Farewell Wayne Shorter
„Gigant des Saxofons“ mit 89 Jahren gestorben
Er nicht nur seit den 1950er Jahren ein Urgestein für den modernen Jazz, sondern trieb auch bis zuletzt die musikalischen Gegenwart aktiv immer weiter: Der Saxofonist Wayne Shorter ist gestern im Alter von 89 Jahren in Los Angeles gestorben, wie seine Agentin bekannt gab.
Die zahlreichen emotionalen Reaktionen in der ganzen Musikwelt zeigen, welche Ausstrahlung von diesem Musiker ausging. Zahlreiche Auftritte auch in NRW bleiben in Erinnung - etwa ein enthusiastisch gefeiertes Konzert in der Essener Philharmonie zusammen mit John Patitucci, Danilo Perez und Brian Blade. Einen großen Einfluss übte Wayne Shorter auch auf einen der prominentesten jüngeren Jazzmusiker aus NRW, den Pianisten Pablo Held aus, welcher sein letztes Album mit dem Shorter-Stück "Nefertiti" eröffnet und der auch selber einen regen Austausch mit Wayne Shorter pflegte.
Schon als Soldat spielte er in den 50er Jahren mit dem Pianisten Horace Silver zusammen und war danach in der Hard-Bop-Zeit bei Art Blakey's Jazz Messengers tätig. 1964 bereicherte er das zweite Quintett von Miles Davis mit Herbie Hancock, Ron Carter und Tony Williams. Viele der Stücke dieser extrem richtungsweisenden Formation gehen auf Wayne Shorters kompositorische Ideen zurück.
Herbie Hancock sagte über Shorters Rolle in diesem Quintett: "The master writer to me, in that group, was Wayne Shorter. He still is a master. Wayne was one of the few people who brought music to Miles that didn't get changed." Miles Davis würdigte Wayne Shorter als einen "real composer", ohne den die Band niemals so geworden wäre, wie sie schließlich Geschichte gemacht hat: "He writes scores, writes the parts for everybody just as he wants them to sound." E.S.P., Footprints und Infant Eyes stammen aus seiner Feder.
Infant Eyes schrieb Shorter 1964 für seine kleine Tochter Miyako (Album 'Speak No Evil')
Shorter war nicht nur ein "Gigant des Saxofons" (Wynton Marsalis) , sondern dachte die Musik immer als Ganzes. Die Freiheit in Musik bestehe vor allem darin, musikalische Formen und Regeln zu verstehen, um diese dann auszudehnen und zu überwinden. Eine solche Neugier erhielt sich Shorter bis in die heutige Zeit - und sie hat weitere Meilensteine für die neue Jazzgeschichte und darüber hinaus hervor gebracht. 1970 gründete er zusammen mit Joe Zawinul und Miroslav Vitous die Fusion-Band "Weather Report", die zur wichtigsten Band (nicht nur zu einer der wichtigsten!) der Fusion-Ära wurde. "Birdland", "Mercy, Mercy, Mercy" oder Black Market haben sich ins kollektive Bewusstsein eingebrannt. Später spielte er mit Joni Mitchell, Steely Dan und Carlos Santana zusammen, viel später dann auch mit vielen deutlich jüngeren Musikern- siehe oben.
Während seiner gesamten Karriere hat sich Shorter stets dafür eingesetzt, neue Klänge zu erforschen und die Grenzen des Möglichen im Jazz zu verschieben. Trotz seiner vielen Errungenschaften blieb der bekennende Buddhist eine bescheidene und bodenständige Persönlichkeit, die immer von neuem bereit war, zu lernen und als Musiker zu wachsen.
1999 wurde Wayne Shorter in die DownBeat Jazz Hall of Fame aufgenommen. 2017 erhielt er das Jazz Masters Fellowship des National Endowment for the Arts - eine der höchsten Auszeichnungen, die einem Jazzmusiker zuteil werden können.
Hier geht es zu einer ausführlichen Live-Review vom Konzert in der Essener Philharmonie