ABUNUYA- eine Musik zwischen den Welten
Probenbesuch zur Uraufführung
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper
„Abunuya“ haben der syrisch-palästinensische Pianist Aeham Ahmad und der Komponist André Buttler ihr abendfüllendes Werk genannt, das zusammen mit der Jungen Vielharmonie der Musikschule Marl am 19. November aus der Taufe gehoben wird.
Ein sinfonisches Konzert mit einem frei improvisierenden Musiker zu realisieren, markiert für den Komponisten André Buttler spannendes Neuland: „Die Klavierstimme ist nicht ausgeschrieben wie in einem klassischen Klavierkonzert. Aeham improvisiert und kann sich Freiheiten erlauben. Das Orchester muss sich darauf gefasst machen, dass etwas Unvorhergesehenes passiert.“
Vor einem Jahr haben sich Aeham Ahmad und André Buttler auf einen tiefen gemeinsamen Prozess eingelassen. Aeham Ahmad spielte jene Musik, die ihm am meisten bedeutet und auch heftige Lebensumstände widerspiegelt. Aus der Zeit, in welcher der - hervorragend ausgebildete! - Pianist während des Syrien-Krieges in den Ruinen von Yarmouk auf einem mobilen Klavier vor Menschen musizierte, die alles verloren hatten, stammt der Song „About the Waterman“. Es geht um die elementarste Not der Zivilbevölkerung im Krieg, wenn das Trinkwasser fehlt. Zum deutschen Lied „Die Gedanken sind frei“ hat Aeham Ahmad einen besonderen Bezug, also wird auch dies in Abunuya zitiert: „Die kraftvolle Melodie verkörpert so viel innere Stärke. Selbst bei jemandem in Gefangenschaft befinden sich die Gedanken immer noch in Freiheit!“ sagt er heute dazu.
Die musikalische Bildkraft lässt den Filmmmusik-Komponisten erkennen
André Buttler hat sich in Aeham Ahmads musikalische Ideen hinein gehört und diese mit modernen kompositorischen Verfahren in die Klangwelt eines Sinfonieorchesters verpflanzt. In der musikalischen Bildkraft, die daraus hervorgeht, zeigt sich der international erfahrene Filmmusik-Komponist, dessen Partituren und Arrangements viele Fernsehproduktionen und auch Computerspiele bereichern.
Schon die ersten Höreindrücke beim Probenbesuch im Theater deuten darauf hin, dass in dem Werk mit diesem etwas exotisch klingenden Titel vieles anders als bei einem „normalen“ Sinfoniekonzert funktioniert.
Man hört den jungen Musikerinnen und Musikern an, was für ein Spaßfaktor bei den exotischen Klangfarben und der treibenden Rhythmik aufkommt. Auch wird die Palette vom Oud-Spieler Sami Mustafa und dem sinnlichen Spiel auf der Ney-Flöte von Beyza Köse bereichert. Wenn Aeham Ahmad auf dem Flügel loslegt oder manchmal auch seine Gesangsstimme zu ergreifenden Vokalisen erhebt, wird deutlich: Hier „lebt“ jemand seine Musik aus tiefster Tiefe heraus. Für Aeham Ahmad ist die Kooperation mit André Buttler und der Jungen Vielharmonie etwas ganz besonders: „Ich bin so glücklich, dass jetzt ein ganzes Orchester meine Musik spielt. Es tut sehr gut, nach hierhin zurück zu kommen und jetzt mit vielen Menschen aus dieser Stadt auf der Bühne zu musizieren und Emotionen zu teilen.“
Viel mehr als nur Aneignung
Egal ob westlich oder östlich, ob improvisiert oder komponiert – konsequenter als in diesem Projektlässt sich wohlkaum eine „Musik zwischen den Welten“ kreieren.Genau darum ging es der Christlich Islamisch Jüdischen Arbeitsgemeinschaft Marl, Kreis Recklinghausen (CIJAG), als sie den beiden Musikern für das 22. Abrahamsfest einen Kompositionsauftrag erteilte.
Dass es um viel mehr als schnöde „Aneignung“ geht, betont auch André Buttler, der mit dieser Produktion seine Zeit als Leiter der Jungen Vielharmonie der Musikschule der Stadt Marl beschließen wird: „Wir bringen etwas aus der westlichen Welt zusammen mit der nahöstlichen, osmanischen Tradition. Aber es soll etwas Gemeinsames dabei heraus kommen und nicht etwa so klingen, als würde der eine etwas vom anderen adaptieren. Das war unser Ausgangspunkt und das wollen wir unserem Publikum am 19. November zeigen.“
Samstag,, 19. November 2022, Theater Marl. Beginn ist um 17 Uhr!
Eintritt frei, es wird aber um die Reservierung einer Freikarte gebeten, hier über die ABUNUYA-website möglich!