Bild für Beitrag: Sponsor geht, Stadt streicht | Konzertreihe Jazz in Essen vor dem Aus
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Sponsor geht, Stadt streicht

Konzertreihe Jazz in Essen vor dem Aus

Essen, 12.11.2025
FOTO: Baukunst-NRW, Sven Thielmann

Jazz in Essen, die traditionsreiche Veranstaltungsreihe für improvisierte Musik im plüschigen Ambiente des Grillo-Theaters endet nach mehr als vier Jahrzehnten. Berthold Klostermann, künstlerischer Leiter seit 1991, teilte mit, dass nach drei noch ausstehenden Konzerten in dieser Saison keine Fortsetzung geplant sei. Grund seien fehlende finanzielle Mittel und Raumprobleme, wie die NRZ berichtete.

Die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung beendet ihre zehnjährige Förderung vertragsgemäß. Neue Sponsoren konnten nicht gefunden werden – oder wurden nicht ernsthaft gesucht? Parallel dazu streicht die städtische Kulturverwaltung ihre Zuwendungen. Das Grillo- Theater, das seit den frühen 1990er Jahren Veranstaltungsort war, habe nach einem Leitungswechsel „andere Schwerpunkte“ gesetzt und kämpft selbst mit Platzmangel, nachdem eine Spielstätte wegfiel.

Klostermann hätte die Reihe gerne fortgeführt. Fünf Konzerte pro Jahr waren zuletzt geplant gewesen – zu viel offenbar für die verfügbaren Ressourcen? Fünf Abende im Jahr, mehr brauchte es nicht, um einer über vier Jahrzehnte gewachsene Kulturinstitution lebenswichtige Kontinuität zu geben. Doch selbst das war zu viel verlangt?

Der letzte Jazz-Pott wurde an „The Dorf“ vergeben

1984 von Peter Herborn in einem Jugendzentrum gegründet, zog die Reihe nach einem Intermezzo im Museum Folkwang 1992 ins Grillo-Theater um. Dort etablierte sie sich als Anlaufstelle für anspruchsvolle improvisierte Musik. Internationale Größen wie Jack DeJohnette, Esbjörn Svensson und Ron Carter traten auf, ebenso wie Nils Wogram, Richard Galliano und Erika Stucky. Die Aufstellung der vergangenen Jahrzehnte liest sich wie ein Branchenlexikon.

Mitbetroffen ist der „Jazz Pott", eine seit 1998 vergebene Auszeichnung. Initiiert wurde sie vom 2011 verstorbenen Kulturvermittler Viktor Seroneit und dem Schweizer Grafikdesigner Niklaus Troxler. Der Essener Kabarettist Hagen Rether stiftet seit Jahren das Preisgeld von 2.000 Euro – eine private Finanzierung, die allein offenbar nicht ausreicht, um die Auszeichnung zu retten.

Am vergangenen Wochenende wurde die Auszeichnung zum 28. Mal vergeben – an das XXL-Ensemble „The Dorf", das 2026 sein zwanzigjähriges Bestehen feiern wird. Es dürften die letzten Preisträger gewesen sein. Frühere Geehrte waren unter anderem Improvisationspionier Eckard Koltermann , der kürzlich verstorbene Klarinettist Theo Jörgensmann, Echo-Jazz-Preisträgerin Angelika Niescier und der Essener Trompeter John-Dennis Renken.

Abgesang mit Miles Davis

Was über Generationen aufgebaut wurde, wird während einer Saison beendet. Der Aufbau dauerte Jahre, die Zerstörung braucht anscheinend nur einen Haushaltsbeschluss - ein weiteres Kapitel im fortlaufenden Buch des Kultursterbens in deutschen Städten!

Die verbleibenden Veranstaltungen verdeutlichen nochmal, was künftig fehlen wird. Am 28. Dezember widmen sich der prominente Schauspieler Benno Fürmann und das Martin Auer Quintett in einer Mischung aus Lesung und Live-Musik dem 100. Geburtstag von Miles Davis. Datum und Programm des vermutlich finalen Konzerts stehen noch nicht fest. Berthold Klostermann hofft auf einen würdigen Abschluss der renommierten Reihe.



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