Roger C. Wade meets Balta Bordoy |

Blues und Boogie im Kulturrat

Text: Heinz Schlinkert | Fotos: Reiner Skubowius

Bochum, 26.05.2023 | Am 19. Mai spielte das Trio mit Roger C. Wade, Marion Wade und Balta Bordoy im Bochumer Kulturrat - Zeitreise in die Welt des Blues, Boogie Woogie, R&B und Rock’n' Roll.

  • Trio aus GB, Spanien und Deutschland

Roger C. Wade lebt als ‚Brexit-Geflüchteter‘ schon seit einigen Jahren in Deutschland . Er singt und spielt ‚harp‘ und ist ein Unikum mit britischem Humor. Seine Frau Marion Wade, beide kommen aus Brühl, spielt Klavier oft im Boogie Woogie Stil.
Balta Bordoy heißt eigentlich Baltasar, er ist erst kurz vorher aus Barcelona eingeflogen worden. In Spanien spielt er u. a. mit den Bad Boys. Mit der 2012 auf Mallorca gegründeten Band Los peligrosos Gentlemen hat er ein Album herausgebracht.
Das Trio hat sich bei einem Konzert in Barcelona kennengelernt und schon einige Alben zusammen produziert, darunter 2018 The Schoolhouse Sessions und kürzlich Cookin’ At Home.

  • Zeitreise in die Welt der 50ies

Mit Close to me und einer gefühlvoll gespielten ‚harp‘ von Roger C. Wade beginnt ldas Konzert, zunächst im Duo ohne die Pianistin. In einer rollenspielähnlichen Ansage kündigt Roger seine Frau an, die nun in einem weiß-schwarz gepunkteten Kleid auf die Bühne kommt. Mit It must have been the Devil, geht es weiter, doch damit ist wohl nicht Marion gemeint. Es gibt soliden Blues im Stil der 50er Jahre, der manchmal an B.B. King erinnert, bei Whiskey Tonight auch an Champion Jack Dupree, der vor ca. 50 Jahren mal im Bochumer Club Liberitas aufgetreten ist. Auch I Can Tell von Bo Diddley, dem Pionier des Rock ’n’ Roll, ist dabei.

Balta Bordoy sitzt in der Mitte, aber nicht ‚zwischen den Stühlen‘, denn die drei sind sehr gut aufeinander eingespielt, obwohl Balta erst gerade angereist ist. Auf ihn richten sich erst einmal die Blicke, auch wegen seiner interessanten Gitarre. Doch auch Marion Wade ist ein Blickfang, nicht zuletzt wegen ihres Kleides und wegen der Blume im Haar, „im Billie Holiday Look, kommentiert ihr Mann. Doch wenn sie spielt, denkt man vielleicht eher an die Tänze der 50er Jahre, bei denen die Jugendlichen recht ausgiebig Rock ’n' Roll tanzten und die Röcke herumwirbelten.

Interessante Frage ans Publikum vor der Pause: „Wer hat noch einen CD Player?“ Die Hälfte des schon etwas älteren Publikums hebt die Hand, da kann ja der CD-Verkauf noch etwas einbringen. Im 2. Set gibt's dann mehr Rock ’n' Roll.

  • Blues – Boogie Woogie – R&B – Rock ’n' Roll

Doch was ist nun was? So eindeutig kann man das nicht voneinander abgrenzen. Allen Stilen liegt mehr oder weniger das vom Blues herrührende 12- bzw. 16-Takte Schema mit den 7er Akkorden zugrunde, die in unterschiedlichen Variationen kombiniert bzw. erweitert werden. Der Boogie Woogie basiert auf dem Ragtime und ist als Tanz und Pianostil schon seit 100 Jahren bekannt, doch das Bluesfeeling ging weitgehend verloren, auch wegen der rollenden Bässe und wegen des schnellen Tempos. Als man 1941 für den diskriminierenden Begriff der ‚Race Records‘ einen anderen Namen suchte, wurde R&B, Rhythm & Blues, aus der Taufe gehoben. Er ist eine Vorform des Rock 'n' Roll, von schwarzen Musikern wie Louis Jordan, T-Bone Walker und B.B. King gespielt. Der Roll 'n' Roll ist dagegen – abgesehen von Ausnahmen wie Chuck Barry – weiß; eine Mischung aus Rhythm & Blues und Country & Western, am besten bekannt durch Bill Haley, Buddy Holly und Elvis Presley. Er war die Musik des jugendlichen Protests im ‚Halbstarken‘-Outfit mit lauter Musik aus kratzigen Verstärkern und ‚öbszönen‘ Bewegungen, später von der europäischen Beat Musik neu entdeckt.

  • Rock ’n' Roll and more

Roger bläst inbrünstig in seine Mundharmonika, Marion spielt meist beidhändig Akkorde, sie ist die ‚Rhythmusmaschine‘ der Band, recht perkussiv, auch weil sie mit einem Bein den Takt auf dem hölzernen Fußboden der Bühne wippt. So gelingt es ihr in dieser Konstellation gut, auch den Part von Bass und Schlagzeug zu übernehmen.
Die Band spielt als Trio, aber auch in allen drei möglichen Duos, die da möglich sind. Balta, der Repertoire und Technik des Blues exzellent beherrscht, spielt bei einem Stück längere Zeit solo, manchmal mit Hawaii-Gitarren-Sound

Walk Right In ist ein Country Blues von 1929, der 1963 mit den Rooftop Singers eine Art Revival erfuhr. Hier nun fügt er sich nahtlos ein in die Reihe mit My Daily Wish, I’m working so hard, Pickin’ Chicken Boogie und anderen Stücken, z.T. Eigenkompositionen. Doch irgendwann ist der Pep raus, denn all diese Stücke sind sich schon sehr ähnlich. Da kommt der Blues-Klassiker von 1920 Ain't Nobody's Business if I do gerade recht. Für Bessie Smith war dieser Song sehr wichtig, wie man aktuell in dem interessanten Buch Im Taumel der Zwanziger von Tobias Bleek erfahren kann. Balta spielt ein famoses Gitarren-Solo. So muss es sein!
Im Wechsel kommt die Zugabe wieder ganz rockig, laut gespielt und frech gesungen, ein krönender Abschluss mit viel Beifall, den die Band sicher verdient hat. Am Wochenende war sie auch noch in Köln und in Herne zu erleben.

Nächstes Jazz-Konzert im Bochumer Kulturrat: 17.6. 20 Uhr Six8tyOne BigbandSwingin’ the Blues