wurden in dieser Kategorie 20 Einrichtungen ausgezeichnet, darunter das Cassiopeia und KM28 in Berlin sowie der Z-Bau in Nürnberg.
Als „Beste Livemusikspielstätten" wurden die Black Box im Cuba in Münster sowie das Loft in Köln geehrt. In dieser Kategorie erhielten bundesweit 22 Preisträger jeweils 25.000 Euro, den Hauptpreis gewann das objekt klein a in Dresden.
In der Kategorie „Beste kleine Spielstätten und Konzertreihen" gingen bundesweit 43 Auszeichnungen mit jeweils 10.000 Euro an die Gewinner. Den Hauptpreis sicherte sich die villaWuller in Trier. Aus NRW wurden neben Jazzklub Krefeld und The Dissonant Series Bonn auch der Bruitkasten Köln, Cute Community Radio Bochum, GZM Aachen, Indie Radar Ruhr Oberhausen, die Insel Wuppertal, Lokal Harmonie Duisburg sowie die Parzelle im Depot Dortmund ausgezeichnet.
Zusätzlich vergab die Initiative Musik besondere Preise in den Bereichen Awareness, Inklusion und Nachhaltigkeit mit jeweils 10.000 Euro. Die Awareness-Auszeichnung erhielt das Mahagoni-Kollektiv aus Konstanz, die Inklusionsauszeichnung das SO36 in Berlin und der Nachhaltigkeitspreis das KFZ Marburg.
Der APPLAUS-Award wird seit 2013 von der Initiative Musik realisiert, der zentralen Fördereinrichtung für die deutsche Musikwirtschaft, die die Präsentation und Verbreitung von Musik aus Deutschland im In- und Ausland stärkt.
