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Neues aus der CD-Welt

Christoph Gieses Schnelldurchlauf Vol. 49

Gelsenkirchen, 25.02.2024
TEXT: Christoph Giese | 

LEHMANNS BROTHERS: „Playground“ (10H10 music)

Hinter der französischen Band Lehmanns Brothers stecken Sänger und Keyboarder Julien Anglade, Sänger, Keyboarder, Bassist und Gitarrist Alvin Amaïzo und Schlagwerker Dorris Biayenda, drei Freunde und Groove-Brüder aus dem westfranzösischen Angoulême. Das Trio steht auf afroamerikanische Rhythmen, auf Jazz, Funk, HipHop und NuSoul. Und strickt aus genau diesen Zutaten seine Klasse-Songs. Zusammen mit zwei Gastmusikern ist „Playground“ eine lässig funkige, luftig-leichte, groovende Spielwiese dieser klug zusammengerührten Musikstile geworden. Macht viel Spaß!

SYLVAIN CATHALA / PRINT: „Secrets For You“ (Le Triton)

Seit 25 Jahren gibt es nun schon die Band Print des französischen Tenorsaxofonisten Sylvain Cathala, die er zusammen mit Altsaxofonist Stéphane Payen, Pianist Benjamin Moussay, Bassist Jean-Philippe Morel und Schlagzeuger Franck Vaillant betreibt. Eine Band, die hier auf „Secrets For You“ wunderbar zwischen komponiertem Material und ausgiebigen Improvisationen musiziert. Manchmal poetisch und fast intim, dann voller Energie und Drang, über krumme Metren, verwoben mit Klängen vom modularen Piano, bietet das Quintett viele überraschende Momente, eine sehr offene Ästhetik mit Klängen und freien Rhythmen, die aneinander reiben, um dann dennoch einem Fluss zusammengebündelt zu werden. Sehr spannend größtenteils.

 

CORNELIA NILSSON: „Where Do You Go?“ (Stund Records)   

Eine neue Stimme am Schlagzeughimmel. Die schwedische Trommlerin und Komponistin Cornelia Nilsson präsentiert nun mit „Where Do You Go?“ ihr ziemlich gelungenes Debütalbum. Und die Anfangdreißigerin hat dafür zwei unterschiedliche Trioformationen gewählt. Die Konstante in beiden Trios ist der schwedische Bassist Daniel Franck. Sechs der neun Stücke des Albums spielen die beiden mit US-Pianist Aaron Parks, die anderen drei mit dem ungarischen Saxofonisten Gabor Bolla. In einem Mix aus Eigenkompositionen und Stücken von Monk, Bud Powell oder Ornette Coleman zeigt die junge Schwedin an den Drums, was sie so alles kann: klasse Songs schreiben, supersensibel mit den Besen agieren und polyrhythmische Akzente setzen und dabei boppige oder lässig swingende Nummern akzentuiert, aber nie zu muskulös vorantreiben.

                                                                                                             

PETER EHWALD DOUBLE TROUBLE: „Dumont Dancer“ (Jazzwerkstatt)          

Ein Livealbum als Abschluss einer über zehnjährigen Bandkarriere – das im Oktober 2021 im Aachener Club Dumont eingespielte „Dumont Dancer“ wird das letzte Ausrufezeichen von Peter Ehwalds Band Double Trouble sein, weil einer der beiden Bassisten, Robert Landfermann , sich entschlossen hat nicht mehr in dem Quartett weiterspielen zu wollen. Und eine Umbesetzung der Band war und ist für Peter Ehwald kein Thema. So kann man hier noch einmal diese geniale Viererbande in Höchstform erleben. Ehwald auf dem Tenorsaxofon und dem Tarogato, Landfermann und Andreas Lang an den Kontrabässen und Jonas Burgwinkel  am Schlagzeug. In sechs Kompositionen Ehwalds lotet das Quartett fließende Übergänge zwischen komponierten Vorgaben und Gruppenimprovisationen spannend aus. So entsteht eine jederzeit offene, vertrackte Musik, die direkt und ohne große Verzierungen gespielt auf den Hörer trifft. Mit einer Vitalität und Leidenschaft, die ansteckend ist.

JOEL ROSS: „Nublues“ (Blue Note)

Ein Album volles Blues und Balladen – Vibrafonist Joel Ross überrascht einmal mehr seine Zuhörer. Und liefert mit „Nublues“ eine super Platte ab mit eigenen Kompositionen und insgesamt drei Stücken von Monk und Coltrane. Mit Saxofonist Immanuel Wilkins, Pianist Jeremy Corren, Bassistin Kanoa Mendenhall, Drummer Jeremy Dutton und Gastflötistin Gabrielle Garo offeriert der US-Amerikaner ein spirituelles Werk, das mal meditativ daherkommt, aber auch aufwühlend klingen und auch schön swingen kann. Immer aber transportiert die Musik Seele und Eindringlichkeit und hört sich erfrischend eigenständig an. 

SUSANNE ALT: „Royalty For Real“ (Venus Tunes)

Einer der Musiker, den Susanne Alt verehrt hat, war der US-Trompeter Roy Hargrove, der 2018 im Alter von nur 49 Jahren viel zu früh verstarb. Mehrfach spielte die gebürtige Würzburgerin mit Wohnsitz Amsterdam sogar mit Hargrove zusammen, etwa auf den legendären Jam Sessions beim North Sea Jazz Festival. Nun hat die Saxofonistin dem Amerikaner eine Platte gewidmet, die sie gleich mit einer Komposition Hargroves, dem so lässig groovenden „Roy Allan“, beginnt. Wie Hargrove ist auch Alt eine famose Balladen-Interpretin, was sie hier gleich mehrfach zeigt. Und sie kann swingen, boppen oder funky sein – und das alles immer mit viel Soul im Ausdruck. Mit Tastenmann James Hurt, Bassist Gerald Cannon und Drummer Willie Jones II hat die Bandleaderin zudem ein Dream-Team an ihrer Seite.    

MICRO ORGANISMS - ENDERS/CHICCO/ROSSY: „Live in Graz“ (enja)

Wer Orgeltrios mag, ist mit dieser Platte genau richtig. Der Weilheimer Tenorsaxofonist Johannes Enders, der italoslowenische Organist Renato Chicco und der spanische Drummer Jorge Rossy zeigen auf der Anfang 2022 live im österreichischen Graz eingespielten gemeinsamen Platte, wie großartig so ein Trio klingen kann. Wie man jederzeit spannende Musik mit Energie würzt, wie man elegant und doch vorwärtsdrängend swingen kann, wie man geschmeidig groovt, ohne dass es auch nur eine Sekunde lang aufdringlich wird. Hier sind drei absolute Meister am Werk, die feurig, frisch und erfrischend aufspielen und miteinander kommunizieren, aber auch gnadenlos gut Ballade können. Und wie sie ganz am Ende Monks Klassiker „Trinkle Tinkle“ Beine machen – Hut ab!

WERNER PUSCH QUINTETT: „My Destination“ (uniSono-Records)

Zum Schluss noch ein Tipp für Schnellentschlossene. Ein Schätzchen, aufgenommen bereits 1980 in den Bauer Studios in Ludwigsburg, kommt jetzt zunächst in streng limitierter Auflage von nur 50 Stück und nur als Vinyl zur Veröffentlichung. Trompeter Werner Pusch und sein Quintett mit dem Pianisten Peter Kosch und dem uruguayischen Saxofonisten Wilson De Oliveira spielen auf „My Destination“ fünf Themen aus der Feder von Pusch oder Kosch. Zu hören ist zeitlose, fein swingende Jazzmusik, voller Eleganz und Frische.


EVELYN KRYGER: „III“ (Hey!blau)                                                                                 

Fusion, Crossover, Musik ohne Scheuklappen – alles trifft auf Evelyn Kryger zu, diese Hannoveraner Band, die scheinbar mühelos verschiedenste musikalische Zutaten zu einfach großartigen Songs zusammenzurühren versteht – auch auf „III“, dem dritten Studioalbum des Quartetts, das sich fürs neue Werk einige hörenswerte Gäste ins Tonstudio geholt hat. Etwa die brasilianische Rapperin Laíz, die geschmeidig auf Portugiesisch rappend die zwei lässig-jazzige Kopfnicker-Nummern veredelt. Oder den Saxofonisten Richard Häckel, der im groovig-treibenden Song „Spirit“ prima mit Evelyn Kryger-Saxofonist Christoph „Cito“ Kaling harmoniert. Und der Isländer Ómar Guðjónsson bringt mit seiner E-Gitarre rockigen Biss in die Auftaktnummer des Albums. Trompeter Tom Trabandt, US-Geiger Roland Satterwhite oder der venezolanische Perkussionist Nené Vásquez sind weitere Mitgestalter bei den vielschichtigen Sounds zwischen Jazz, Progrock, Klassik-Momenten, Popattitüde oder rasanten, tanzbaren, folkloristischen Einsprengseln dieser so ideenreichen Band.

 

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