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Fado in der Essener Lichtburg

Interview mit Mariza

Essen, 10.04.2017
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese (Archiv)

Sie ist die berühmteste lebende Fado-Sängerin - und die weltweit bekannteste und erfolgreichste Künstlerin des portugiesischen Blues. Nach fünfjähriger Pause veröffentlichte Mariza im Oktober 2015 mit „Mundo“ ihr letztes, immer noch aktuelles Album. Am 17. April ist die weltberühmte Portugiesin live in der altehrwürdigen Essener Lichtburg zu erleben.

Frage: Warum singst du Fado?

Mariza: Weil ich schon mit fünf Jahren angefangen habe, ihn zu singen. Der Fado ist eine Lebensform. Das Wort Fado bedeutet doch Bestimmung und meine Bestimmung ist es eben, Fado zu singen.

Frage: Du bist in Mozambique geboren und in Lissabon aufgewachsen. Wenn du etwa in Porto deine Kindheit und Jugend verbracht hättest, würdest du dann auch Fado singen? Ist die Stadt, in der du aufgewachsen bist, also wichtig?

Mariza: Das Viertel, in dem ich aufwuchs, war wichtig. In bin in Mouraria aufgewachsen, einem typischen Viertel, in dem du dem Fado an jeder Ecke und auf jeder Straße begegnest. Man lebte und atmete dort den Fado ein. Und noch immer lebt und atmet man den Fado in diesem Viertel. Man konnte und kann dem Fado dort gar nicht entkommen.

Frage: Warum hast du eine so lange Pause gemacht?

Mariza: Ich bin Mutter geworden. Und da habe ich mich natürlich gefragt, ob es richtig sein kann, eine so kleine Person daheim zu lassen und alleine umherzureisen.

Frage: „Mundo“ ist die zweite Zusammenarbeit mit dem spanischen Starproduzenten Javier Limón, der eine sehr offene Sichtweise auf den Fado hat. Was schätzt du an ihm besonders?

Mariza: Zwischen uns ist einfach ein riesengroßes musikalisches Verständnis. Er kennt meine Stimme und weiß ganz genau, was ich mag.

Frage: Deine neue CD transportiert den Fado einmal mehr hinaus in die Welt. Du singst ein Stück auf Spanisch, ein anderes in kapverdischem Kreol. Und es ist auch die Nähe zur Popmusik zu spüren.

Mariza: Fado ist die erste Passion meines Lebens. Es ist die Musikrichtung, die mich als Mensch am besten ausdrückt. Meine Eltern hatten eine Kneipe und da habe ich früh Fado gehört und auch gesungen. Aber nur traditionellen Fado zu singen, was ich ja auch mache und mag, entspräche jedoch nicht ganz meiner Persönlichkeit und meinen anderen Vorlieben. „Mundo“ ist trotz der Vielseitigkeit für mich aber ein ganz intimes Album. Weil es das erste ist, für das Komponisten und Texter speziell Lieder für mich und meine Stimme geschrieben haben.

Frage: Und wie reagieren Kritiker auf deine Musik? Vor allem die Traditionalisten?

Mariza: Wenn es notwendig ist, traditionell zu singen, singe ich traditionell. Ich weiß perfekt, wie das geht. Denn ich gehe nach wie vor noch in die Fado-Tavernen, um dort zu singen. Aber ich mache auch meine eigene Musik, mit meiner eigenen Persönlichkeit. Ich habe da keine Probleme mit den sogenannten Puristen. Wäre der Tango wohl weltweit so populär geworden ohne einen Erneuerer wie Astor Piazzolla? Oder noch früher: ohne einen Carlos Gardel? Diese Leute haben doch viele erst neugierig gemacht auf die Geschichte des Tango.

Frage: Du hast deine erste Platte erst mit 26 Jahren aufgenommen, obwohl du schon viel länger singst. Wieso hat es so lange gedauert?

Mariza: Ich wollte nie Platten aufnehmen, das war nie mein Traum. Um es kurz zu sagen: Es ist dann einfach passiert, auf einem holländischen Label. Interessant ist, dass es damals in Portugal niemanden gab, der Geld hatte, um es für den Fado auszugeben. Nach sechs Monaten und viel Druck des holländischen Labels habe ich dann eingewilligt eine Platte zu machen. In Portugal haben alle Label mir gesagt, dass sich Fado nicht verkaufe, nicht lukrativ genug sei. Und dann habe ich von meiner ersten Platte 140.000 Stück nur in Portugal verkauft. Heute gibt es in Portugal nicht ein Label, das keinen Fadosänger unter Vertrag hat. Ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist. Ich auf jeden Fall finde diese Tatsache sehr gut, weil die Leute einfach gemerkt haben, dass der Fado wichtig ist, dass der Fado die Kultur eines Volkes repräsentiert. Er wird in portugiesischer Sprache gesungen und es werden die Texte von den wichtigsten portugiesischen Poeten gesungen. Es macht mich deshalb auch Stolz, um die Welt zu reisen, um die Kultur dieses Volkes zu repräsentieren.

Frage: Seit 2011 ist der Fado immaterielles Kulturerbe der UNESCO. Du warst, neben deinem berühmten Kollegen Carlos do Carmo, Botschafterin für die Bewerbung. Was hat sich seitdem in der Wahrnehmung geändert?

Mariza: Die Aufnahme bei der UNESCO war für uns ein großer Sieg. Seitdem wird dem Fado in Portugal viel mehr Respekt entgegengebracht. Die Leute haben verstanden, dass wir Portugiesen diese unsere Musik pflegen, studieren, liebkosen und konservieren müssen.

 

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