Die Qual der Wahl
Die Leverkusener Jazztage 2023 haben begonnen
FOTO: Gabriel Bertogg, Harald Krichel
Mit einem Konzert der A-Capella-Band „Alte Bekannte“ mit Ex- „Wise-Guys“-Sänger Dän Dickopf haben am 2. November die 44. Leverkusener Jazztage begonnen. Mehr als 60 nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler mit ihren Bands bespielen bis zum 19. November einschlägigen Spielstätten des Festivals, wozu vor allem das Forum, das Erholungshaus und die Opladener Scala gehören. Hinzu kommen kleinere Lokalitäten wie das "Topos" und der Notenschlüssel in Wiesdorf und der Sensenhammer in Schlebusch.
Eine der Lieblingskünstlerinnen bei den Leverkusener Jazztagen ist die niederländische Saxofonisten Candy Dulfer, mit der es am 9.11. ein Wiederhören im Forum gibt. Candy Dulfer ist Hollands attraktivster Funk- und Soul-Export. Candy spielt fortan auf zahlreichen Aufnahmen weltbekannter Musiker und veröffentlicht eigene Alben, auf denen als Gaststars unter anderem Maceo Parker, Van Morrison, Dave Stewart, Soul-Diva Angie Stein und ihr Vater Hans Dulfer mitwirken.
Leverkusen ist in diesem Jahr auch ein Gipfeltreffen der berühmtesten Jazz-Gitarristen – und die bringen beide, ebenfalls am 9.11., ihre hochkarätigen Trios mit nach Leverkusen: Bill Frisells Trio mit dem Bassisten Thomas Morgan und Rudy Royston am Schlagzeug ist musikalisch flink genug, um mit Frisell überall spontan hinzugehen. Sie beherrschen das umfangreiche Ouevre der Frisell-Kompositionen ebenso wie die Pop-, Folk- und Standard-Songs, die Bill immer wieder gerne interpretiert.
Die amerikanische Gitarristen-Legende John Scofield und seine Trio-Kollegen – der Bassist Vicente Archer und der Schlagzeuger Bill Stewart – sprühen vor Kameradschaft und spontanen Einfällen. Die drei lassen die Funken sprühen in ihren Jazz-Standards und raffinierten Eigenkompositionen. Das Trio ist mehr als nur eine Ansammlung von Melodien, es spielt Musik, die den Geist verkörpert, der den Jazz seit seinen Anfängen lebendig gehalten hat.
Wenn Rebekka Bakken singt, dann weiß man ganz schnell, hier hört man eine der eindrücklichsten Stimmen Skandinaviens, so hoffentlich auch am 14. November im Erholungshaus. Fernab aller Genregrenzen ist die Singer/Songwriterin allen Schubladen entwachsen und lässt viele Stileinflüsse zu, sei es die Folklore ihrer Heimat oder Country & Western aus den fernen USA. Sie verneigt sich mit Coverversionen vor Tom Waits und Ludwig Hirsch. Viele ihrer Kompositionen tragen die eigene Biographie in sich, und so entsteht das Bild einer hoch emotionalen Frau, die in der Lage ist, all die Facetten ihrer Seele in höchster Gesangskunst im Publikum zu verströmen.
Abdullah Ibrahim kommt
Dies sind nur einige Schlaglichter aus einem riesigen Programmangebot, bei dem allein die Entscheidung zwischen den vielen, bestens etablierten „großen Namen“ schwer fallen dürfte: Dazu gehören in diesem Jahr auch die Bands von Trilok Gurtu, Rabih-Abou Khalil und – als besonders vielversprechender Garant für einen besonderen Abend in Leverkusen, ein Konzert mit dem südafrikanischen, mittlerweile 89jährigen Pianisten Abdullah Ibrahim. Pianist und Anti-Apartheid-Aktivist Abdullah Ibrahim, von Nelson Mandela als „unser Mozart“ bezeichnet, ist Südafrikas bedeutendster Pianist und ein weltweit geschätzter Musiker. Der gebürtige Kapstädter, der unter dem Namen Dollar Brand Bekanntheit erlangte, wurde sehr früh einem Melting Pot an kulturellen Einflüssen ausgesetzt: Afrikanische traditionelle Musik, christliche Hymnen, Gospels und Spirituals sowie amerikanischer Jazz, Township- und klassische Musik.
Zum Hauptprogramm gehören in diesem Jahr so unterschiedliche Künstler wie Jan Delay, Philipp Poisel, Konstantin Wecker, Beth Hart, das Thingvall-Trio. Reichlich vertreten ist auch die deutsche Szene: Zum Beispiel mit Nils Wülker, Arne Jansen, Julian & Roman Wasserfuhr , Tom Gaebel & his Trio, Quadro Nuevo mit Philipp Schiepek, den Nighthawks. Die WDR Big Band kommt mit Makoto Ozone, das Jakob Bänsch Quartett tritt mit dem Special Guest Alma Naidu auf. Die Claus Fischer Band bringt Peter Weniger mit nach Leverkusen.
Future Sound gibt dem Nachwuchs eine Bühne
Die Leverkusener Jazztage sind Austragungsort des Nachwuchs-Wettbewerbs Future-Sounds. Dessen Finalteilnehmer erhalten bei den Leverkusener Jazztagen die Gelegenheit, live je 20 Minuten vor Publikum im Rahmen des Hauptfestivals zu spielen. An einem der letzten drei Tage des Festivals treten die zwei „Finalisten“ gegeneinander an. Dabei erhält das Publikum die Möglichkeit, diese zu bewerten.
Der WDR ist Medienpartner der Leverkusener Jazztage und stellt einen großen Teil der Konzerte als Livestream online.