„Es geht um Strahlkraft in NRW"
Interview mit WDR-Jazzredakteur Jörg Heyd
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Bildquelle WDR
Standing Ovations im historischen Ebertbad, ehrfürchtige Nachwuchsmusiker backstage und eine komplette Tour durch NRW – der WDR Jazzpreis hat sich gewandelt. Jörg Heyd, Jazzredakteur beim WDR, erklärt, warum regionale Strahlkraft heute wichtiger ist als je zuvor und wie aus purer Leidenschaft große Musik entsteht...
Wie hat sich für Dich dieser Abend im Ebertbad angefühlt?
Für mich war diese Veranstaltung wie eine Werbeveranstaltung für Musik im positiven Sinne - für die WDR Big Band, für Simon Oslender, für das Ebertbad, für alle, die da mitgewirkt haben und letzten Endes auch für das Publikum. Es lief alles wie am Schnürchen, obwohl so viele Menschen beteiligt waren. Am Ende des Tages, wenn du Standing Ovation im Saal hast und du spürst einfach diese Energie, das ist Wahnsinn. Es gibt für mich so Momente bei Konzerten, wo irgendwas passiert, was man gar nicht so in Worte fassen kann. Aber wenn das Publikum und die Musiker irgendeine Verbindung aufgebaut und es irgendwie Klick macht, dann ist es für mich ein gutes Konzert und ein gelungenes Projekt.
Du hast ja mit dazu beigetragen, dass sich der WDR Jazzpreis und die Gestaltung der Preisträgerkonzerte mit der WDR Big Band weiterentwickelt hat. Was zeichnet diesen Wandel aus?
Ich finde, wenn wir so viel Aufwand für anspruchsvolle Musik betreiben, muss man damit durchs Land ziehen. Deshalb machen wir jetzt eine komplette Tour. Diesmal haben wir in Münster angefangen, nach Oberhausen kam noch Paderborn, damit steht dieses Jahr Westfalen und das Ruhrgebiet im Fokus. Das ist auf jeden Fall ein Teil des Prinzips beim Jazzpreis, seit ich den mitorganisiere: Dass man mit Initiativen und Veranstaltern vor Ort und mit den Menschen zusammenarbeitet.
Wie kamt ihr konkret auf das Ebertbad als Veranstaltungsort?
Wir haben bereits seit letztem Jahr eine Kooperation mit Mercator Jazz. Und da war es unser großer Wunsch, ins Ebertbad zu gehen, weil es natürlich eine sehr schöne Location ist und von der Atmosphäre einzigartig. Und da wir auch Video und Fernsehen dabei hatten, hat sich das natürlich angeboten - auch wenn es relativ klein ist für so einen Abend mit zwei Bigbands. Es war logistisch wirklich eine absolute Meisterleistung aller Beteiligten, hier alles richtig über die Bühne zu bringen. Eckart Pressler von Mercator Jazz und Peter Baumgärtner von der Jazzförderung Rhein-Ruhr haben uns hier mit ganzer Arbeit hervorragend unterstützt.
Wie funktioniert die Auswahl der Preisträger beim WDR-Jazzpreis? Wie kamt ihr auf Simon Oslender? Es gibt eine große Jury-Runde, die durften jeweils Wunschkandidaten oder mutmaßlich würdige Kandidaten einreichen. Die Jury besteht aus Veranstaltern, Vertretern aus dem Haus, also ameinem Vorgänger Niklas Rudolph, Arnd Richter von der Big Band und auch aus der letztjährigen Preisträgerin Caris Hermes - das ist auch so eine kleine Tradition. Auf jeden Fall kommen unterschiedliche Menschen aus unterschiedlichen Bereichen zusammen. Die schlagen Leute vor und dann werden die Kandidatinnen und Kandidaten diskutiert. Wir haben nicht mehr so viele verschiedene Preise wie früher, wo wir etwa einen Improvisator und eine Komponistin ausgezeichnet haben, sondern stattdessen jemand, der schon viele Facetten abdeckt und vor allem über Strahlkraft in NRW verfügt.
Ein besonderer Moment war auch die Auszeichnung der MKS Big Band Duisburg. Was bedeutet Nachwuchsförderung für dich?
Das ist für mich immer so ein gesellschaftliches Anliegen an der Basis. Es ist ja wie im Fußball. Wenn du keine gute Nachwuchs-, keine gute Jugendarbeit machst, dann kannst du auch später keinen Erfolg haben. Das Besondere an der Jugend ist, dass sie es einfach machen, weil sie Lustdrauf haben. Wer das mal miterlebt hat, wie die jungen Leute strahlend auf der Bühne sitzen, dann weiß man ganz genau, die machen das aus purer Leidenschaft.
Wirkt hier die Ausstrahlung der WDR Big Band auch vorbildhaft?
Wenn junge Musiker auf die WDR Big Band treffen, wenn die backstage einen Paul Heller oder Andy Haderer persönlich sehen, die ja wirklich Koryphäen auf ihrem Instrument sind,wenn die ihre Heroen dann treffen, dann ist das wunderbar. Teilweise kommen die dann zu mir und sagen: "Meinst du, wir können den mal ansprechen?" Die sind da total ehrfürchtig, weil sie diese Musiker hören und verehren. Das sind echt besondere Momente.
Du betonst immer wieder die Bedeutung der regionalen Szene. Warum ist dir das so wichtig?
Ich bin schon immer der Szene eng verbunden, ich habe früher schon immer die Sendung Szene NRW im WDR Jazz Radio moderiert. Und ich habe ein großes Herz für die regionale Szene, weil die einfach so gut ist. Nachwuchs und Regionalität - das sind zwei meiner Themen, die auch Kernaufgaben des WDR sind.