Die Kleinen gehen leer aus

Spotify neues Verteilunsmodell muss gestoppt werden!

Berlin, 08.12.2023

Wenn Parteien erst ab einer gewissen Wählerquote öffentliches Geld erhalten, mag dies sinnvoll erscheinen. Wenn aber „kleine“ Musikschaffende von den ohnehin kargen Einnahmen aus dem Streaming-Geschäft nun komplett abgeschnitten werden soll – und mehr noch – das dort erwirtschaftete Geld sogar noch den besserverdienenden Teilnehmern mit höheren Stream-Quoten zugeschoben wird, sieht das schon nach einer grotesken Umverteilung von unten nach oben in einer ohnehin schon von starker Chancenungleichheit gebeutelten Musikszene aus.

Konkret soll es künftig so laufen: Der beliebte Musik-Streamingdienst Spotify hat kürzlich angekündigt, sein Abrechnungsmodell ab dem Jahr 2024 zu ändern. Demnach sollen ab dann nur noch Songs vergütet werden, die jährlich mindestens 1000 Streams sammeln. Zudem wird ein Song erst dann als "berechtigt" eingestuft, wenn er insgesamt mindestens 1000 Streams erreicht hat - alle vorherigen Monate fallen aus der Zählung heraus. Des Weiteren wird die Mindestgrenze von Streams an eine unbekannte Mindestzahl von Hörern gekoppelt, was es Künstlern mit einer kleinen, aber engagierten Fanbase erschwert, diese Grenze zu erreichen.

Eine Vielzahl von Verbänden und Musikern hat sich gemeinsam in einem Statement gegen diese geplante Änderung ausgesprochen. Unterzeichnet wurde das Statement von der Deutschen Jazzunion, Pro Musik, dem Bundesverband Popularmusik (BV Pop), dem Deutschen Komponist:innenverband, der Fair Share Initiative, den Freien Ensembles und Orchester in Deutschland (FREO), dem Interessenverband Musikmanager & Consultants (IMUC), LiveKomm, mediamusic - Berufsverband Medienmusik, Music Women* Germany sowie Unisono - Deutsche Musik- und Orchestervereinigung.

Die Unterzeichner des Statements sind der Ansicht, dass das Geschäftsmodell von Spotify bereits seit Jahren kritisch betrachtet werden sollte. Die aktuell angekündigten Änderungen stellen jedoch eine Grenze dar, die nicht mehr hinnehmbar ist und gegen die sich die Verbände und Musiker aktiv positionieren möchten.

Bislang bestand die Hoffnung, dass das Vergütungsmodell von Spotify, das oft als "pro rata" bezeichnet wird, zugunsten eines gerechteren und noch zu definierenden „User-Centric Modells“ abgelöst wird. Doch mit der aktuellen Ankündigung erleben die Künstler einen herben Rückschlag.

Turbokapitalismus, bei dem nur die Stärksten überleben

Die Unterzeichner des Statements sind überzeugt, dass es genügend Möglichkeiten geben würde, um Musikern bessere Bedingungen zu bieten, ohne dass dies zu Lasten kleinerer Künstler geht. Durch die geplanten Änderungen verstärkt Spotify jedoch die Schere zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Musikern. Große Acts und Labels profitieren von den Änderungen, während kleinere Künstler benachteiligt werden. Es handelt sich also um einen Turbo-Kapitalismus, bei dem nur die Stärksten überleben können.

Es wurden bereits Argumente vorgebracht, dass sich die jährliche Abrechnung von Songs mit weniger als 1000 Streams nicht lohne. Die Unterzeichner des Statements halten diese Argumentation für unglaubwürdig, insbesondere angesichts erfolgreicher FinTech-Unternehmen, die im Bereich der Mikrotransaktionen tätig sind, wie zum Beispiel PayPal oder Patreon.

Zudem begrüßen die Unterzeichner des Statements die Ankündigung, dass Geräusche wie White-Noise erst nach zwei Minuten Spielzeit vergütet werden sollen. Auch die verstärkten Maßnahmen gegen betrügerische Streams werden positiv bewertet. Allerdings merken die Unterzeichner an, dass Spotify als ein hochmodernes Tech-Unternehmen mit fortschrittlichen Algorithmen in der Lage sein sollte, betrügerische Accounts besser auszusortieren, anstatt Songs mit weniger als 1000 Streams pro Jahr nicht mehr zu vergüten.

Wo bleibt der öffentliche Aufschrei?

Die Pläne von Spotify haben bisher keinen großen Aufschrei ausgelöst, was womöglich auf die komplexe Thematik, die Vermischung mit anderen positiven Ankündigungen und die vermeintlich geringe Grenze von 1000 Streams zurückzuführen sein könnte. Spotify ist sich seiner Marktbedeutung bewusst und weiß, dass Musiker Angst haben, nicht in der Musikindustrie präsent zu sein, wenn sie ihre Musik nicht auf der Plattform veröffentlichen. Diese Marktmacht ermöglicht es Spotify, Änderungen auch gegen Widerstände durchzusetzen. Aktuell ist Spotify nicht nur der Streaminganbieter mit dem größten Marktanteil, sondern auch einer derjenigen, der am schlechtesten pro Stream vergütet.

Die Unterzeichner des Statements kritisieren die Willkür der geplanten Grenze und die Kurzfristigkeit, mit der so weitreichende Änderungen vorgenommen werden sollen. Sie rufen Musikschaffende und Verbände dazu auf, den Appell zu unterstützen und mitzuzeichnen.

Petition für den Stopp der angekündigten Vergütungsänderungen HIER unterzeichnen

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