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'Heraus zum 1. Mai'

PADI Orchestra bei den Ruhrfestspielen

Recklinghausen, 08.05.2024
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert

Am 1.Mai beginnen in Recklinghausen die Ruhrfestspiele. Traditionell gehört die Gewerkschafts-Kundgebung mit anschließendem Familienfest dazu. Musik ist immer dabei. In diesem Jahr spielt nach den Reden der Gewerkschafter auf der großen DGB-Bühne das PADI Orchestra. Die Menschen genießen nach den langen kalten Tagen das schöne Sommerwetter, viele sitzen auf der grünen Wiese. Mehrere Zelte stehen in der Nähe der großen Bühne und wecken vielleicht Urlaubserinnerungen. Ideale Voraussetzungen für ein Konzert.

PADI Orchestra

Schon um 10 Uhr morgens musste die Band ihre Anlage aufbauen, erst um drei begann die DGB-Kundgebung und nun gegen 17 Uhr kann es endlich losgehen. ‚Logo Logo + Low Go’, eine Komposition von Uwe Kellerhoff, heißt das erste Stück. Zunächst spielen nur Drums und Percussion, das wird heute noch oft so sein. Kein Wunder, denn PADI bedeutet ‚ Percussion And Drums International‘. Später steigen nacheinander Steeldrum und Keyboard mit rhythmischen Melodien ein.
Das PADI Orchestra wurde 2018 vom Schlagzeuger, Perkussionisten und Komponisten Uwe Kellerhoff gegründet. Zunächst waren geflüchtete MusikerInnen aus neun verschiedenen Ländern dabei, dann kamen weitere einheimische dazu. Das bis zu 24 köpfige Ensemble spielte bei vielen regionalen Events, löste sich aber in der Corona-Zeit auf. Vor zwei Jahren wurde PADI neu gegründet und besteht nun aus sieben professionellen MusikerInnen aus drei Ländern unter der Leitung von Uwe Kellerhoff.
PADI ist ein Septett mit Uwe Kellerhoff (drums, perc.), Matthias Dymke (piano), Birgit Froese (surdos, timbales & perc.), Caetano Ruin (congas, key & perc), Martin Buschmann (steeldrum, sax), Clive Fenton (Sousaphon, Flügelhorn) und Milli Häuser (vocals). ‚Global Music‘ macht die Band mit Jazz im westafrikanischen, afrokubanischen, brasilianischen und karibischen Stil.

„We all have Roots“

Beim zweiten Song singt Milli Häuser:
„We all have roots deep inside - we can’t change it - we can only arrange it“
Mit diesem Reggae und mit diesem ‚Rhythmus, bei dem jeder mitmuss‘ elektrisiert die Band die Zuschauer. Drei exzellente Soli - Martin Buschmann auf dem Tenorsax, Clive Fenton auf dem Sousaphon, Matthias Dymke auf dem Piano - heizen die Stimmung an. Clive Fenton ist im hinteren dunklen Teil der Bühne nur schwer zu erkennen, doch sein melodiöses Spiel auf dem Sousaphon ist nicht zu überhören. Gut sieht Clive auch aus, im weißen Hemd mit dem goldfarbenen Sousaphon um den Hals.
‚Luca de la Mar‘ (s. Video) klingt cubanisch und das kommt beim Publikum gut an. Martin Buschmann s Steeldrum, die er perfekt beherrscht, ist hier wichtig. Recklinghausen ist plötzlich weit weg. Genau das richtige für das Publikum, das hier ganz anders ist als bei normalen Jazzkonzerten. Familien, junge Leute, viele, die man mit dieser Musik normalerweise nicht erreichen würde, hören heute zu. Und die Musik geht in die Glieder, das sieht man, viele bewegen sich dazu, auch im Sitzen, einige tanzen vor der Bühne.
Milli Häuser steht meist im Vordergrund, sie agiert, singt und tanzt und spricht das Publikum direkt an. Sie bewegt sich geschmeidig über die Bühne und kommuniziert über Körpersprache auch mit den anderen MusikerInnen. Uwe Kellerhoff ist hinten kaum zu erkennen, dabei hält er alle Fäden in der Hand. Bühnenbeleuchtung wäre da angesagt.


PADI Orchestra 2023 im Bahnhof Langendreer Bochum mit Alex Morsey am Sousaphon

Milli und Uwe haben fast alles selbst komponiert, mal jeder einzeln, mal im Duo. ‚A Flor e o Espinho‘ stammt allerdings von Nelson Cavaquinho. Caetano hat es eingebracht, Milli singt das brasilianische Stück auf Portugiesisch, Clive überrascht mit einem Flügelhorn-Solo. 15 Stücke sind in knapp zwei Stunden zu hören. Ein afrikanisch geprägtes vierteiliges Stück und eine Art Medley aus drei Stücken zeigen, wie vielfältig die Musik der Band angelegt ist. Mit ‚Dee Doo’ wird Birgit Froese gefeatured, sie ist zwar hinten in der Ecke kaum zu sehen, umso besser aber zu hören. Mit Uwe und Caetano legt sie ein reines Drum-Percussion-Stück hin, gekrönt von ihrem Solo auf dem großen Stand-Tom.
Besonders interessant ist die Kombination von Uwes ‚Rum Bar‘ und ‚Armando’s Rumba‘ von Chick Corea mit einer längeren Call-Response-Phase verschiedener Instrumente, abgeschlossen von einem fulminanten Drum-Solo von Uwe Kellerhoff. Mit der letzten Zugabe ‚Jamming‘ von Bob Marley endet dieses spannende Konzert im Reggae-Rhythmus.

PADI Orchestra – vielversprechendes Konzept

Das Konzept des neu gegründeten PADI Orchestra ist vielversprechend. Der rhythmische Schwerpunkt von Perkussion & Drums in Verbindung mit besonderen Melodieinstrumenten und vielen Soli schafft eine quicklebendige Atmosphäre, die sich leicht auf die Zuhörer überträgt. Weit weg von akademischem Kammer-Jazz ist diese Musik auch Tanzmusik und Tanzen gehörte früher ja beim Jazz dazu. Dieses Konzept ist sicher geeignet, um auch ‚Jazz-Fremde‘ anzusprechen, die beim Hören der Musik vielleicht gar nicht merken, dass es Jazz ist.
Zudem haben die Auftritte von PADI politische Bedeutung. ‚We all have Roots‘ hat Milli schon 2018 im großen Ensemble mit den Flüchtlingen gesungen. Da ist die Frage ‚Woher kommst du?‘ überflüssig, denn da wir alle ‚Roots‘ haben, ist es gar nicht so wichtig, woher man kommt.
Und das passt wiederum gut in die aktuelle politische Situation, nicht zuletzt auch zum 1. Mai 2024, bei dem die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi versprach, „alles in unserer Kraft Stehende tun, um die extrem Rechten zu stoppen und ihr spaltendes Treiben zurückzudrängen“. Sie will „im Bündnis mit Sozial- und Umweltorganisationen, mit Kultur- und Sportverbänden … mit Initiativen vor Ort Flagge zeigen – solange, bis die braunen Hetzer in ihre Schranken verwiesen sind.“
Genau darum gehts.

Weitere Konzerte:
- Fr. 06.09.2024 beim Bochumer Musiksommer
- Sa. 14.09. 2024 in der Schuhfabrik Ahlen
- im November und Dezember in Iserlohn, Dortmund und Hattingen, Daten s. homepage



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