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Morgen, Kinder, wirds nichts geben

Kölns Kulturschaffende gingen auf die Straße

Köln, 23.12.2024
FOTO: Bildquelle: Offene Jazzhaus Schule

In den Straßen Kölns hallten mitten im Vorweihnachtstrubel die rhythmischen Schläge des Protests. Zwölftausend Menschen versammelten sich, um gegen die drohenden kommunalen Sparmaßen, welche die Kultur bedrohen, ihre Stimme zu erheben. Unter ihnen waren auch die Schüler und Lehrer der Offenen Jazzhaus Schule, deren Zukunft auf dem Spiel steht.

"Nur wer hat, kriegt noch geschenkt" - diese bitteren Worte Erich Kästners, vor fast einem Jahrhundert geschrieben, fanden auf der Demonstration eine überraschend moderne Interpretation. Junge Musikerinnen und Musiker der Jazzhaus Schule verwandelten Kästners zeitlose Sozialkritik in einen eindringlichen Rap, untermalt von pulsierenden Perkussionsrhythmen.
Die Zahlen der umstrittenenen Haushaltspläne für die Zukunft sprechen eine deutliche Sprache: Während die Rheinische Musikschule eine Erhöhung ihrer städtischen Zuschüsse von sechs auf über neun Millionen Euro für 2025 und 2026 verzeichnet, sieht sich die Offene Jazz Haus Schule (OJHS) mit drastischen Kürzungen konfrontiert. Von den bisher zugesagten 530.000 Euro sollen nur noch 425.000 Euro bleiben - ein Einschnitt von fast 20 Prozent. Bis 2029 droht sogar eine weitere Reduzierung auf 380.000 Euro, was einem Kahlschlag von 40 Prozent gleichkäme.
Jazzhaus Schule kämpft ums Überleben. Die Parallelen zwischen Kästners Kritik an sozialer Ungerechtigkeit und der gegenwärtigen Situation der Kulturszene liegen auf der Hand. Wo bei Kästner von gähnender Leere unter den  Weihnachtsbäumen die Rede war, stehen heute leere Konzertsäle und Unterrichtsräume zur Debatte. Und so kämpft auch die Jazzhaus Schule, seit Jahren ein Leuchtturm der musikalischen Bildung in Köln, um ihr Überleben.
"Die Kultur ist kein Luxus, den man sich nur in guten Zeiten leistet", erklärt Maria Weber, eine langjährige Dozentin der Jazzhaus Schule. "Sie ist das Fundament unserer Gesellschaft, besonders in schwierigen Zeiten." Ihre Worte erinnern an Kästners mahnende Zeile "Morgen, Kinder, lernt fürs Leben!" - nur dass heute nicht nur Kinder, sondern eine ganze Kulturgemeinschaft um ihre Zukunft bangt. Besonders bitter ist die Situation für jene, die ohnehin wenig haben. Die Schulprojekte der OJHS, die vielen Kindern und Jugendlichen aus benachteiligten Verhältnissen kostenlosen oder kostengünstigen Zugang zu kultureller Bildung ermöglichen, stehen vor dem Aus. Dies steht in krassem Widerspruch zu den Worten von Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die noch am 14. November betonte, wie wichtig weitere Investitionen in Bildung seien.

Die geplanten Kürzungen müssen zurück genommen werden

Der Leiter der OJHS, der Bassist Joscha Oetz , hat sich mit einem offenen Brief an die Stadtpolitik gewandt. Die Forderung ist klar: Die geplanten Kürzungen von 105.000 Euro müssen zurückgenommen werden, um die kulturelle Bildungsarbeit fortsetzen zu können. Kästners Zeilen "Nur wer hat, kriegt noch geschenkt" drohen sonst zur bitteren Realität zu werden. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, hat die OJHS eine Online-Petition an die Kölner Ratsfraktionen gestartet. Neben der Rücknahme der Kürzungen fordert die Petition auch finanzielle Unterstützung für die dringend notwendige Sanierung der Eigelsteintorburg. Jede Unterschrift zählt im Kampf um den Erhalt dieser wichtigen Kultureinrichtung.
Die Demonstrationen in der letzten Woche deuten darauf hin, dass die Kölner Bevölkerung, zumindest die meiten Kulturschaffenden nicht bereit ist, den kulturellen Kahlschlag hinzunehmen. Wo Kästners Gedicht mit resignierter Geduld endet, ist jetzt umso mehr kämpferischer Geist gefragt. Die Botschaft der Demonstranten ist klar: Kultur ist kein Luxusgut für wenige, sondern ein Grundrecht für alle. Die Jazzhaus Schule steht exemplarisch für dieses Streben – dabei geht es nicht nur um Finanzen, sondern um die kulturelle Seele einer Stadt.

Ob die Politik die Stimmen der Straße hört?

Die nächsten Wochen werden zeigen, ob die Politik die Stimmen der Straße hört. Bis dahin werden die Rhythmen des Protests weiterklingen - mal als Jazz, mal als Rap, aber immer als Ausdruck einer lebendigen Kulturszene, die sich nicht zum Schweigen bringen lassen will. Die Zeit drängt, doch noch ist es nicht zu spät. Kästner schrieb einst: "Kopf gut schütteln vor Gebrauch!" - heute bedeutet das: Aufstehen, aktiv werden und die Petition unterzeichnen. Denn nur gemeinsam können wir verhindern, dass aus der Jazz Haus Schule ein weiteres Mahnmal kulturpolitischer Sparmaßnahmen wird.

ZUR ONLINE PETITION

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