Kann ich das upgraden auf Business Class?
Ein Rapper wagte den Selbsttest
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: screenshots
Ein junger Rapper namens AbiPaid hat seine virale Reichweite als Musiker konstruktiv genutzt, um die AfD mit deren eigenen Mitteln vorzuführen. Das ging so: Er nahm die im Rahmen einer hinlänglich bekannten unterirdischen (und mittlerweile auch strafrechtlich verfolgten) AfD-Wahlkampf-Kampagne verteilten "Abschiebetickets" wörtlich und zog mit einem jener 30.000 Flyer los, die täuschend echt wie Flugscheine aussehen. Mit Kamera bewaffnet machte er sich auf, um dieses blaue Ticket einzulösen. Beim Check-in-Schalter am Frankfurter Flughafen sagte er schlicht: "Ich wollte mich jetzt abschieben lassen." Der Mitarbeiter am Ticketschalter antwortete lapidar, die AfD sei keine Fluggesellschaft und verwies ihn an die Bundespolizei. Aber auch die konnte nichts mit dem Ticket anfangen.
Schließlich versuchte der Musiker sein „Glück" bei der AfD selbst, respektive bei einem AfD-Wahlkampfstand. Auch hier gemütsstumpfe Ratlosigkeit, wenn auch in unterschwellig beifälligem Unterton über das Anliegen des in Deutschland geborenen Musikers mit kurdischen Wurzeln: "Da sind wir nicht die richtigen Ansprechpartner." Aha?
Erst Ticket verschenken und dann nicht einlösen
Deutlich wird: Eine Partei, die vollmundig "millionenfache Abschiebungen" verspricht, kann nicht einmal erklären, wie ein einzelnes ihrer symbolischen Tickets funktionieren soll. Damit hat AbiPaids Strategie bereits alles gesagt. Der Musiker nahm die AfD einfach beim Wort und ließ sie selbst ihr Versprechen brechen. Die Videos verbreiteten sich millionenfach, die Botschaft wurde verstanden. Kommentare auf X gingen steil und trafen den Kern. Tenor: "Das ist Betrug am Wähler. Erst Ticket verschenken, dann nicht einlösen."
Ein junger Kulturschaffender macht vor, was passieren kann, wenn die virale Reichweite für mehr als nur die eigentliche Kunst genutzt wird, der Status als Künstler verleiht hier eine besondere Freiheit. In Zeiten, in denen die öffentliche Debatte von vereinfachenden Narrativen erstickt wird, demonstriert AbiPaids humorvolle kleine Aktion die subversive Sprengkraft kreativer Gegenstrategien. Eine aktivistischen Kulturpraxis erstarrt eben nicht in moralischer Entrüstungsbekundung, sondern kann gerade im Kleinen erstaunlich gut funktionieren und damit wieder der gesellschaftlichen Realität Gehör verschaffen. Diese Aktion eines Musikers – dafür sind auch zahlreiche beleidigte Kommentare aus dem AfD-Lager eine schöne Bestätigung – wirkte als kleiner, aber präziser Schnitt in das Narrativ derer, die komplexe Probleme mit simplen Lösungen zu beantworten vorgeben und dabei vor allem Inhaltsleere offenbaren.