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KI in der Kultur und Nachaltigkeit

jazzahead 2025 als Diskursort

Bremen, 14.04.2025
FOTO: Bildquelle: jazzahead-Website

In nur zwei Wochen öffnet die jazzahead! in Bremen wieder ihre Tore für tausende Vertreter der internationalen Jazzszene. Das weltweit größte "Familientreffen des Jazz" vereint vom 24. bis 26. April 2025 Musiker, Labels, Agenturen, Festivalmacher, Booker und Medienvertreter unter einem Dach und hat sich längst als unverzichtbare Plattform für den inhaltlichen Austausch in der Branche etabliert.

Die jazzahead! hat in diesem Jahr den Konferenzbereich deutlich ausgebaut. Mehr als 50 Panels, Keynotes und Workshops setzen sich mit hochaktuellen Themen auseinander, die weit über die Jazzszene hinaus gesellschaftliche Relevanz besitzen. Das Fachprogramm umfasst neun Themenkomplexe, darunter besonders zukunftsweisende Bereiche wie Nachhaltigkeit, Bildung sowie Förderprogramme und Politik.

Ein großer Themenblock widmet sich der ökologischen Verantwortung der Kulturbranche. Das internationale Kooperationsprojekt "Better Live" gestaltet einen Großteil des Konferenz-Donnerstags und beschäftigt sich mit der Kernfrage: Wie lassen sich umweltfreundlichere Tourneen realisieren? Die REconnect-Partnerländer Spanien, Frankreich und Schweiz bringen dabei ihre Expertise ein und präsentieren erfolgreiche Konzepte aus ihren Ländern.

Die Verantwortlichen haben erkannt, dass gerade im Musikbusiness mit seinen internationalen Tourneen und Veranstaltungen ein enormes Potenzial zur CO2-Reduktion besteht. Daher wird am Freitag mit besonderer Spannung die Vorstellung des brandneuen "Green Touring Tools" CooProg Music erwartet – eine deutsch-französische Pionierarbeit, die künftig europaweit eingesetzt werden soll, um Tourneen nachhaltiger zu gestalten. Dieses digitale Werkzeug ermöglicht es Künstler und Veranstalter, die Umweltauswirkungen ihrer Tourneen zu berechnen und gezielte Maßnahmen zur Emissionsreduktion zu ergreifen.

DIY-Kultur und digitale Märkte

"DIY or Die" lautet der provokante Titel eines Panels am Donnerstagnachmittag, bei dem renommierte Künstlerinnen wie Tokunbo Akinro (Sängerin/Komponistin, ehemals Tok Tok Tok) und Ilaria Capalbo (Bassistin/Komponistin) über die Herausforderungen sprechen, multiple Rollen als Künstlerin, Agentin, Bookerin, Produzentin und Labelmanagerin in Personalunion zu erfüllen. Diese Diskussion gewinnt besondere Relevanz in einer Zeit, in der immer mehr Musiker auf Eigeninitiative setzen und ihre eigenen Labels gründen. Die Teilnehmenden werden ihre persönlichen Erfahrungen teilen und wertvolle Einblicke in die praktischen Aspekte des Selbstmanagements geben.

Im Bereich "Rights & Monetisation" wird am Freitag intensiv über digitale Märkte diskutiert. Der renommierte Journalist und Jurist Chris Cooke beleuchtet Themen wie Streaming-Vergütung, GEMA-Regularien und neue Modelle der Mikro-Lizensierung über Plattformen wie Patreon. In Zeiten, in denen physische Tonträger an Bedeutung verlieren und digitale Vertriebswege dominieren, sind diese Diskussionen für Künstlerexistenziell wichtig. Die Teilnehmer erfahren aus erster Hand, wie sie ihre Rechte wahren und ihre Musik bestmöglich monetarisieren können.

KI und kulturelles Erbe

Ein Thema, das die gesamte Kulturbranche bewegt, steht am Samstag im Mittelpunkt: Künstliche Intelligenz. In der Session "Jazz, AI and Machine Improvisation" spricht unter anderem der kanadische Musiker und Produzent Pierre Alexandre Tremblay, der als Professor in Lugano lehrt und sich seit Jahrzehnten mit Computer Music und Sound Design beschäftigt. Die Diskussion wird die kreativen Möglichkeiten, aber auch die ethischen Herausforderungen beleuchten, die KI für improvisierte Musik mit sich bringt. Ist maschinelle Improvisation vergleichbar mit menschlicher Kreativität? Welche Rolle spielen Algorithmen in der Musikproduktion der Zukunft? Diese und weitere Fragen werden von Experten aus Wissenschaft und Praxis kontrovers diskutiert.

Ein faszinierendes Highlight des letzten Messetages bildet die Diskussion "Jahass-Ahead" zwischen der renommierten Musikethnologin Lucy Durán und dem erfahrenen Produzenten Pape Armand Boye. Boye, der in Dakar, Hamburg und New York gearbeitet hat, bringt eine einzigartige interkulturelle Perspektive ein. Durán, die als Expertin für westafrikanische Musikkulturen gilt und mehrere Grammy-nominierte Alben produziert hat (darunter Aufnahmen von Toumani Diabaté und Ballaké Sissoko), vertritt die These, dass der Begriff "Jazz" möglicherweise aus dem senegalesischen Wolof-Wort "Jahass" ("mix it up") stammt. Diese Diskussion verspricht nicht nur linguistische Erkenntnisse, sondern wirft auch wichtige Fragen zur kulturellen Aneignung und zum historischen Bewusstsein in der Jazzwelt auf.

Neue Social Wall fördert Vernetzung und Austausch

Der informelle Austausch und die spontanen Begegnungen zwischen den Teilnehmenden gehören seit jeher zum Herzstück der jazzahead!. Was früher auf einer großen Zettelwand als Infobörse organisiert wurde, findet nun in digitaler Form statt: Die neue Social Wall auf der jazzahead!-Website ermöglicht es allen Teilnehmenden, auf eigene Projekte aufmerksam zu machen, Meetings zu vereinbaren oder nach Kooperationspartnern zu suchen. Diese digitale Plattform ergänzt perfekt den Haupt-Programmpunkt der jazzahead! – die zahllosen Gespräche und informellen Meetings unter den Teilnehmenden – und macht die Vernetzung noch einfacher und effektiver. Weitere Informationen zur Social Wall finden sich unter https://jazzahead.de/de/2025/03/31/neu-jazzahead-social-wall/.

Musikalisches Programm: 38 Showcase-Konzerte aus über 20 Ländern

Neben dem umfangreichen Konferenzprogramm bietet die jazzahead! wie gewohnt eine beeindruckende Vielfalt an musikalischen Darbietungen. Die Grand Opening Gala am 23. April markiert den festlichen Auftakt mit dem Louis Matute Large Ensemble – angeführt vom gleichnamigen Schweizer Gitarristen – mit der französischen Sängerin Célia Kameni als Stargast. Ergänzt wird das Line-up durch den in Spanien lebenden kubanischen Trompeter Yelfris Valdés, dessen afro-kubanische Klangwelt bereits die Londoner Szene begeistert hat. Diese Eröffnungsgala bietet einen ersten Einblick in die musikalische Vielfalt der diesjährigen Festival-Partnerländer Spanien, Frankreich und der Schweiz.

An den folgenden drei Tagen präsentieren sich 38 sorgfältig ausgewählte Bands aus mehr als 20 Ländern in den vielbeachteten Showcase-Konzerten. Das Spektrum reicht von Jazz über Folk und Kammermusik bis zu Afrobeat und afro-kubanischen Rhythmen. Der portugiesische Bassist Carlos Bica eröffnet am 24. April das Programm im Kulturzentrum Schlachthof mit seiner subtilen Mischung aus Jazz und portugiesischen Einflüssen. Am Abend verzaubert der Sänger und Kora-Spieler Momi Maiga in der Halle 7.1 das Publikum mit seiner einzigartigen Verbindung westafrikanischer Klänge mit Jazz und Flamenco-Elementen.

Das Nils Kugelmann Trio, ein aufsteigender Stern am deutschen Jazzhimmel, ist am 25. April zu erleben und präsentiert seine innovative Interpretation des zeitgenössischen Jazztrios. Die Freitagnacht wird besonders intensiv: Die Violinistin und Sängerin Yilian Cañizares verbindet Jazz, Klassik und afro-kubanische Rhythmen zu einem mitreißenden Klangerlebnis. Die kenianische Perkussionistin Kasiva Mutua schafft faszinierende Verbindungen zwischen traditionellen afrikanischen Klängen und Einflüssen aus Funk und Reggae. Den Abschluss bildet die dänische Formation Smag På Dig Selv, eine "dreiköpfige Punkjazz-Maschine", die die Grenzen des Genres kraftvoll sprengt.

Ein Höhepunkt des Samstags wird der Auftritt des Adèle Viret Quartetts sein. Die junge Cellistin aus Paris hat trotz ihrer 25 Jahre bereits etliche Preise gewonnen und beeindruckt mit einer eleganten Mischung aus Modern Jazz und kammermusikalischen Elementen. Ihr Spiel zeichnet sich durch technische Brillanz und emotionale Tiefe aus, was sie zu einer der bemerkenswertesten jungen Stimmen im europäischen Jazz macht.

Dies sind jedoch nur einige ausgewählte Programmpunkte aus einem riesigen Spektrum auf den großen Bühnen in den Messehallen, im kultigen Ambiente des Kulturzentrums Schlachthof und in zahlreichen Nebenlocations in der City von Bremen. Jazzliebhaber und Branchenprofis erwartet ein dicht gepacktes Programm, das die aktuelle Vielfalt des internationalen Jazz widerspiegelt.

Praktische Informationen

Die Online-Registrierung für Fachbesucher ist noch bis zum 7. April möglich. Für das komplette jazzahead!-Erlebnis mit Zugang zur Fachmesse, zum Konferenzprogramm und allen Showcase-Konzerten ist eine Registrierung als (Co-)Aussteller oder Fachbesucher erforderlich. Für registrierte Teilnehmer ist der Zugang zu den Showcase-Konzerten bereits in der Registrierung enthalten. Die Grand Opening Gala am 23. April ist für registrierte Teilnehmer ebenfalls inklusive, allerdings auf 290 Tickets vor Ort begrenzt. Für die beliebte Clubnight können registrierte Besucher Tickets zum ermäßigten Preis erwerben (jazzahead!-Badge erforderlich). Wer nur die Konzerte besuchen möchte, ohne an der Fachmesse teilzunehmen, kann separate Tickets online erwerben.

Die jazzahead! 2025 unterstreicht einmal mehr ihre Bedeutung als zentraler Branchentreff, der über die reine Musikpräsentation hinaus wichtige gesellschaftliche und kulturpolitische Impulse setzt. Mit ihrem erweiterten Konferenzprogramm adressiert sie brennende Fragen unserer Zeit und bietet Raum für zukunftsweisende Diskussionen. Die Verbindung aus inhaltlicher Tiefe und musikalischer Exzellenz macht die jazzahead! zu einem unverzichtbaren Termin für alle, die die Zukunft des Jazz mitgestalten wollen.

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