Kölner Kulturrat und KulturNetz Köln
Haushaltssperre darf nicht zu Lasten der Kultur gehen
Die Haushaltssperre der Stadt Köln trifft die Kulturszene hart. Nach den Kürzungen im Doppelhaushalt 2025/26 fehlt erneut die Planungssicherheit – besonders prekär für die freie Szene. Doch statt ritualisierten Protests legen der Kölner Kulturrat und das KulturNetzKöln nun ein bemerkenswertes Papier vor: Sie nutzen die Krise, um grundsätzliche Fragen zur Zukunft der Stadtkultur aufzuwerfen. Das Besondere: Die Stellungnahme fordert nicht nur Geld, sondern Reformen – von der Kulturverwaltung über neue Servicestrukturen bis zur rechtlichen Verankerung von Kulturförderung als Pflichtaufgabe. Ein Strategiewechsel in der Haushaltsargumentation.
Die Stellungnahme im Wortlaut
Bei aller Notwendigkeit, die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt Köln zu sichern und eine Haushaltssicherung zu vermeiden, sehen der Kölner Kulturrat und das KulturNetzKöln mit großer Sorge, dass nach den Belastungen durch den Doppelhaushalt 2025/26 den Kölner Kultureinrichtungen und Akteurinnen der freien Szene erneut die Planungssicherheit für das Jahr 2026 entzogen wird – mit gravierenden Konsequenzen für die Arbeits- und Existenzgrundlage vieler Kulturinstitutionen, Künstlerinnen und insbesondere der freien Szene.
Die absehbar schwierige Haushaltslage erfordert aus unserer Sicht ein grundsätzliches Nachdenken über die Zukunft der Kölner Kultur. Jetzt müssen strukturelle Weichen gestellt werden – für eine kreative, lebendige und diverse Kulturlandschaft in Köln, in der die freie Szene als Motor künstlerischer Innovation eine zentrale Rolle spielt. Dabei stellen sich zentrale Fragen: Wie stellen wir uns die Kulturlandschaft unserer Stadt zukünftig vor? Wie soll sie finanziert werden? Welche Prioritäten setzen wir bei knapperen Mitteln – und müssen wir gezwungenermaßen verzichten? Wie gestalten wir die Zukunft unserer Museen, Theater, Festivals und der freien Szene? Welche Veränderungen in der Kulturverwaltung sind notwendig, um effizienter und serviceorientierter zu arbeiten? Wie kann die Vernetzung zwischen den städtischen Einrichtungen und der freien Szene verbessert werden, um Synergien zu schaffen und Ressourcen zu bündeln? Und schließlich: Wie gewinnen wir private Partner und Sponsor*innen für eine gemeinsame kulturelle Verantwortung?
Köln braucht haushaltspolitische Rahmenbedingungen und eine unbürokratische Förderpolitik, die kulturelle Vielfalt und Lebendigkeit sichert und weiterentwickelt. Dazu gehören eine verlässliche und nachhaltige Finanzierung der freien Szene ebenso wie Anreize für Kooperation, Innovation und kulturelle Teilhabe und Zugang sowie künstlerische Freiräume – denn ohne sie kann kulturelle Kreativität nicht gedeihen.
Kulturförderung muss zur kommunalen Pflichtaufgabe werden!
Zudem braucht die Kölner Kultur mehr Eigenverantwortung in ihren Institutionen sowie Steuerungsinstrumente, die eine selbstbestimmte Nutzung der zur Verfügung gestellten Ressourcen auf Basis klarer Zielvereinbarungen ermöglichen. Erforderlich ist auch eine zentrale Serviceeinheit, die Künstler*innen und Kulturschaffende bei der Umsetzung ihrer Projekte, bei Förderanträgen und bei der Akquise von Drittmitteln unterstützt. Ebenso notwendig ist eine professionelle Einrichtung, die Fördergelder von EU, Bund, Land und privaten Stiftungen für die Kölner Kultur aktiv einwirbt. Gerade in Zeiten knapper öffentlicher Mittel und einer sich zuspitzenden Finanzlage ist es dringlicher denn je, Kulturförderung als kommunale Pflichtaufgabe festzuschreiben. Der Kölner Kulturrat und das KulturNetzKöln fordern daher die städtische Politik auf, sich auf Landes- und Bundesebene dafür einzusetzen, dass Kulturförderung verbindlich in die Gemeinde- und Haushaltsordnungen aufgenommen wird. In einer Gesellschaft, die zunehmend unter Spannungen und Polarisierung leidet, ist Kultur ein unverzichtbarer Baustein des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der demokratischen Willensbildung. Damit sie diese Rolle erfüllen kann, braucht sie finanzielle und planerische Sicherheit. Dafür setzen sich der Kölner Kulturrat und das KulturNetzKöln ein – und stehen Politik und Verwaltung beratend zur Seite, um tragfähige Lösungen für eine nachhaltige Finanzierung und langfristige Planbarkeit der Kölner Kultur, insbesondere der freien Szene, zu finden.
Kulturrat und KulturNetzwerk Köln
Der Kölner Kulturrat, 1998 als loser Zusammenschluss gegründet, vereinigt heute die Fördervereine und -institutionen der Stadt – über zwanzigtausend Mitglieder stark. Er versteht sich als zentrale Interessenvertretung sowohl der institutionellen als auch der freien Kultur gegenüber Politik und Verwaltung. Neben Lobbyarbeit bietet er fachliches Know-how und fördert die Vernetzung seiner Mitglieder. Das KulturNetzKöln ergänzt diese institutionelle Verankerung durch flexible Netzwerkstrukturen. Dass beide Organisationen gemeinsam auftreten, signalisiert: Hier geht es nicht um Partikularinteressen einzelner Sparten, sondern um die gesamte Kulturlandschaft. Köln steht exemplarisch für eine bundesweite Entwicklung. Kommunale Kulturhaushalte geraten unter Druck, während die Frage nach Pflicht oder Freiwilligkeit ungeklärt bleibt. Ob die Stadt das Angebot zum Dialog annimmt, wird sich zeigen. Die Frage der Finanzierung bleibt dabei die entscheidende – auch für die geforderten Reformen.
