Now`s the Time
Preview Hildener Jazztage 2025
FOTO: Bildquelle: Hildener Jazztage
Wenn Ende Mai die lauen Abende locken, verwandelt sich das beschauliche Hilden wieder in einen Hotspot für alle, die es jazzig mögen. Vom 28. Mai bis 1. Juni steigt dort mit den 29. Hildener Jazztagen ein Festival, das in Kennerkreisen höchstes Ansehen genießt. Das Motto in diesem Jahr: "Now's the Time" – zurückgehend auf einen Klassiker aus der Feder von Charlie Parker und Miles Davis, der 1945 auf der legendären Koko-Session aufgenommen wurde und sich schnell zum Bebop-Dauerbrenner mauserte. "Ein passendes Leitmotiv", findet Peter Baumgärtner, der künstlerische Leiter und selbst Musiker. "Jetzt ist die Zeit – für Jazz!"
Wer die Eröffnung am 28. Mai im Kunstraum Gewerbepark-Süd nicht verpassen will, sollte sich das Lisa Wulff Quartett vormerken. Die Bassistin und ihre drei Mitstreiter – Adrian Hanack am Saxophon, Silvan Strauß an den Drums und Frank Chastenier am Piano – haben sich seit 2014 einen Sound erarbeitet, der zwischen Groove, Swing und freieren Klangexperimenten mühelos wechselt. Chastenier, der Neuling im Bunde, hebt mit seiner Erfahrung die Band in neue Sphären – Gänsehaut garantiert.
Freitag geht es im QQTec rund
Der zweite Festivaltag wartet gleich mit drei Acts im QQTec auf: Mittendrin Jermaine Landsberger, einer jener Musiker, die mit Konventionen brechen, ohne die Tradition zu vergessen. Als Piano-Innovator der europäischen Gypsy-Szene schafft er eine Klangwelt zwischen Tradition und Neuland, die, wie die Süddeutsche schrieb, "eine breite Vitrine voller Stile, Tempi und Stimmungen öffnet". An seiner Seite: Virtuosen der ersten Garde.
Wer eher auf die intimen Momente steht, ist beim Duo Magnolia genau richtig. Anne Hartkamp (Gesang) und Philipp van Endert (Gitarre) zelebrieren auf ihrem aktuellen Album "Embrace" die Kunst des perfekten Zusammenspiels. Was die beiden auf die Bühne bringen, ist – bei aller Virtuosität - keine abgehobene Fingerakrobatik, sondern ehrliche Musik, die unter die Haut geht – mal übermütig, mal innig, immer authentisch. So klingt es, wenn zwei Musiker nicht nur spielen, sondern ihr Innerstes nach außen kehren.
Wer dann noch Energie hat, kann beim Trio CONTENT um Vibraphonist Oli Bott eintauchen in eine Welt, in der Miniaturen zu großen Erzählungen werden. Mit John-Dennis Renken an der Trompete und Oliver Potratz am Bass entstehen Klangbilder, die vom gegenseitigen Respekt und der Offenheit der Musiker leben – Jazz als Demokratie in Reinform.
Am Freitag zieht das Festival in die Stadthalle, wo das Reiner Witzel / Dave Kikoski Quintett ordentlich Feuer unterm Dach macht. Die All-Star-Truppe um den New Yorker Pianisten Dave Kikoski und den deutschen Saxophonisten Reiner Witzel – komplettiert durch Trompeter Alex Sipiagin (ehemals Michael Brecker und Dave Holland), den russischen Bassisten Makar Novikov und Schlagzeuger Tobias Frohnhöfer – spielen keinen Jazz zum Einschlafen, sondern zum Aufwachen, zum Mitwippen, zum Leben.
Später am Abend übernimmt ein "Rising Star" der europäischen Jazzszene: Simon Oslender beweist mit seinem Trio, dass musikalische Reife nichts mit dem Geburtsdatum zu tun hat. Der junge Keyboarder aus Aachen, flankiert von Bass-Veteran Claus Fischer und dem niederländischen Drumming-Genie Jérôme Cardynaals, verbindet technische Brillanz mit emotionalem Tiefgang – eine Kombination, die wie ein guter Whiskey wirkt: Sie wärmt von innen.
Wem das noch nicht reicht, der kann in der "Blue Note" Bar des Hotels am Stadtpark beim Xaver Fischer Trio die Nacht zum Tag machen. Seit 1997 mischt das Trio mit Xaver Fischer an den Keys, Krischan Frehse am E-Bass und Hendrik Smock an den Drums die Grenzen zwischen Jazz, Pop und Elektro auf – spontan, unvorhersehbar und mit dem Groove, der den Unterschied zwischen Kopfnicken und vollem Körpereinsatz ausmacht.
Vereinigte Musikwelten am Samstag in der Stadthalle
Der Samstag bringt dann nicht weniger als drei musikalische Welten auf die Bühne der Stadthalle: Das polnische Motion Trio beweist, dass drei Akkordeons mehr als zwölf normale Instrumente sein können. Janusz Wojtarowicz, Paweł Baranek und Marcin Gałażyn erzeugen nicht nur mit konventionellen Spieltechniken, sondern auch mit neuen Klangeffekten eine Musik, die elektrisiert – ganz ohne Strom.
Mit den Brüdern Julian und Roman Wasserfuhr betritt danach ein Duo die Bühne, das laut Rheinischer Post "zum Besten gehört, was der junge deutsche Jazz zu bieten hat". Mit ihrem neuen Album "Safe Place" setzen die beiden ihre beeindruckende Entwicklung fort, die 2006 mit "Remember Chet" begann. Ihre Musik verbindet technische Perfektion mit emotionaler Tiefe – der perfekte Soundtrack für Träumer und Denker gleichermaßen.
Die Samstagnacht gehört dann Sebastian Gahler und seinen "Electric Stories". Der Düsseldorfer Jazzpianist tauscht den klassischen Flügel gegen eine Armada von Vintage-Keyboards ein und schafft einen Sound, der tief in den 70er-Jahren verwurzelt ist, aber bis in die Gegenwart strahlt. Wenn die Tines des Fender Rhodes auf den Punch des Wurlitzer E-Pianos treffen, das Vibrato einer Hammond-Orgel mit dem warmen Lead eines Moog-Synthesizers verschmilzt – dann ist die Zeitreise perfekt.
Hinaus ins Grüne am Sonntag
Der Sonntag lockt dann hinaus ins Grüne: "Jazz im Park" im Haus Horst bildet den entspannten Ausklang. Mit Inga Lühning präsentiert eine der profiliertesten Stimmen des deutschen Jazz ihr neues Album "Daughters and Sons". Bekannt aus ihrer Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Nu-Jazz Collective [re:jazz] und dem Düsseldorfer Pianisten Sebastian Gahler , zeigt sie hier erneut, warum ihre Stimme Geschichten erzählen kann, ohne Worte zu bemühen.
Den krönenden Abschluss liefert das JugendJazzOrchester NRW, das 2025 sein 50-jähriges Bestehen feiert. Als erstes Ensemble seiner Art in der Bundesrepublik 1975 unter der Schirmherrschaft von Johannes Rau gegründet, hat sich dieser Talentschuppen zu einem Förderprojekt mit Vorbildcharakter entwickelt. Wer hier spielt, hat beste Chancen, in ein paar Jahren selbst auf dem Programmzettel zu stehen.
Hildener Jazztage nun auch offiziell gemeinnützig
Übrigens: Seit April 2023 segeln die Hildener Jazztage unter dem Banner der gemeinnützigen "Jazzförderung Rhein-Ruhr gGmbH" – ein wichtiger Schritt, um die über 25-jährige Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. "Im Prinzip waren die Jazztage aus Ertragssicht schon immer gemeinnützig", schmunzelt Baumgärtner, "jetzt sind sie es auch offiziell." Das erleichtert nicht nur die Arbeit, sondern ermöglicht auch Spenden mit steuerlich anerkannter Bescheinigung.
Die Spielstätten im Überblick
Kunstraum Gewerbepark-Süd (Hofstraße 64, 40723 Hilden): Ein atmosphärischer Veranstaltungsort in einem ehemaligen Industriegebäude, der mit seiner rohen Ästhetik und hervorragender Akustik überzeugt. Die industrielle Architektur bietet einen spannenden Kontrast zur Intimität des Jazz.
QQTec (Forststr. 73, 40721 Hilden): Das moderne Kulturzentrum mit seinem flexiblen Veranstaltungsraum hat sich in den letzten Jahren als idealer Ort für Club-Atmosphäre etabliert. Besonders beliebt bei Kennern, die Jazz in entspannter Umgebung genießen wollen.
Stadthalle Hilden (Fritz-Gressard-Platz 1, 40721 Hilden): Das Herzstück des Festivals mit exzellenter Bühnentechnik und Akustik. Die großzügige Halle bietet Platz für die größeren Konzerte und sorgt durch ihre gute Sicht von allen Plätzen für ein optimales Konzerterlebnis.
"Blue Note" Bar (Hotel am Stadtpark, Klotzstr. 22, 40721 Hilden): Ein intimer Raum für echtes Jazzclub-Feeling nach Art der legendären Blue Note Clubs. Hier kommt man den Musikern besonders nahe und erlebt Jazz in seiner ursprünglichsten Form – mit einem Drink in der Hand und Gleichgesinnten an der Seite.
Jazz im Park - Haus Horst (Horster Allee, 40721 Hilden): Das historische Wasserschloss Haus Horst bietet mit seinem Außenbereich eine idyllische Kulisse für den Festivalausklang. Bei gutem Wetter wird unter freiem Himmel gespielt – Jazz und Natur in perfekter Harmonie.