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FAREWELL!

Peter Brötzmann ist in Wuppertal verstorben

Wuppertal, 23.06.2023

Farewell: Der Freejazz-Saxofonist Peter Brötzmann, einer der weltweit einflussreichsten Musiker aus NRW ist am 22. Juni 2023 im Alter von 82 Jahren in Wuppertal verstorben.

Peter Brötzmann wurde am 6. März 1941 in Remscheid, Deutschland, geboren. Brötzmann wurde legendär für seinen intensiven und kraftvollen Spielstil, der sich durch den Einsatz erweiterter Techniken, aggressiver Improvisationen und einer großen Bandbreite an ausdrucksstarken Klängen auszeichnet und wegen seiner Radikalität zum ästhetischen Manifest wurde. In diesem Sinne war Jazz für Peter Brötzmann auch immer politisch: „Wenn ich an die vielen Tausend denke, die täglich in Afrika an Aids sterben, an Israel und Palästina denke, dass kann ich nicht einfach zur Seite schieben und nette Musik machen. Das muss man verarbeiten. Deshalb ist Free Jazz nicht unbedingt eine Musik, bei der man auf dem Sofa sitzt und nur Spaß haben kann" benannte er selbst seine künstlerische Haltung.

"Machine Gun" gegen die Konvention

Brötzmann begann seine musikalische Karriere in den 1960er Jahren und erlangte schnell Anerkennung für seinen unverwechselbaren, jede Konvention im Jazz umstürzenden Ansatz. Er hat mit zahlreichen namhaften Musikern zusammengearbeitet, darunter Han Bennink, Fred Van Hove, Derek Bailey, Evan Parker, Albert Mangelsdorf, Willem Breuker, Toshinori Kondo und zahlreiche andere. Auch trat er mit Punkbands und japanischen Noise-Artisten auf. Eines von Brötzmanns bedeutendsten Werken ist das Album "Machine Gun" (1968), das auch bei heutigem Hören nichts von seiner brachialen Energie verloren hat. Seine Diskografie umfasst ein breites Spektrum an Stilen und beinhaltet Solodarbietungen, kleine Ensembles und groß angelegte Improvisationen.

Beim Moers-Festival war er von der ersten Festivalausgabe an regelmäßig dabei und leistete einen gewichtigen Beitrag, um den Gründungsgeist dieses Festivals mit zu konstituieren. Noch im Jahr 2018 füllten seine Soundkaskaden den Schlosshof, ebenso wie er als Diskussionspartner bei den „moers discussions" klug zur heutigen Gegenwart des Jazz Stellung nahm.

Produktiv bis zuletzt

Bis in sein letztes Lebensjahr hinein war Brötzmann produktiv bei der Sache. Noch beim letzten Jazzfest Berlin trat er auf und wurde dort mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik bedacht. Zum letzten Vermächtnis ist eine Aufnahme seines Berliner Konzertauftrittes zusammen mit Majid Bekkas und dem US-Schlagzeuger Hamid Drake geworden, die unlängst unter dem Titel „Catching Ghosts" veröffentlicht wurde.

Auch als bildender Künstler war Peter Brötzmann aktiv. Er kam aus der Fluxus-Bewegung und hat sich in unterschiedlichsten Kunstrichtungen ausgedrückt, als Maler, Grafiker, Designer und Objektkünstler. Bis zuletzt hat er mit vielen befreundeten Künstlern und Musikern eine umfangreiche Dokumentation seiner Arbeit zusammengestellt, die der Herausgeber Markus Müller als „kaleidoskopische Biographie" mit mehr als 2500 Seiten bezeichnet hat.

Als „Jazzrevoluzzer der ersten Stunde", aber auch als „letzten Romantiker" hat ihn der Jazzautor Wolff Kampmann charakterisiert. Auch nrwjazz hat sich ausgiebig mit Brötzmann als Person befasst. Noch im Jahr 2021 gab es eine tiefe Konversation zwischen Peter Brötzmann und dem Jazzautoren Karl Lippegaus. Ebenso traf sich unser Autor Ingo Marmulla zum „Tee bei Brötzmann" für ein ausführliches Interview.




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