Mehr als eine „teure Annehmlichkeit“
BK Jazz verteidigt den Spielstättenprogrammpreis
Der Bund der Steuerzahler wirft ein wachsames Auge auf die einzelnen Posten öffentlicher Ausgaben. Dennoch sieht jetzt die Bundeskonferenz Jazz einen dringenden Aufklärungsbedarf, wenn jetzt das aktuelle „Schwarzbuch“ des Bundes der Steuerzahler den Spielstättenpreis als „teure Annehmlichkeit“ zur Disposition stellt.
Franziska Buhre, Felix Falk und Wolfram Knauer von der Bundeskonferenz haben nun in einem offenen Brief an den BdSt-Präsidenten Heinrich Hufnagel Stellung bezogen, um eine bessere Vorstellung von der Situation der Nischenkulturen und vor allem den ungleichen Verteilungsverhältnissen bei der öffentlichen Kulturförderung zu vermitteln.
Demnach ist der Spielstättenprogrammpreis doch viel mehr als eine „teure Annehmlichkeit, welche bereits subventionierte Spielstätten gleich doppelt fördern würde“. Für viele kulturelle Einrichtungen – vor allem jenseits des etablierten bürgerlichen Kulturbetriebs – sieht die Wirklichkeit nämlich ganz anders aus: „Bei den ganz wenigen Spielstätten des Jazz/Rock/Pop, die überhaupt öffentlich unterstützt werden, sind die Zuwendungen so marginal, dass hier nicht einmal ansatzweise von einer Doppelförderung ausgegangen werden kann. Hinzu kommt, dass es sich bei dem SSPP nicht um eine Förderung im klassischen Sinne, sondern um einen Preis für eine bereits erbrachte künstlerische Leistung handelt“ heißt es in dem kürzlich publizierten offenen Brief.
Der Spielstättenprogrammpreis wird seit zehn Jahren vergeben und leistet in vielen Kultursparten regelrecht Überlebenshilfe. Franziska Buhre, Felix Falk und Wolfram Knauer weisen in ihrem Brief auf eine starke Schieflage bei der öffentlichen Kulturförderung hin und lassen einmal mehr die Zahlen sprechen: „Mit dem Spielstättenprogrammpreis, für den wir uns seit über zehn Jahren einsetzen, rückt eine besorgniserregende Ungleichbehandlung in das kulturpolitische Blickfeld: Wie Sie wissen, tragen die Kommunen in Deutschland mit ca 80% die Hauptlast aller kulturellen Ausgaben. Die Kommunen sind jedoch so überschuldet, dass sie zusätzlich zu den 87 Opernhäusern mit eigenem Spielbetrieb, die es insgesamt in der Republik gibt und die zusammen ca. 3,5 Milliarden an öffentlichen Mitteln erhalten, nicht in der Lage sind, auch Spielstätten für Gegenwartsmusik zu unterstützen.“
Da liegt es auf der Hand, dass nur wenige Mittel übrig bleiben, um noch Spielstätten am Leben zu halten, die regelmäßig Jazz/Pop/Rock präsentieren. Die Folge davon sind vielfach prekäre Bedingungen für Kulturschaffende, Musiker und Spielstätten. Der Spielstättenprogrammpreis des Bundes soll auf dieses kulturpolitische Defizit aufmerksam machen. Ausdrücklich weist die Bundeskonferenz Jazz darauf hin, dass hier NICHT die Oper und deren Subventionierungt kritisiert werden soll, denn auch dies ist ein wichtiger Stützpfeiler dür die Kulturnation Deutschland.
Doch eine Kulturnation muss auch nach vorne blicken, und deswegen sei eine Förderung des Jazz und anderer Segemente von Gegenwartskultur auch so lebenswichtig: „Wenn diese Kulturnation auch morgen noch internationale Beachtung finden will, muss sie heute in die Kunst von morgen investieren und sich nicht auf die Förderung unseres kulturellen Erbes, also von Oper und symphonischer Musik beschränken.“ Der Spielstättenprogrammpreis des Bundes soll auf dieses kulturpolitische Defizit aufmerksam machen und weiterhin ein motivierendes Signal für die Beteiligten zu geben: „Vor allem geht es auch darum, die häufig ehrenamtlichen Macherinnen und -macher dazu zu ermutigen, trotz fehlender kommunaler Mittel durchzuhalten.“
Und auch die Kommunen sollen durch diesen Preis weiter motiviert werden, ihre künstlerisch herausragenden Spielstätten für Jazz, Rock und Pop angemessen zu unterstützen. Eine Preisverleihung wie der Spielstättenprogrammpreis sei hier doch immer ein Garant für eine gute politische wie mediale Aufmerksamkeit. Betont wird im Brief seitens der Bundeskonferenz weiter, dass die Spielstätten für aktuelle Musik mit ihrer Arbeit einen unverzichtbaren Beitrag zur kulturellen Vielfalt und zur kulturellen Bildung leisten, also ein „Katalysator und eine Keimzelle für aktuelle musikalische Entwicklungen und wichtiger Arbeitgeber für Künstlerinnen sind.“
Die finanzielle Situation vieler kultureller Bereiche, vor allem aber jene, die sich der aktuellen Musik verschreiben, ist zunehmend besorgniserregend: steigenden Personal- und Betriebskosten, Steuern und Abgaben stehen sinkende Einnahmen und eine unzureichende öffentliche Förderung gegenüber. Die meisten Häuser können nur noch durch Selbstausbeutung der Betreibenden und der Künstlerinnen überleben – oder müssen schließen. In diesem Sinne können Franziska Buhre, Felix Falk und Wolfram Knauer nur an den Bund der Steuerzahler appellieren: „Der Spielstättenprogrammpreis ist ein wichtiges Signal gegen diesen Trend. Anstatt diesen grundsätzlich zu kritisieren, laden wir Sie ein, sich wie wir für dessen stetige Verbesserung und Stärkung einzusetzen.“