Bild für Beitrag: Tuba - Instrument des Jahres 2024 | Interview mit Pinguin Moschner
Bild für Beitrag: Tuba - Instrument des Jahres 2024 | Interview mit Pinguin Moschner
Bild für Beitrag: Tuba - Instrument des Jahres 2024 | Interview mit Pinguin Moschner
Bild für Beitrag: Tuba - Instrument des Jahres 2024 | Interview mit Pinguin Moschner

Tuba - Instrument des Jahres 2024

Interview mit Pinguin Moschner

Leverkusen, 26.01.2024
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Bernd Küchemann

Tuuu Baaaa - schon der Klang des Namens dieses Instruments signalisiert, was man damit spielen kann, wenn auch der Name eigentlich von 'tube' (Rohr) kommt, durch das man allerhand in die Welt pusten oder - wie auch bei YouTube - schicken kann. Die Tuba ist Instrument des Jahres 2024 nach Saxophon, Violine, Orgel, Drumset und Mandoline in den vorhergehenden Jahren.

Die Tuba wurde vor knapp 200 Jahren erfunden und zunächst beim Militär eingesetzt. Das Sousafon ist der Tuba - abgesehen von seiner Bauform - sehr ähnlich, es wurde nach seinem Erfinder John Philip Sousa benannt.
Die Tuba findet man inzwischen als tiefstes Blechblasinstrument in jedem Symphonieorchester. Schließlich wurde es auch im Jazz eingesetzt, z. B. in der Bigband von Gil Evans. In der Form des Sousafons war es schon früh in den Marching Bands in New Orleans unentbehrlich.

In 60er Jahren hat Howard Johnson, der 'John Coltrane des Tubaspiels' die Tuba als Melodieinstrument neu erfunden, Jon Sass und Bob Stewart taten es ihm gleich. In Europa war es zunächst der Franzose Michel Godard, der mit der Tuba, aber auch mit dem Vorläufer der Tuba, dem Serpent, bekannt wurde.

Im deutschen Jazz sind Tubisten eher selten anzutreffen, hauptsächlich im Dixieland. In Bigbands wird man meist die Tuba vergeblich suchen, anders bei der Jazzrausch Bigband mit Jutta Keeß an der Tuba (s. Foto). In NRW hat sich Alexander Morsey inzwischen einen Namen gemacht (s. Foto), vor allem mit seinem Kontrabass, manchmal aber auch mit Tuba und Sousaphon.

Pinguin Moschner - Tubist in Reinform

Tubist in Reinform ist Pinguin Moschner aus Leverkusen. Er studierte in den 70ern an der Kölner Hochschule für Musik und gab schon 1978 Solokonzerte auf der Tuba. Bald war er mit Anthony Braxton, Peter Kowald, Paul Lovens, Kenny Wheeler und anderen berühmten Musikern unterwegs. Das 1981 von ihm gegründete 'European Tuba Quartet'  mit Paul Rutherford, Melvin Poore und Larry Fishkind besteht noch heute. Später entstanden die Solo-LPs "Tuba Love Story" und "The Flight of the Humble Beast". Seit 1993 gibt es das Projekt "Pinguin Moschner & Joe Sachse play the music of Jimi Hendrix":

INTERVIEW

nrwjazz: Hallo Pinguin. Wie bist du zur Tuba gekommen?

Den Anstoß gab eigentlich Peter Kowald. Ich war 1974 als Kontrabassist beim Sommerjazzkurs in der Akademie Remscheid. Dort probte im großen Saal Alex Schlippenbach ein Monk-Programm mit größerer Besetzung und Peter Kowald an der Tuba. Ich selbst stand auf der Empore direkt über ihm, und als ich den Sound und auch den warmen Mief erlebte, wollte ich auch Tuba lernen. Habe dann zu Hause mit einem geliehenen Instrument und einer Trompetenschule rumprobiert. Als ich dann 1977 an der Aachener Musikhochschule anfing klassischen Kontrabass zu studieren, konnte ich als freiwilliges Nebeninstrument auch Tuba lernen. Nach 2 Semestern machte ich die Aufnahmeprüfung für Tuba als 2. Hauptfach und nach einem  weiteren Jahr stellte ich den Bass in die Ecke. Alles, was ich an Improvisationsideen auf dem Bass hatte, ließ sich viel einfacher und direkter auf der Tuba umsetzten.

nrwjazz: Tubisten sind im Jazz nur noch selten zu finden. Wie erklärst du dir das?

Das "nur noch" stimmt ja nicht. Es gibt immer mehr gute Leute, die auf hohem Niveau improvisieren können. Die technischen Anforderungen in der Ausbildung sind wesentlich höher als noch vor 50 Jahren. Als wir 1980 das 'European Tuba-Quartet' gründeten, gab es in Deutschland im modernen Jazz außer mir praktisch niemanden. In den 60er Jahren gab es eine Art Tuba-Revolution in der Klassik. Es entstanden immer mehr Werke für Tuba und im Jazz machten Leute wie Howard Johnson oder Dave Bargeron mit virtuosen Solos aufmerksam.
Die Tuba hat ja mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass sie schwerfällig sei. Man kennt sie halt nur aus der Blasmusik oder dem (Amateur-)Dixielandjazz, aber nicht solistisch. Es ist halt wenig bekannt, dass die Tuba einen Tonumfang bis zu 5 Oktaven und eine unglaubliche Dynamik-Bandbreite hat.

nrwjazz: Was macht für dich - abgesehen von der Bauweise - den Unterschied zwischen Tuba und Sousaphon aus?

Es gibt bei beiden viele schlechte Instrumente, die einem das Spielen erschweren und nicht so toll klingen. Leider habe ich noch kein tolles Sousaphon gefunden, auf dem ich gut klar komme und das einigermaßen bequem ist. Es sieht halt viel gewaltiger aus, und der Sound ist direkter im Publikum.

nrwjazz: Welche weiteren Projekte planst du?

Aktuell ist mein Duo mit dem Gitarristen Joe Sachse, mit dem wir ein Jimi Hendrix-Programm spielen und natürlich das Trio Moschner-Sachse-Sommer mit Günter Baby Sommer. Zum Jahr der Tuba ist ein Wiedererwachen des EUROPEAN TUBA QUARTET für den Herbst geplant als 8-köpfiges Tuba-Ensemble aus D, CH, B, GB, Finnland und Schweden.

Vielen Dank für das interessante Interview!

Fotos:
oben: Pinguin Moschner, Jutta Keeß, Alexander Morsey

unten: EUROPEAN TUBA QUARTET 1982 in England mit Pinguin Moschner, Melvyn Poore, Larry Fishkind, Paul Rutherford; Pinguin Moschner

Bild für Beitrag: Tuba - Instrument des Jahres 2024 | Interview mit Pinguin Moschner
Bild für Beitrag: Tuba - Instrument des Jahres 2024 | Interview mit Pinguin Moschner
Bild für Beitrag: Tuba - Instrument des Jahres 2024 | Interview mit Pinguin Moschner
Bild für Beitrag: Tuba - Instrument des Jahres 2024 | Interview mit Pinguin Moschner
Suche