Die Hoffnung stirbt zuletzt
Umfrage zeichnet ein Bild der Erwartungen und Sorgen für 2024
"Ich denke, es wird auch in 2024 im Live Sektor noch nicht wirklich besser werden als die Jahre zuvor...es gibt viel zu wenig kleine und mittelgroße Clubs und die desaströse Gagenentwicklung der vergangenen 20 Jahre wird auch weiterhin bestehen bleiben. Es muss ein Weg gefunden werden, wie wir die Menschen wieder zu den Livegigs bekommen und vor allem müssen die Veranstalter dazu bereit sein ausreichend lohnenswerte Gagen zu bezahlen. Bands sind Wirtschaftsunternehmen und müssen sich finanzieren." so zitiert das Netzwerk Backstage Pro eine der befragten Personen bei der aktuellen Umfrage. Bei der neuesten Umfrage von Backstage pro gibt es um Einschätzungen und Erwartungen, die in der Musikszene im Hinblick auf das Jahr 2024 herrschen.
Die Ergebnisse der Umfrage zeichnet ein Bild über die Stimmungslage und die Herausforderungen, denen sich die Musikszene gegenübersieht. Aus der Umfrage ist hervorgegangen, dass mit 93 Prozent ein deutlicher Großteil der Teilnehmenden hauptsächlich als Künstler*in tätig ist. Hingegen nur 7 Prozent haben angegeben, hauptsächtlich im Business- bzw. Management-Bereich zu wirken. Insgesamt ordneten sich 42 Prozent der Teilnehmenden dem Livesektor zu, 24,2 Prozent sind zudem als Komponist*in oder Songautor*in tätig, 22,9 Prozent gehören dem Studio und Recording-Bereich an und jeweils 4,5 Prozent sind Teil des Lehrsektors oder im Dienstleistungsbereich. 43,7 Prozent der Teilnehmenden bezeichneten ihre jeweilige Tätigkeit dabei als semi-professionell. 36,6 Prozent gehen dieser als Hobby nach und wiederum 19,7 Prozent betreiben die Musik professionell. Hier fällt eine Veränderung im Vergleich zur Zusammensetzung des vorigen Jahres auf. 2023 hatten noch 35,5 Prozent der Teilnehmenden angegeben, Musik professionell zu betreiben.
Zuversichtliche Grundhaltung trotz schlechter werdender Auftrittsmöglichkeiten
Bei der Frage nach den persönlichen Erwartungen im Zusammenhang mit der eigenen musikalischen Tätigkeit im Jahr 2024 zeigte sich erfreulicherweise mit 49,3 Prozent knapp die Hälfte der Teilnehmenden zuversichtlich, dass sich das neue Jahr besser als das vergangene erweisen wird. 29,6 Prozent rechnen mit einem Jahr, das in etwa genauso wie das vergangene Jahr ausfällt und nur 21,1 Prozent befürchten eine Verschlechterung.
Ähnlich sieht es bei den Erwartungen hinsichtlich der Anzahl an Auftritten aus. 40,8 Prozent der Teilnehmenden rechnen mit mehr Auftritten als im Vorjahr, 35,2 Prozent mit etwa gleich vielen und 21,1 Prozent mit weniger Gigs. Als Grund für einen Rückgang der Gigs werden steigende Kosten für die Organisation, rückgängige Fördermittel, die Inflation, das Clubsterben und der Mangel an gut bezahlten Auftrittsmöglichkeiten genannt. Tatsächlich erweist sich in unserer Umfrage das Thema Gage als Sorgenkind, immer wieder kommen die Teilnehmenden auf eine mangelnde Bezahlung zu sprechen. Lediglich 21,1 Prozent der Teilnehmenden zeigen sich zuversichtlich, dass ihre Gage im aktuellen Jahr steigen wird. Beinahe ebenso viele befürchten allerdings, eine geringere Gage zu erhalten. Mit etwa 57,7 Prozent rechnet ein Großteil damit, dass die Gage in etwa gleich bleibt, was angesichts der Inflation allerdings Einkommensverluste bedeuten würde.
Ticketpreise ziehen an
Etwas anders sieht es bei den Ticketpreisen der eigenen Konzerte aus. Hier rechnen mit 59,2 Prozent mit ungefähr gleich bleibenden Beträgen, während 35,2 Prozent davon ausgehen, dass ihre Ticketpreise höher sein werden als noch im Vorjahr. Um die finanziellen Herausforderungen zu bewältigen, scheinen sich viele in und um die Backstage PRO-Community herum beruflich etwas neu zu orientieren. So äußert sich eine an der Umfrage teilnehmende Person wie folgt: "Live-Auftritte zu generieren wird immer schwieriger. Vor allem die, die gut bezahlt sind. Da sehe ich eher schwarz (für mich persönlich) in 2024. Ich bin auch stärker als Songwriter aktiv: Als Autor bin ich an ein paar Songs beteiligt, die 2023 gut im Funk liefen, insofern erhoffe ich mir, dass sich das bei den GEMA-Einnahmen abbildet."
Vom Profidasein zum Hobby
Zudem berichten gleich ein paar der Teilnehmenden davon, dass in ihrem Umfeld vermehrt ehemals professionelle Künstler*innen ihren ehemaligen Beruf inzwischen nur noch semi-professionell oder als Hobby ausleben. Gerade bei jüngeren Teilnehmenden besteht zudem der Wunsch nach besseren Fördermitteln, die den Schritt in die professionelle Musik für viele überhaupt erst möglich machen. Eine Person beschreibt ihre Erfahrungen diesbezüglich folgendermaßen: "Es fühlt sich so an, als wolle die Musik neue junge Talente fördern, aber Angst davor habe, Risiken einzugehen, um keine Zeit und kein Geld zu verlieren."
Neben finanziellen Sorgen sehen sich Künstler*innen und weitere in der Musikbranche tätige Personen aktuell noch weiteren Herausforderungen gegenüber gestellt. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem die Wohnraumverknappung angesprochen, die unter anderem zum Clubsterben und weniger Proberaummöglichkeiten führt.
KI und spotify
Weiterhin befürchten die Teilnehmenden, dass KI kreative Berufe ersetzen könnte, Live-Musik seltener Teil kleiner Veranstaltungen sein könnte und sorgen sich um die Auswirkungen der neuen Spotify-Regelungen. Auch Social Media ist ein Punkt, der von mehreren Teilnehmenden aufgegriffen wird. Die Aufgabe sich auf den Plattformen Instagram, TikTok und Co. zu vermarkten, erscheint immer essentieller. Obwohl Musikschaffende auf diese Weise die Möglichkeit erhalten mehr Reichweite zu erzielen, besteht dennoch die Sorge, überhaupt aus der Content-Flut herausstechen zu können.
Hoffnung stirbt zuletzt
Zahlreiche Teilnehmende berichten aber auch von positiven Zukunftsaussichten. Es werden neue Bandprojekte, prall gefüllte Terminkalender und die Hoffnung auf mehr Reichweite durch vielversprechende Gigs und neue Veröffentlichungen genannt. Ein Teilnehmer fasst das folgendermaßen zusammen:"Die Lage bleibt weiterhin instabil und unberechenbar, aber hier und da gibt e s Lichtblicke."