Bild für Beitrag: ​„Keine Angst, woanders zu buddeln“ | Benjamin Schaefer über Musikmachen und künstlerische Haltung
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​„Keine Angst, woanders zu buddeln“

Benjamin Schaefer über Musikmachen und künstlerische Haltung

Köln, 09.12.2015
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper

Der Pianist, Komponist, Bandleader und Musikpädagoge Benjamin Schaefer freut sich über die vielen künstlerischen Möglichkeiten, die sich gerade aus der Verbindung verschiedener Musikgenres ergibt. Eigentlich gebe es doch gar keine Musikschubladen, sondern nur interessante Musik- vorausgesetzt, man hat die Energie, die eigene künstlerische Stimme mutig zu erheben. Ein Gespräch mit dem in Köln lebenden Musiker anlässlich seiner jüngsten CD-Veröffentlichung wurde zur tiefgehenden Konversation – auch über das Musikmachen an sich, die dafür bereit stehenden Rahmenbedingungen und die eigene Haltung hierzu.

Wie kam es zu Deiner neuen Platte?

Ich habe zehn Jahre lang ein Trio gehabt, aber dann das Gefühl bekommen, eine neue Rolle einnehmen zu wollen. Vor Jahren hatte ich schon mal eine klassische Quintettbesetzung ausprobiert und bin da schnell an Grenzen gestoßen, weil es mir schwerfiel, mich auf diese Weise aus den gängigen Jazzklischee zu befreien. Dann habe ich zum ersten Mal Kathrin Pechlof an der Harfe gehört und gedacht, Harfe ist ja total toll. Dass dann noch ein Altsaxofon dazu kam, war eine intuitive Entscheidung.

Sich aus allzu rigiden Jazzschablonen heraus bewegen ist ja auch wichtig für den Jazz. Was für Bezüge nach außen, also zum Beispiel zur Klassik hast Du?

Dadurch, dass ich mit klassischem Klavier angefangen habe, ist das immer noch ein Teil von mir. Je länger ich mich mit Musik beschäftige, desto mehr verschwimmen für mich die Genregrenzen.

Wie hat sich diese Einsicht auf die neue CD ausgewirkt?Es gibt hier ja auch Interpretationen moderner Klassik.

Bei den klassischen Werken auf dieser CD sind wir unterschiedlich rangegangen. Manchmal spielen wir sehr nah am Text , manchmal toben wir uns richtig aus. Das Originalwerk Saties ist ein Klavier-Solowerk. “Le Fils des Etoiles“ ist eine merkwürdige Ansammlung von verschiedenen Motiven, die ohne eine erkennbare übergeordnete Struktur vorkommen und immer mal wieder an Stellen auftauchen, wo man sie nicht vermuten würde. Satie wollte Musik als Raumausstattung schreiben; wir haben ihn beim Wort genommen und unsere eigenen Räume eingerichtet. Dabei haben wie auch den Jazz hereingebracht - die Quartakkorde, mit denen das Stück beginnt, haben uns zum Beispiel an Coltranes modale Phase erinnert.

Wollt ihr bewusst Jazz für neue Einflüsse öffnen?

Wenn man die Geschichte des Jazz anguckt, passiert ja in der Improvisation seit jeher genau das: Wenn ich dies oder das mit diesem oder jenem Bereich in Verbindung bringe , was passiert genau in der Mitte? Welche Schnittmenge ergibt sich? Das Wesen der Improvisation ist doch auch, dass man keine Angst hat, woanders zu buddeln .

Wird diesem Aspekt in der heutigen Jazzszene genug Rechnung getragen?

Das finde ich absolut. Ich habe das Gefühl, es passiert total viel. An vielen Ecken , mit vielen Mitteln von vielen Menschen aus verschiedenen Generationen. Künstlerisch sind wir in einer vitalen Zeit. Ob das überall gewürdigt wird und auf fruchtbaren Boden fällt, ist die andere Frage. Wir sind „nur“ die Musiker und können nicht die Gesellschaft ändern oder Menschen ins Konzert zwingen. Wir können die Gesellschaft nicht so ohne weiteres mit dem, was wir tun, dazu bringen, anders über Sachen nachzudenken.

Du reflektierst ja auch viel über die Jazzszene. Wie weit ist Jazz gesellschaftlich relevant? Vor allem: inwieweit und wo ist Jazz relevanter, als es in den Medien normalerweise transportiert wird?

Wir sind „nur“ die Musiker und können nicht die Gesellschaft ändern oder Menschen ins Konzert zwingen. Wir können die Gesellschaft nicht so ohne weiteres mit dem, was wir tun, dazu bringen, anders über Sachen nachzudenken.

Aber es doch eine Aufgabe, um die man sich mal als Musiker kümmern muss?

Ich sage ja nicht, wir sollen uns jetzt in den Schmollwinkel zurückziehen, aber der Musik, die ja in erster Linie nur Musik ist, aufzubürden, dass sie etwas verändern soll, einen Impuls geben soll, der Leute dazu bringt, sich anders verhalten zu wollen ist vielleicht auch lähmend.

Es ist lähmend, wenn Musik nicht einfach das sein kann, was sie von Natur aus ist - ein Medium, das auf sehr gehobene Weise unterhält und vielleicht zum Nachdenken anregt. Es ist jetzt nicht so, dass jemand ein Stück Musik schreibt, noch dazu abstrakte Instrumentalmusik und die Leute denken, „Alter, der hat ja so recht und man muss hier was ändern.“ Das wird vielleicht im Nachhinein so gesehen, dass Stücke wie „Freedom Now“ so bahnbrechend waren – aber ich weiß nicht, ob sich das im jeweiligen Moment auch schon so angefühlt hat. Ich war ja leider nicht dabei.

Also werden solche Effekte durch die Geschichte hinterher hochmythologisiert?

Ich glaube, den Anteil gibt es auf jeden Fall. Natürlich, dieser „Wow!“-Effekt – da wird jetzt was möglich, was es vorher nicht gegeben hat - ist in der Musik enthalten. Etwa, wenn Ornette Coleman daher geht und Freejazz macht – und alle anderen denken, so geht ja auch. Diese Kraft gibt es natürlich immer, aber ich sehe sie als eine Kraft, die eher die Musiker beflügelt und weniger das Publikum.

Ich denke an viele emanzipatorische Bewegungen, in denen Musik eine starke Rolle spielt. Zum Beispiel in der Freejazzbewegung. Da war die Musik und auch die instrumentale Musik ein Vehikel für ästhetische Befreiungschläge, also auch eine Geisteshaltung. Sollte nicht im Idealfall beides miteinander einhergehen? Dass von Musikern ein Impuls ausgeht und dass es zu Wechselwirkungen kommt?

Ja, schon. Ich habe aber das Gefühl, dass man hier die Frage nach dem Huhn und dem Ei stellen muss. Vielleicht bedingt es sich auch gegenseitig. Ich denke natürlich auch etwa an frühe Berichte über das Moers-Festival, was da alles möglich war und wie gut die Leute da drauf waren. Aber ich glaube, solche Veränderungen jetzt alleine der künstlerischen Seite aufbürden, das geht wohl kaum. Jetzt zu sagen: Jazz müsste so oder so sein, dann ändert sich etwas außerhalb der Musik.....ich finde das schwierig.

Inwieweit und wo ist Jazz relevanter, als es in den Medien normalerweise transportiert wird?

Man muss differenzieren zwischen den Dingen, die in der Musik selber passieren und jenen, die um sie herum passieren und womit sie von außen aufgeladen wird. Ohne diese Differenzierungen ist die Frage nach Relevanz eine totale Scheindiskussion. Es gibt immer noch Musiker, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen und es kommen Leute in Konzerte, weil es sie interessiert. In dem Moment ist es relevant. Damit ist für mich die Diskussion schon zu Ende. Man gerät hier sehr schnell in die Defensive oder gar eine entschuldigende Haltung. Und dann überlegt man sich noch Sachen, die mit der Musik selber gar nichts zu tun haben. Die erst im übertragenen Sinne relevant sind.

Warum kann man nicht einfach sagen: Es gibt Jazz und es gibt Leute, die finden Jazz toll. Es gibt Musiker und sie spielen tollen Jazz. Also ist das auch relevant. Und in dem Phänomen der Improvisation, was ja auch nur ein Teil des Ganzen ist, stecken ganz viele Sachen, die sehr wohl total relevant sind - gerade in der heutigen Zeit.

Das ist der entscheidende Punkt: Wie ist es mit der Idee von Improvisation als Geisteshaltung und Lebenspraxis? Als übergeordnetes Prinzip, das auch in anderen Zusammenhängen offen und integrierend wirkt?

Genau, in der Hinsicht sehe ich Jazz als eine idealtypische kulturelle Praxis. Nur bin ich da zu sehr Musiker, als dass ich sage, das sollte jetzt nicht ganz oben stehen. Denn oben soll vor allem die Musik stehen! Alles was hier an Toleranz und Verbindung drin steckt, steckt halt nur da drin. Wir machen ja nicht die Musik, um irgend etwas zu verbinden. Wir machen Musik, weil uns die Musik gefällt. Weil wir uns da emotional drin wiederfinden. Und wenn sich da viele Sachen herein lesen lassen, dann ist es halt eine starke und damit in hohem Maße relevante Kunstform.

Wie siehst Du den Aspekt von Grundlagenforschung, wie er gerade in der improvisierten Musik betrieben wird? Strahlt da etwas auf andere kreative Bereiche aus?

Auf jeden Fall. Jazz wird in seinem Einflussreichtum nie totzukriegen sein. Man muss sich mal klarmachen, was für Musikrichtungen es ohne Jazz nicht geben würde und dass sich diese Beeinflussungen auch immer wieder, sogar gegenseitig,erneuern. Man braucht sich nur die neuesten Independent- Pop und Rockplatten anzuschauen oder den ganzen Bereich der elektronischen Musik: Da stecken aktuell viel mehr Jazzeinflüsse drin als noch vor ein paar Jahren. Jazz ist hier gewissermaßen in Wellenbewegungen präsent. Das alte Zappa-Zitat „Jazz ist nicht tot, er riecht nur komisch“ passt also überhaupt nicht. Jazz ist eine sehr lebendige musikalische Praxis.

Die Entwicklung des Jazz hat ja auch immer wieder Paradigmenwechsel durchlaufen. Immer wieder bewegt sich etwas in andere Richtungen und windet sich auch wieder heraus, sobald man es zu stark festzuhalten, einzuordnen versucht.

Diese Beweglichkeit ist natürlich dem Improvisationsprinzip geschuldet und dem Forschungsdrang. Man mag denken: die Musik ist jetzt gerade so und so, und was für Mittel habe ich, hier jetzt einzugreifen? Die Fusion-Musiker in den 1970ern haben sich zum Beispiel gedacht, was machen die Leute in Indien für eine Musik und wie kann man diese in die eigene Musik integrieren? Die jüngere Generation macht es genauso: Im Moment stehen viele Leute auf elektronische Musik und gehen gerne mal in den Club. Das ist die Musik, die die Leute heute zum Tanzen bringt und eben nicht mehr Bigband. Wie kann ich das jetzt wieder verbinden mit meinen Ansprüchen an die eigene Musik?

Spannend sind ja auch Kurzschlüsse mit viel älterer Musik. Ich denke gerade an euer Surfmusic-Projekt.

Ja genau, aber das ist auch nur cool, wenn es in der Gegenwart ankommt und nicht in irgendeiner Retro-Geste erstarrt.

Weit verbreitet ist der Eindruck, dass viele Menschen Jazz spielen und rezipieren und vieles erstarrt ist. Da werden viele junge Musiker in Hochschulen von älteren Musikern unterrichtet und demonstrieren dann auf der Livebühne oder auf CD, was sie studiert haben. Wie siehst Du das?

Den Vorwurf hört man gerne mal. Wir haben alle studiert, können alle wahnsinnig gut spielen , aber haben keine Emotion und Persönlichkeit. Das haben wir schon vielfach über uns lesen müssen. Klar, wenn Jazz zu einem anerkannten Studiengang geworden ist und mehr Leute ihn spielen , machen auch mehr Leute viel zu früh CDs und wollen sich öffentlich mitteilen. Da gibt es die negative Seite, dass man eine viel höhere Dokumentationsdichte von Mittelmäßigkeit hat als früher, als die Entscheidung „ich werde Jazzmusiker“ noch eine ganz andere war. Aber es gibt auch eine positive Seite, die sagt, das ist doch super, wir können jeden gebrauchen, der seine Stimme erhebt. Und von Erstarrung kann aus meiner Sicht nun wirklich nicht die Rede sein.

Ich habe das Gefühl, dass es der Szene gut tut, dass mehr Leute in dem Gebiet unterwegs sind und dass mehr Leute Ideen haben, Wege finden, Strukturen aufbrechen und danach forschen, wie man neues herein leiten kann. Ich bin da eigentlich eher Kulturoptimist.

Wie bewertest Du deine Studienzeit?

Es gibt immer Bereiche, bei denen man sagen könnte, das hätte auch besser sein können. Aber das wichtigste an so einem Studium sind nicht so sehr die Studieninhalte, sondern, dass Zentren geschaffen werden, wo man auf Gleichgesinnte trifft.

Natürlich ist es richtig und wichtig und gut, wenn eine Hochschule nicht nur Einzelunterricht am Instrument bietet, sondern auch das Drumherum lehrt und wenigstens ein Stück weit auf das Berufsleben vorbereitet. Am Ende muss man es aber eh selber machen und selber lernen und mit den Mitteln, die man mitbringt, seine Nische schaffen. Und dann abwägen, ob man es sich bequem machen will oder nicht.

Bereiten Hochschulen angemessen aufs Freelancer-Dasein vor?

Es kommt auf den jeweiligen Studenten an, ob einen das Hochschulstudium von der Persönlichkeitsstruktur so weit umändern kann, dass man auf einmal Sachen anwendet, die einem vorher nicht bekannt waren. Oder Dinge, die einem einfach nicht nahe liegen. Es gibt Leute, die können sich super verkaufen und es gibt Leute, die können das überhaupt nicht; die können aber musikalisch genauso gut sein.

Was für Kompetenzen wurden vermittelt?

Es ist ganz viel learning by doing. Das Größte, was man im Studium lernen kann, ist Hilfe zur Selbsthilfe. Dass man lernt, wie man lernen kann. Dass man bestärkt wird, der eigenen Neugier nachzugehen. Wenn Du eigene Neugier hast, bist du viel eher motiviert , etwas herauszufinden und vielleicht auch eigene Fehler zu analysieren . Oder zu erkennen, wenn Du eine Platte herausgebracht hast, dass Du kein Verkaufstalent bist und dich fragst, was kann ich denn jetzt machen. Dann fängt man an zu suchen. Man muss dann anfangen, sich zu beschäftigen. Und man muss selber die Konsequenzen tragen. Es geht ganz viel um Eigenverantwortung.

Nochmal was zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen von Dir und Deinen KollegInnen. Hast Du das Gefühl, Dich unter den gegebenen Rahmenbedingungen angemessen, also so wie Du es Dir wünschst, verwirklichen zu können?

Ich habe nach wie vor das Gefühl, dass ich mich künstlerisch verwirklichen kann – wir haben ja eingangs über meine neue Platte gesprochen. Man ist schon gezwungen, genau drauf zu gucken, wann man wieviel von was macht. Man muss sehr sorgsam mit seiner Zeit umgehen und gewillt sein, Sachen auf Kosten des Privatlebens zu machen und die eine oder andere Stunde extra zu arbeiten. Das macht weiß Gott nicht immer Spaß und ich würde auch sagen, wir haben einen wahnsinnig anstrengenden Beruf. Die Alternative ist, man wählt einen Job in einem laufenden System . Aber dann geht vielleicht die künstlerische Stimme unter. Wichtig ist: Man muss das Gefühl haben, man hat etwas zu sagen, hat eine Aufgabe mit dem, was man da macht. Und die Aufgabe geht ja nicht verloren, wenn man das Gefühl hat, dass weniger Leute in Konzert kommen.

Muss man auch bereit sein, für sehr kleines Geld oder für lau zu spielen?

Ich finde, das Umgekehrte ist der Fall. Man muss bereit sein, auf Konzerte zu verzichten, wenn es wirtschaftlich keinen Sinn macht. Jeder ist gezwungen, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Man schießt sich selber total ins Bein, wenn man immer propagiert: Leute, es ist alles umsonst, aber bitte bitte kommt. Ich plädiere eher dafür, dass man sich dem entzieht. Also: Mich gibt es nur für diesen Kurs und nicht weniger.

Auf der anderen Seite gibt es auch Gegenmodelle: Man soll etwas anbieten, und die Leute sollen sich dafür bedanken und freiwillig etwas dafür geben oder auch nicht. Das hat natürlich ein höheres utopisches Potenzial, als wenn man sagt, ich will Geld für meine Arbeit. Andererseits: Dann würde ich auch gerne umsonst irgendwo wohnen.

Das ist das Argument. Man erbringt die Leistung. Das ist Arbeit, die Du verrichtest.

Man spielt da ja nach den gängigen Regeln. Alle anderen nehmen Geld also muss ich auch Geld nehmen. Und man ist nicht derjenige, der sagt ich nehme kein Geld und werde schon irgendwie überleben. Man ändert nicht das große Rad des Prozesses.

Da greift dann die Marktlogik.

Man tut immer so, als wäre das unabänderlich. Diese Logik wurde ja von Menschen geschaffen und kann von Menschen geändert werden. Insofern ist es ein totales Reizthema.

Ich kann auch sagen, ich spiele für euch umsonst, aber dann darf ich auch bei euch wohnen.

Es gibt ja Leute, die das Geld soweit es geht aus ihren Leben raushalten . Die einfach bei anderen Leuten wohnen, wo das Tausch- und Teilprinzip wieder greift.

Wir sind ja schon mitten in der Mindestgagen-Debatte drin.

In dem herrschenden System ist es absoluter Selbstmord zu sagen, ich spiele für umsonst. Oder „ wir spielen auf Hut und Spenden sind erwünscht“. Das führt zu lauter negativen Sachen, zu unterprobten Konzerten, zu brutalem Material- und Körperverschleiß. Wir können den schwarzen Peter auch nicht einfach den Veranstaltern zuschieben, weil sich bekanntlich kaum eine Jazzveranstaltung selber trägt. Die Frage ist: wer kann auf die Gagen verzichten? Insgesamt ist viel zu wenig Geld im System und leider sind die Musiker immer das letzte Glied in der Kette und haben niemanden, auf den sie das Risiko abwälzen können.

Viele Musiker sehen es auch anders. Es wird befürchtet, dass dadurch Auftrittsmöglichkeiten kaputt gehen, gerade für junge Musiker, die Erfahrungen sammeln wollen. Wie ist hier deine Einschätzung?

Dann ist es so. Man kann ja gerne sagen, dass es bei Studentenbands, die noch in der Ausbildung sind, deren Eltern sie noch unterstützen, auch mal okay ist, wenn man für 50 Euro pro Nase spielt, damit sie auch so viel wie möglich Bühnenerfahrung sammeln können. Aber wichtig ist der Schritt danach – und dass es den überhaupt noch geben kann. Dass es eben nicht so läuft, man ist aus der Hochschule raus und alle Konzertmöglichkeiten sind schon verstopft von viel zu vielen Leuten, die für einen lächerlichen Kurs spielen, weil es anders nicht geht. Heutzutage noch eine Gage zu verhandeln, die dir ermöglicht, Deine Kosten zu decken, ist weiß Gott nicht leichter geworden.

Das ganze ist schon sehr komplex. Es berührt den wirtschaftlichen Aspekt, aber auch die Signalwirkung über den generellen Wert der künstlerischen Arbeit.

Wenn mehr Leute sagen würden, ich spiele nicht unter einem bestimmten Wert, dann würden sich viel mehr Leute Gedanken machen müssen, wie kriegen wir das denn hin, dass wir auf den Betrag X kommen. So kann es sich die andere Seite einfach machen und nur wir müssen nach Lösungen suchen .

Aktuelle CD

Benjamin Schäfer:

Quiet Fire (Nwog Records)

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